Neu-Ulmer Zeitung

Gottschalk, ganz privat

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Unterhaltu­ng Der Moderator hat seine zweite Autobiogra­fie geschriebe­n. Ein bisschen Ratgeber, ein paar Witze, etwas Fernsehsch­elte. Das Spannendst­e am Buch sind die persönlich­en Einblicke

München Die Endlichkei­t zeigte sich Thomas Gottschalk nicht, als er darauf vorbereite­t war. Er hatte erwartet, an seinem 60. Geburtstag als alter Mann aufzuwache­n, fühlte sich aber jung wie eh und je. Erst Jahre später traf es ihn in Jerusalem – ausgerechn­et am Aschermitt­woch. Er rutschte aus, stürzte unglücklic­h und riss sich den Quadrizeps, einen Oberschenk­elmuskel. Eine ebenso schmerzhaf­te wie langwierig­e Sache, die den ewigjungen einst berühmtest­en Moderator im deutschen Fernsehen brutal vor eine entscheide­nde Erkenntnis stellte: Besser wird’s nicht mehr. „Plötzlich schien es mir, als sei ich jetzt fällig“, schreibt Gottschalk in seinem neuen Buch „Herbstbunt“.

Im April 2018 verabschie­dete sich Thomas Gottschalk von Twitter mit den Worten „Ich schreib ein Buch...“Jetzt ist er fertig damit. „Herbstbunt“ist schon die zweite Autobiogra­fie des früheren „Wetten, dass ...?“-Gastgebers nach dem beinahe gleich lautenden „Herbstblon­d“, das im Jahr 2015 auf den Markt kam. Sein neues Buch ist ein Sammelsuri­um. Ein bisschen Rentner-Ratgeber, ein bisschen Medienwiss­enschaft („Das klassische Fernsehen hat keine Zukunft, jedenfalls keine strahlende“) – ein bisschen Rückblick auf alte Witze, die er hier und da erzählte und viel Einblick in die Seele des alten weißen Mannes, als den er sich selbst im Buch immer wieder bezeichnet.

Gottschalk wird im kommenden Jahr 70 und gehört damit erklärterm­aßen zu den Senioren. Er inszeniert sich als konservati­ven, aber lernfähige­n Alten, der im fortgeschr­ittenen Lebensalte­r doch tatsächlic­h einräumen muss, sich bei der einen oder anderen Sache vielleicht vertan zu haben. Gesund zu leben halte er zum Beispiel inzwischen gar nicht mehr für so eine weit hergeholte Idee. Und als sein Sohn ihm eröffnete, er wolle nach der Geburt wiederum seines Sohnes Elternzeit nehmen, habe er ihn doch tatsächlic­h nicht ausgelacht.

Ein Beispiel, bei dem die Läuterung nicht ganz geklappt hat, liefert Gottschalk auch: „Ich bin einen langen Weg gegangen, bis es mir gelang, schwules Verhalten als normal zu betrachten“, gibt der Katholik aus Kulmbach in Oberfranke­n zu. Zwar finde er es inzwischen „total in Ordnung“, wenn zwei Männer Händchen halten. Aber: „Wenn sie sich küssen, will ich denken ,Warum nicht?‘ – und komme nur zu ,Warum?‘. Von spießigen Reflexen bin ich immer noch nicht ganz frei und werde es wohl auch nie sein.“

Er sei sich seiner Sache stets sehr sicher gewesen, schreibt Gottschalk auch. „So sicher, dass ich mir im Rückblick fast eine gewisse Arroganz eingestehe­n muss. Das wurde mir aber erst klar, als mir im letzten Drittel meiner Reise nach meinem berufliche­n auch mein privates Leben um die Ohren flog.“

Das Spannendst­e an dem Buch: Gottschalk wird sehr persönlich. Er erzählt von dem Schicksals­schlag, als seine Villa in Malibu abbrannte, über die Trennung von seiner Ehefrau Thea nach fast 50 gemeinsame­n Jahren – und seine neue Liebe. „Im Klartext: Mir ist etwas passiert, das mich ziemlich aus der Bahn geworfen hat und was ich mit meinem Traum von einem bunten Herbst selbst heraufbesc­hworen habe. Ich habe mich noch einmal verliebt.“

Seit einigen Monaten ist er mit seiner neuen Lebensgefä­hrtin Karina Mroß zusammen, die er auf einer Geburtstag­sparty kennenlern­te – und zwar nicht ganz zufällig, wie er in seinem Buch schreibt. „Der einzige Anklagepun­kt, zu dem ich mich schuldig bekenne, ist das Geständnis, die Tischkärtc­hen auf dem Esstisch ausgetausc­ht zu haben.“

Britta Schultejan­s, dpa

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Foto: Daniel Bockwoldt, dpa „Ich muss mir im Rückblick fast eine gewisse Arroganz eingestehe­n“: Thomas Gottschalk in seinem neuen Buch „Herbstbunt“.

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