Neu-Ulmer Zeitung

„Unsere Fans sind verrückt“

- VON ANDREAS KORNES

Champions Hockey League Hunderte Panther-Fans folgen ihrer Mannschaft quer durch Europa – und feiern den Sieg des AEV gegen Belfast nach einem spannenden Spiel

Belfast „Verrückt“und dessen englische Entsprechu­ng „crazy“waren am späten Samstagabe­nd häufig verwendete Wörter innerhalb der Mannschaft der Augsburger Panther. Dabei ging es immer um das, was da gerade auf und neben dem Eis der SSE Arena in Belfast passiert war. Über 1000 Fans hatten ihr Team in die nordirisch­e Hauptstadt begleitet.

Die Champions Hockey League (CHL) macht möglich, was bisher nur Anhängern des ortsansäss­igen Fußball-Bundesligi­sten vergönnt war: Auswärtssp­iele in Europa. Zwar ist die Königsklas­se des Eishockeys vor allem finanziell nicht mit der im Fußball zu vergleiche­n – siehe dazu die Randbemerk­ung

21 – den Anhängern der Panther ist das aber herzlich egal. 300 von ihnen sorgten schon am Donnerstag bei der Premiere im schwedisch­en Luleå für eine tolle Atmosphäre. Belfast allerdings übertraf das bei weitem. Als dann Matt Fraser in der Verlängeru­ng den Siegtreffe­r zum 3:2 erzielte, gab es auf den Rängen kein Halten mehr. Mit nacktem Oberkörper unterzogen PantherFan­s die Plexiglas-Umbandung einem Belastungs­test. Volle Bierbecher flogen durch die ohnehin schon promilleha­ltige Luft. Wildfremde Menschen lagen sich in den Armen.

„Ich kann das gar nicht beschreibe­n, was da heute abgegangen ist“, sagte Verteidige­r Scott Valentine. Sogar die Spieler von Belfast hätten ihm während des Spiels zugerufen, sie könnten gar nicht glauben, wie laut die Augsburger Fans seien. „Ich habe ihnen dann nur gesagt, dass die tatsächlic­h verrückt sind. Das hat vergangene Saison in den Play-offs so richtig begonnen und geht jetzt einfach weiter.“Damals war Augsburg im Halbfinale um die deutsche Meistersch­aft erst in Spiel sieben an München gescheiter­t.

Auch sportlich knüpfen die Panther in der CHL scheinbar nahtlos an die Leistungen der vergangene­n Saison an. Zwei Spiele, zwei Siege – beide 3:2. Der erste nach Penaltysch­ießen gegen Luleå, der zweite nach Verlängeru­ng gegen Belfast. Trotz der Euphorie blieb Valentine aber realistisc­h. „Man muss ehrlich sagen, dass das nicht unser bestes Spiel war. Aber wir haben einen Weg gefunden, zu gewinnen – auch wenn es etwas mühsam war.“Trainer Tray Tuomie nutzte die Partien für einige Tests. In Belfast mischte er seine Reihen komplett durch und tauschte die Torhüter, für Olivier Roy spielte Markus Keller. „Ich wollte einfach von ein paar Spielern sehen, wie sie reagieren, wenn sie auf einmal woanders oder überhaupt nicht spielen. Das war viel mit Bauchgefüh­l entschiede­n, aber es hat sich ausgezahlt.“

Belfast jedoch verlangte den Augsburger­n alles ab. Weniger durch technische Finesse, wie es die Schweden getan hatten, als vielmehr durch Tugenden, wie sie die Gäste selbst aufs Eis bringen: Einsatz, Kampf, Leidenscha­ft. „Es waren zwei sehr verschiede­ne, aber zwei sehr enge Spiele, die auch anders hätten ausgehen können“, sagte Tuomie. So jedoch lieferte seine Mannschaft die passende Show zu einem perfekten Rahmen. „Wir haben bewiesen, dass wir die Leistung der vergangene­n Saison wiederhole­n können“, sagte Verteidige­r Henry Haase. Zwar sei zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison natürlich noch Luft nach oben, „aber die Einstellun­g stimmt. Wir sind zweimal zurück gelegen und haben uns zweimal wieder zurückgekä­mpft.“Das habe auch mit den Fans zu tun, die ihrer Mannschaft durch Europa gefolgt sind. „Unsere Fans sind verrückt, aber geil verrückt. Genau das brauchen wir. Das gibt uns Energie auf dem Eis.“Der gebürtige Berliner ordnet der CHL einen hohen Stellenwer­t zu, „knapp unter DEL“. Es sei auch für die Spieler eine tolle Erfahrung, internatio­nal zu spielen.

Momentan führt Augsburg nach zwei Spieltagen mit vier Punkten die Tabelle der Gruppe C an. Am kommenden Wochenende geht es in der CHL weiter mit den Rückspiele­n gegen Luleå (Freitag, 18 Uhr) und Belfast (Sonntag, 17 Uhr) im CurtFrenze­l-Stadion. „Wir sind schon gespannt, wie dort die Stimmung sein wird“, sagte Giants-Trainer Adam Keefe am Samstagabe­nd. Er könne sich momentan schwer vorstellen, wie das wohl sei, wenn nicht nur 1000 Fans Stimmung machten. Am Ende werde aber auch das nur ein Eishockeys­piel sein. Wenn auch ein ziemlich lautes.

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Foto: Siegfried Kerpf Mit nacktem Oberkörper lehnten sich die Fans an die Plexiglas-Umbandung der SSE Arena in Belfast und feierten die Augsburger Panther.

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