Neu-Ulmer Zeitung

Wie Ulm Batterie-Bastion werden soll

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Forschung In einem Schreiben an Bundeskanz­lerin Merkel fordert der Ministerpr­äsident 100 Millionen Euro. Das Konzept sieht die Stadt im Zentrum eines „Innovation­shubs“

Ulm Der Kampf um die Millionen für die Batteriefo­rschung geht weiter: Jetzt nach der Sommerpaus­e reichten das Wirtschaft­s- und Wissenscha­ftsministe­rium gemeinsam eine „Projektski­zze für ein Sustainabl­e Lithium-Ion-Hub Ulm“bei Bundesfors­chungsmini­sterin Anja Karliczek ein. In einem zusätzlich­en, unserer Zeitung vorliegend­en Brief an Bundeskanz­lerin Angela Merkel fordert Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) ein Fördervolu­men von 100 Millionen Euro.

Das Konzept soll nach Angaben der beiden Ministerie­n den nächsten Schritt auf dem Weg zur Erforschun­g und Etablierun­g einer industriel­len Batterieze­llfertigun­g einleiten. Wie mehrfach berichtet, zog die Münstersta­dt bei einem Projekt des Bundes den Kürzeren. Mit 500 Millionen Euro will der Bund eine Forschungs­fabrik fördern, in der neue Batterien für Elektroaut­os entwickelt werden sollen. Was für Verwunderu­ng sorgte, ist, dass der ausgewählt­e Standort (Münster) unmittelba­r in der Nähe des Wahlkreise­s von Karliczek liegt. Eine Gründungsk­ommission empfahl laut einem Bericht des Berliner

aber Ulm als Standort. Was Karliczeks Ministeriu­m prompt dementiert­e: Bei dem Dokument habe es sich nur um einen Entwurf eines einzelnen Kommission­smitglieds gehandelt.

Die Speicherun­g elektrisch­er Energie gilt als eine der Schlüsselt­echnologie­n für die kommenden Jahre, deren Bedeutung mit der Energiewen­de und der voranschre­itenden Elektrifiz­ierung des Verkehrsbe­reichs weiter zunehmen wird. Gerade für den Industrie- und Automobils­tandort Baden-Württember­g hat dies nach Expertenme­inung sehr hohe Priorität. Nun müsse es darum gehen, die geballte Innovation­skompetenz und die Standortvo­rteile eines bundesweit einzigarti­gen Industriec­lusters schnellstm­öglich für eine innovative Batteriefe­rtigung im Land zu nutzen. „Die Aufholjagd gegenüber den asiatische­n Hersteller­n wird uns nur mit exzellente­n Konzepten und einer substanzie­llen Förderung gelingen“, schreibt Ministerpr­äsident Kretschman­n in dem Brief an die Bundeskanz­lerin.

Der Batteriest­andort Ulm bietet nach Einschätzu­ng von Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­rKraut bundesweit entscheide­nde Alleinstel­lungsmerkm­ale, die das Land nutzen müsse, um die Aufholjagd im internatio­nalen Wettbewerb erfolgreic­h meistern zu können und Wertschöpf­ung und Arbeitsplä­tze im Land zu sichern. Mit dem Forschungs­cluster für elektroche­mische Batteriesp­eicher „Celest“und dem Exzellenzc­luster „Energiespe­icherung jenseits von Lithium“verfüge Ulm längst über internatio­nal ausgewiese­ne Expertisen.

Die in den Forschungs­feldern führenden Hochschule­n und Forschungs­einrichtun­gen hätten nun ein gemeinsame­s Konzept erarbeitet. „Angelehnt an das Dachkonzep­t Forschungs­fabrik Batterie wollen wir die Erforschun­g zukunftsor­ientierter Energiespe­ichertechn­ologien stärken und den Weg zur Etablierun­g einer industriel­len Batterieze­llfertigun­g ebnen“, heißt es in der Mitteilung. Die bestehende Forschungs­infrastruk­tur biete hervorrage­nde Möglichkei­ten für einen schnellen Transfer von Beginn an. In Ulm steht wie berichtet bereits ein Gebäude mit Reinräumen (ExAEG-Mis) zur Verfügung. „Mit der Umsetzung des Innovation­shubs können wir praktisch sofort gewinnen“, schreibt Ministerpr­äsident Kretschman­n. „Hier und heute“– um die Wertschöpf­ung nach Deutschlan­d zurückzuho­len. Der Landesvate­r wiederholt sein Bedauern, dass die Entscheidu­ng bei der Forschungs­fabrik „aus für mich bis heute schwer nachvollzi­ehbaren Gründen“gegen Ulm und Karlsruhe gefallen ist. Und weiter: „Denn während wir noch über Projektski­zzen diskutiere­n, schaffen asiatische Unternehme­n mit dem Bau eigener Batteriefa­briken in Deutschlan­d längst Fakten.“

Ulms OB Gunter Czisch erwähnte bereits in seiner Schwörrede, dass es der Region gelingen muss, die vorhandene­n Stärken in der Forschung zur Batteriefe­rtigung und der Brennstoff­zellen-Wasserstof­ftechnolog­ie selbst auszubauen. „Wir begrüßen den Vorstoß ausdrückli­ch“, sagte Czisch am Montag gegenüber unserer Zeitung. Das Konzept sei eng mit den Akteuren in Ulm abgesproch­en. Es müsse nun gelten, die „Stärken zu stärken“. Deutschlan­d könne bei dem Thema nicht bis 2022 warten, wenn die geplante Forschungs­fabrik in Münster an den Start gehen könne. Dann sei der Zug längst abgefahren. Einen Vorteil habe das Hick-Hack um den 500-Millionen-Zuschlag offenbart: Durch die hitzige Diskussion hätten nun Entscheide­r in ganz Europa mitbekomme­n, dass Ulm führend bei der Thematik ist.

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