Was Erwin Teufel von seinem grünen Nachfolger hält
Porträt Baden-Württembergs Ex-Ministerpräsident schwieg lange zur aktuellen Politik. Jetzt macht er eine Ausnahme
Stuttgart Auf dem schattigen Freisitz der Teufels kann man es an diesem Sommernachmittag aushalten. Der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg trägt ein hellblaues Langarmhemd – immer korrekt – und eine helle Anzughose. Er blickt auf sauber geschnittene Buchsbäumchen, Terrakottakübel mit Blumen und ordentlich gestutzten Rasen hinter dem Haus am Fuße des Dreifaltigkeitsbergs in Spaichingen, das seit vier Jahrzehnten das Zuhause von Erwin und Edeltraud Teufel ist. „Es hat sich gelohnt, dass wir hiergeblieben sind“, sagt er.
Genau 34 Landtagsjahre lang ist er mit dem Zug nach Stuttgart gependelt – allmorgendlich um 6.30 Uhr, und in den Jahren als Ministerpräsident ist er spät in der Nacht, nach den Abendterminen, mit einem Fahrer wieder zurückgekehrt in das Städtchen, in dem er selbst bis 1972 Bürgermeister war. Die örtliche Berufsschule trägt seinen Namen. Doch seinen achtzigsten Geburtstag wird der Christdemokrat am heutigen Mittwoch in Stuttgart feiern. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat zur Feier geladen – eine Einladung, der Teufel gerne Folge leistet.
Denn der grüne Nach-Nachfolger ist ihm sehr sympathisch: „Man hat unheimlich viel gemeinsam“, sagt Teufel über Kretschmann. Der jetzige Ministerpräsident arbeite unideologisch, sachorientiert, „redet nicht daher“– kurzum, so wie sich Teufel gute Regierungsarbeit vorstellt. Größeres Lob für einen Grünen ist aus dem Mund eines Schwarzen wohl kaum denkbar.
Weniger auskunftsfreudig ist der Christdemokrat, wenn man ihn auf seine eigene Partei anspricht. Über die Fehler seiner CDU, die zum Machtverlust im Land geführt haben, die Verluste im Bund bekommt man von ihm wenig zu hören. „Diese Phase meines Lebens ist vorbei“, sagt Teufel. Er selbst hätte sich auch keine Ratschläge von Politikern im Ruhestand gewünscht, zu seiner aktiven Zeit. Also schweigt er lieber. „Ich würde mich zu Wort melden, wenn ich denken würde, unsere Demokratie ist in Gefahr – aber nicht in Fragen des Alltags.“Teufel ist eben einer, dem es ernst ist mit den christlichen Werten – immer noch. Ein bisschen was lässt er sich dann doch entlocken beim Gespräch auf der schattigen Terrasse.
Ob er auch der Ansicht sei wie mancher in der CDU, dass das konservative Element zu kurz komme? Als konservativ habe er sich nie bezeichnet. Auch wenn er in vielen Einzelfragen mit den Konservativen übereinstimme, sei er wegen des christlich-sozialen Gedankenguts in die CDU eingetreten. Ob Angela Merkel die CDU „sozialdemokratisiert“habe? Der Behauptung kann Teufel folglich auch nicht zustimmen. „Awa, koi Spur“, kommentiert der Schwabe. Auch links der Mitte Stimmen zu gewinnen sei noch immer wichtig für „uns“.
Der grünen Idylle in seinem Garten zum Trotz: Zum Gartenschaffer ist Teufel im Ruhestand nicht geworden. Er blättert lieber durch Zeitschriften und Bücher, als Blätter zu schneiden. Lesen ist sein großes Hobby, schon immer gewesen. Und heute hat er endlich Zeit dafür. Bereits sein erstes Gehalt von 110 D-Mark investierte er in das Abonnement von fünf philosophischtheologischen Monatszeitschriften. Seither hat der gelernte DiplomVerwaltungswirt keine Ausgabe dieser Zeitschriften verpasst.
Gesundheitlich gehe es ihm gut: „Ich klage nicht“, sagt er. Nur mit dem Hören tut er sich schwer, trägt ein Hörgerät. Mit dem Alter hat das allerdings nichts zu tun. Eher mit der Bürde des Amtes: Als seine Frau als Tunnelpatin gebraucht wurde, hat man auch ihn gebeten, Salutschüsse abzugeben – ohne Ohrenschutz. „Danach habe ich drei Tage lang nichts mehr gehört.“Als er schließlich zum Arzt ging, war nicht mehr viel zu machen.