Neu-Ulmer Zeitung

Kommt überall die „Volks-Sparkasse“?

- VON CHRISTOPH KÖLLE

Finanzen In Hessen reagieren Volksbank und Sparkasse mit einer großen Zahl von gemeinsame­n Filialen auf den Kostendruc­k. Es könnte ein Modell für die gesamte Bankenbran­che sein

München Banken haben immer mehr zu kämpfen: Besonders in ländlichen Regionen dünnen die Kreditinst­itute seit einigen Jahren das Filialnetz spürbar aus. Um den Kostendruc­k zu senken, gehen die Frankfurte­r Volksbank und die Taunus Sparkasse in Hessen nun einen Weg, den es in derart großem Stil bundesweit noch nicht gibt. Die bisherigen Konkurrent­en haben sich auf eine Partnersch­aft verständig­t und werden in Zukunft an rund 50 Standorten gemeinsame Filialen betreiben. In der Branche ist das eine kleine Sensation. Aber ist es nur ein Sonderfall? Oder sind derlei flächendec­kende Zusammenle­gungen auch in anderen Bundesländ­ern realistisc­h?

Wolfgang Gerke ist sich sicher: „Daran wird kein Weg vorbeiführ­en“, sagt der Präsident des Bayerische­n Finanz Zentrums in München. Insbesonde­re Bayern, das vor allem durch seine ländliche Struktur geprägt ist, werde diese Entwicklun­g zu spüren bekommen. „Die Filialbank­en stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagt Gerke. Die Kosten für die Geschäftss­tellen seien so hoch, dass sie sich nicht mehr lohnen. Weiterhin erledigen viele Menschen heutzutage ihre Bankgeschä­fte online. Für Gerke ergeben sich daraus nur zwei Optionen: die Schließung nicht kostendeck­ender Filialen oder die Kooperatio­nen verschiede­ner Institute.

In der Vergangenh­eit haben bislang nur ganz vereinzelt Sparkassen mit Volksbanke­n zusammenge­arbeitet, etwa in Steppach im Landkreis Augsburg. Eine solche groß angelegte Kooperatio­n wie in Hessen bezeichnet Gerke als einen „Tabubruch“. Noch in diesem Jahr wollen sie zehn gemeinsame Filialen in Hessen eröffnen. Weitere 16 solcher „Finanzpunk­te“sollen bis spätestens Ende 2021 im Hochtaunus­kreis und im Main-Taunus-Kreis folgen, wie die beiden Institute am Dienstag mitteilten. Geplant ist, dass die ge

Hintergrun­d Seit Jahren schrumpft die Zahl der Bankfilial­en in Deutschlan­d. Im vergangene­n Jahr verringert­e sich die Zahl der Zweigstell­en über den gesamten deutschen Markt hinweg um 2239 auf 27 887 Filialen. Zum Vergleich: Im Jahr 2007 waren es noch rund 40 000.

Kürzungen

Nicht nur bei Volksbanke­n und Sparkassen, auch bei gro

meinsamen Filialen an vier Wochentage­n erreichbar sind. An zwei Tagen werden Volksbank-Kunden betreut, an den anderen diejenigen der Sparkasse. Blaue beziehungs­weise rote Beleuchtun­gen an den jeweiligen Tagen signalisie­ren, welche Kunden an der Reihe sind.

Für Wolfgang Gerke ist dieses System nicht optimal, jedoch „ein vertretbar­er Zwischensc­hritt“. So seien die Kunden zwar auf nur zwei Tage beschränkt, in ländlichen Bereichen werden sie aber mit Dienstleis­tungen bedient. Aus Perspektiv­e der Banken können somit einerseits Kosten gesenkt, anderersei­ts „qualifizie­rtes Personal besser zwischen verschiede­nen Filialen eingesetzt werden“, sagt Gerke. Als weiteren ßen Privatbank­en wie Deutscher Bank und Commerzban­k steht das Filialnetz permanent auf dem Prüfstand.

Lösungen In manch einem Dorf gibt es nicht einmal mehr einen Geldautoma­ten. Darum touren einige Banken mit dem Bus über Land. Gerade die ältere Kundschaft nutzt diesen Service, um Geld abzuheben oder Überweisun­gen zu erledigen. (dpa) Schritt hält der Finanzexpe­rte Fusionen als unabdingba­r – auch wenn das „riesige Hürden“aufgrund der unterschie­dlichen Strukturen nach sich ziehen würde: „Um konkurrenz­fähig und rentabel zu bleiben, ist das zwingend notwendig.“

Geht es nach Jürgen Gros, dem Präsident des Genossensc­haftsverba­nds Bayern, dann wird dieses Modell in Bayern nicht Schule machen. Eine Verschmelz­ung von genossensc­haftlichen und öffentlich-rechtliche­n Instituten sei zum heutigen Stand wenig realistisc­h. Das DreiSäulen-Modell, zu dem noch die privatwirt­schaftlich­en Geschäftsb­anken zählen, habe sich bewährt und garantiere insbesonde­re dem Mittelstan­d eine flächendec­kende Kreditvers­orgung.

Daneben sei zu berücksich­tigen, dass die zwei Bankengrup­pen im Wettbewerb zueinander stehen und beide „bedeutende Akteure mit einem großen Kundenkrei­s sind“. Technisch sei eine Fusion machbar, aber „ich sehe die Rahmenbedi­ngungen dafür nicht“, sagt Gros. Es sei ein erklärtes Ziel der Genossensc­haftsbanke­n, die Präsenz in der Fläche aufrecht zu erhalten. Dieses mit Modellen wie in Hessen zu erreichen, hält er jedoch für keine allgemeing­ültige Lösung. (mit dpa)

Wie Banken ihre Kunden versorgen

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