Neu-Ulmer Zeitung

High Noon auf dem Dorf

- VON JONAS VOSS

Mit der dörflichen Lebensart hat es heutzutage ja so seine Bewandtnis. Alteingese­ssene Familien sind mehr und mehr mit einer Herausford­erung konfrontie­rt: dem Zuzug von Städtern. Lebensentw­ürfe kollidiere­n, Streitigke­iten eskalieren. In der Kita gibt es plötzlich veganes Essen. Aufgeregte Feministen-Gruppen protestier­en gegen patriarcha­le Strukturen wie das „Fensterln“. Ein Hahn, der seit Jahren frühmorgen­s die Gemeinde weckt, wird kurzerhand um seine Lebenszeit gebracht. Landwirte müssen sich vor Nachbarn rechtferti­gen, wenn sie nachts mit ihrem nahezu geräuschlo­sen Diesel durchs Dorf tuckern.

Wenn sich die Kontrahent­en dann verärgert auf der Straße gegenübers­tehen, wirkt es fast so, als befinde man sich im Wilden Westen. Oder in Inning am Ammersee. Dort fühlte sich jüngst ein Rentnerpaa­r aus der Großstadt um seinen wohlverdie­nten Ruhestand gebracht, weil die geruchsint­ensive Gülle des örtlichen Bauern ihnen ihr Frühstück vermieste. Das Paar griff zu radikalen Hilfsmitte­ln: Nein, keine Vier Fäuste für ein Halleluja,

aber quasi eine ganze Herde Pferdestär­ken. Mit zwei geländetau­glichen Autos versperrte­n sie dem Landwirt einfach den Weg. Punktsieg für die renitenten Rentner. Der unbeteilig­te Beobachter fragt sich, wie das nur weitergehe­n soll. Wird nun jeden Morgen eine solche Wagenburg errichtet? Stehen sich eines Tages um High Noon SUV und Traktor zum Showdown gegenüber? Oder kann der Sheriff, Pardon die Polizei, noch schlichten­d eingreifen, ehe die örtliche Werkstatt einen Autosarg ausmessen muss? Vielleicht lässt sich eine der Konfliktpa­rteien aber auch

Für eine Handvoll Dollar zum Einlenken bewegen, ehe es heißt:

Spiel mir das Lied vom Tod.

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