Supersüß, superreif, superbayerisch
Obst Immer mehr Bauern wagen sich an den Anbau von Melonen. Warum das aber gar nicht so einfach ist und welche anderen Exoten im Freistaat noch gedeihen
Fürstenfeldbruck/Bamberg Einige Kilo schwer und süß duftend sind die Früchte, die Johannes Dittert in seine Schubkarre hebt: original oberbayerische Wassermelonen, aber auch Netz- und Honigmelonen. Wie der 29-jährige Nebenerwerbslandwirt aus Luttenwang im Landkreis Fürstenfeldbruck wagen bereits einige Anbauer in Bayern den Versuch und bauen die subtropische Frucht an.
Die gestiegenen Temperaturen erleichtern den Anbau von Pflanzen aus wärmeren Gefilden. Teils helfen Folientunnel, dass die Melonen genug Wärme haben. Zudem fragen die Käufer immer mehr nach regionalen Produkten. „Melonen gehören zu den Kürbisgewächsen und können generell in unserem Klima angebaut werden“, sagt der stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Udo Hemmerling. „Besser gedeihen sie aber bei uns im Gewächshaus.“Spanien oder Italien hätten es da klimatisch leichter. „Deshalb ist aus wirtschaftlichen Gründen der Melonenanbau bei uns nicht verbreitet.“
Landwirt Dittert setzte im ersten Jahr die Pflanzen zu spät aus, „weil wir Angst vor dem Frost hatten“, sagt er. „Dann sind sie zu spät reif geworden.“Nämlich im Herbst – wenn anderswo schon die Kürbisse liegen. „Dann will jeder Kürbissuppe essen – und niemand mag mehr Melone.“Im vergangenen Jahr setzte er die Pflanzen früher aus – dafür erwischte sie der Frost. Dieses Jahr lief es gut: Rund 3000 bis 4000 Melonen konnte Dittert ernten – und bekam für sie viel Lob. „Sie waren supersüß, sie waren superreif – so wie man es sich im Supermarkt wünscht und wie man es aus dem Urlaub kennt“, sagt Markus Drexler vom Bayerischen Bauernverband, der Ditterts Melonen kürzlich selbst begutachtete. „Ich glaube, dass der kurze Weg und die Ernte zum richtigen Zeitpunkt eine Rolle spielen.“Ditterts Melonen müssen nicht auf einem langen Transportweg nachreifen – er erntet sie, wenn sie reif sind. Kurze Wege sind nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern sorgen laut Experten auch für besseren Geschmack.
Im Freiland und ohne Folientunnel experimentierte bereits im zweiten Jahr die Bayerische Landesanstalt für Gartenbau in Bamberg. „Der Anbau wäre für sehr viel mehr Landwirte und Gärtner möglich, wenn es im Freiland ginge und man keinen Tunnel bauen müsste“, sagt Gartenbauingenieurin Birgit Rascher, die in Bamberg für den Versuch zuständig ist. Im ersten Jahr probierten sie und ihre Kollegen es mit Strohmulch rund um die Pflanzen. Aber: „Das hat uns den Boden zu kalt gemacht.“Dieses Jahr ließen sie den Mulch weg – damit war der Boden wärmer. Doch im Zusammenspiel mit der Bewässerung breitete sich ein Pilz in den Wurzeln aus.
Anbauversuche laufen auch mit anderen Pflanzen, etwa mit Süßkartoffeln und Ingwer. „Die Süßkartoffel wird bei uns sehr viel verzehrt – und geht auch vom Anbau her sehr gut“, sagt Rascher. Es gebe eine Reihe von Betrieben, die erfolgreich die bisher vor allem in Indien, Asien, Afrika und den amerikanischen Südstaaten übliche Knolle anbauen. Ein Versuch mit Kurkuma führte indes nicht weiter, weil die Wurzel ein ganzes Jahr zum Wachsen braucht. Mit Ingwer, der nach acht Monaten geerntet werden kann, ist die Landesanstalt hingegen bereits im zweiten Versuchsjahr. Das bisherige Ergebnis sieht so aus: In geheizten Gewächshäusern funktioniere es gut. Nur: „Wir können ihn nicht zu dem Preis produzieren, zu dem er importiert wird“, sagt Rascher.
Das bleibt die Schwierigkeit auch bei der Melone. „Wegen der relativ hohen Arbeitskosten in Deutschland – Stichwort Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte – erscheint ein heimischer Melonenanbau nur begrenzt wettbewerbsfähig“, sagt Hemmerling vom Bauernverband. Somit wird wohl die Bereitschaft der Verbraucher, für Regionalität tiefer in die Tasche zu greifen, darüber entscheiden, ob Exoten aus heimischem Anbau künftig in den Läden zu finden sind. Sabine Dobel, dpa