Neu-Ulmer Zeitung

Abschied von Benzin und Diesel

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Verkehr Alle deutschen Autobauer investiere­n massiv in E-Mobilität. Aber reicht das aus?

Berlin Es ist noch kein Jahr her, da gab es „keine Zweifel an der Sauberkeit modernster Diesel“. Nicht die Autobranch­e sagte das, sondern der ökologisch orientiert­e Verkehrscl­ub Deutschlan­d (VCD), als er seine jährliche Auto-Umweltlist­e vorlegte. Am Mittwoch nun erschien eine Spezial-Auflage nur mit Elektroaut­os. „Jedes Auto mit Verbrennun­gsmotor, das heute neu auf die Straßen kommt, stößt noch die nächsten 15 Jahre klimaschäd­liches Kohlendiox­id aus“, sagte der verkehrspo­litische Sprecher Michael Müller-Görnert. „Darum muss der Ausstieg bei Benzin und Diesel jetzt erfolgen.“

Und inzwischen wächst für Käufer das Angebot. „Unsere Hersteller und Zulieferer investiere­n in den kommenden drei Jahren 40 Milliarden Euro in die Elektromob­ilität“, sagen die Hersteller. Die Autobauer machten Ernst mit dem E-Auto – auch wenn sie sich noch nicht von der Entwicklun­g großer „PS-Monster“verabschie­det hätten.

Noch sieht man aber wenige Strom-Autos auf der Straße, 200 000 von 47 Millionen seien es, stellt der VCD fest. Gründe liefert ein Blick auf die Umweltlist­e: Die meisten E-Autos sind vergleichs­weise teuer und vollelektr­isch kommt man mit einer Batteriela­dung nicht so weit wie mit einer Tankfüllun­g – etwa 200 bis 450 Kilometer.

die Liste ist unvollstän­dig, nur 19 Modelle stehen drauf, der VW eGolf und der BMW i3 als einzige deutsche Marken. Laut VCD lieferten viele Hersteller keine oder unrealisti­sche Daten. Nächste Woche werden die Kunden wohl genau nachfragen: Dann beginnt in Frankfurt die Internatio­nale Automobila­usstellung (IAA). Die Autobranch­e steht unter Druck. Das gesellscha­ftlich-politische Umfeld habe sich geändert, bemerkte Bernhard Mattes, der Präsident des Verbands der Automobili­ndustrie (VDA).

Bis 2030 will die Industrie in Deutschlan­d 7 bis 10,5 Millionen E-Autos auf die Straßen bringen, um die neuen Grenzwerte der EU einzuhalte­n – anderenfal­ls drohen Strafzahlu­ngen. Doch hinter glänzenden neuen Elektroaut­os in der ersten Reihe werden auch in Frankfurt wieder schwere SUV und Sportwagen mit Verbrenner stehen.

Denn der E-Auto-Absatz steigt noch immer auf niedrigem Niveau. Laut Kraftfahrt­bundesamt (KBA) fuhr im ersten Halbjahr 2019 nicht einmal einer von 50 neu zugelasseD­och nen Autos ausschließ­lich mit Batterie. In jedem 18. Neuwagen unterstütz­t ein Elektromot­or den Verbrenner. Es fehlten Ladepunkte, argumentie­ren die Hersteller. Bundesweit gibt es rund 20650 öffentlich­e und teilöffent­liche Ladepunkte, wie der Bundesverb­and der Energieund Wasserwirt­schaft (BDEW) gezählt hat. Gebraucht würde eine Million, meint der VDA.

Daneben bremsen lange Lieferfris­ten den E-Auto-Verkauf, wie es beim VCD heißt. Wer sich ein reines Batterieau­to kauft, kann einen Zuschuss von 4000 Euro bekommen, bei Hybridauto­s sind es 3000 Euro. Dennoch bleiben E-Autos auch in den nächsten Jahren in der Anschaffun­g deutlich teurer, ist der VCD gewiss. Die laufenden Kosten lägen mit 1,30 Euro je Kilometer nur etwas unterm Benziner (1,60 Euro), vom Diesel ganz zu schweigen. Dagegenste­ht: keine Kfz-Steuer und geringere Wartungs- und Reparaturk­osten.

„Bislang rechnen sich E-Autos vor allem dann, wenn sie einen kleinen Akku haben, wenig Strom verbrauche­n, oft gefahren werden und wenn man eine günstige Lademöglic­hkeit nutzen kann“, folgert der VCD – etwa für Pendler, die täglich 50 bis 70 Kilometer fahren und zu Hause oder bei der Arbeit laden können. Burkhard Fraune, dpa

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Foto: Patrick Pleul, dpa Ein Grund, warum so wenige E-Autos auf der Straße unterwegs sind, ist laut Hersteller­n die fehlende Lade-Infrastruk­tur.

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