Im inneren Gefängnis der Frau
Roxy Die Performance „In the Cube“vereint im Studio Gesang und Tanz – und soll der Auftakt einer Trilogie werden
Ulm Die Stimme ist ein Ausdrucksmittel für Emotionen, die stumme tänzerische Bewegung ein anderes. Die neueste Performance im RoxyLabor fügt am Wochenende beide Formen des Ausdrucks zusammen – und sie bringt fürs Publikum ein Wiedersehen mit der Sopranistin Oxana Arkaeva. Diese war jahrelang ein beliebtes festes Mitglied im Opernensemble des Theaters Ulm und arbeitet heute als Kulturreferentin der Stadt Blaustein. Um Frauen geht es in „In the Cube“– letztlich um nicht mehr ganz junge Frauen und darum, wie diese in der Mitte des Lebens ticken: Es gibt ein inneres Gefängnis, das man sich selbst bereitet, und es gibt die äußere, sichtbare Seite des Seins – doch frei ist auch sie nicht.
„Meine Erkenntnis aus dieser Arbeit ist: Wir hören nicht auf unser Inneres, sondern wir hören auf unser inneres Ohr“, sagt Arkaeva, in deren Händen die Produktionsleitung von „In the Cube“liegt. „Das eigentliche Innere wertet nämlich nicht.“Den „Kern des Menschen“nennt die aus Hannover stammende Dramaturgin Birgit Kronshagen, die „In the Cube“szenisch einrichtet, das Bauchgefühl. „Es gibt zwei unterschiedliche Stimmen. Das Bauchgefühl bewertet Situationen, aber nie Menschen“, erklärt auch sie. „Die Stimme, die uns selbst und andere bewertet, die sitzt im Kopf.“
In den 15 Szenen von „In the Cube – das Leben im Lichtkubus“verleiht Arkaeva der äußeren Seite einer Frau in der Lebensmitte ihre Stimme, dramatisch, teils in russischer und teils in englischer und deutscher Sprache. Erzählen die Texte anfangs von Zärtlichkeit und erotischer Liebe, gehen sie über in Ratlosigkeit und Zusammenbruch. Aus Schmerz und Erstarrung aber entstehen im Stück neue Wege eines spirituellen Lebens.
Die Musik der Szenen, gespielt von der Cellistin Mariana Vodita, könnte im Hin und Her der Gefühle unterschiedlicher kaum sein und reicht von Sergej Prokofjews Vertonung von Gedichten der in der Ukraine geborenen russischen Poetin Anna Achmatowa bis hin zu Beschäftigung des 2014 verstorbenen britischen Komponisten John Taverner mit den Gedichten der selben Lyrikerin, die er aber auf ganz andere, zeitgenössische Weise vertonte. Musik von Dimitri Schostakowitsch erklingt und – in deutscher Erstaufführung – das 2015 im italienischen Asiago uraufgeführte „Here is the Wind“der russischen Komponistin Elena Firsowa, die sich in freierer Art auf die Zwölftonmusik einlässt.
Das innere Empfinden der Frau – das Eingesperrtsein in einen Kubus aus Licht, aus dem Frau sich befreien kann, um doch freiwillig wieder in dieses Gefängnis zurückzukehren – stellt die Grande Dame der freien Tanzszene in Ulm, die 1954 geborene Schweizerin Katharina Krummenacher, inspiriert von den Ausdrucksformen des japanischen Butoh-Tanztheaters dar. Hier geht es um Bewunderung und Hass des sich in einem inneren Gefängnis eingeschlossen fühlenden Ich für das äußere Ich, um die immer wieder geschehenden Versuche, Innen und Außen in Einklang zu bringen, und doch nie wirklich eine Einheit zu schaffen.
„In the Cube“soll Auftakt einer Trilogie sein, sagt Produktionsleiterin Arkaeva. Geht es in diesem ersten Teil um das Leben eingesperrt in einem Gefängnis aus Licht, soll im zweiten Teil der Ausbruch aus diesem Gefängnis im Fokus stehen; für einen dritten Teil plant sie das Thema des Lebens „außerhalb“, nach dem Ausbruch.
Termine „In the Cube“wird am Freitag, 6. September, und am Samstag, 7. September im Roxy aufgeführt. Beginn ist jeweils um 20 Uhr. Karten gibt es unter anderem online auf roxy.ulm.de oder bei Blende 22 in Neu-Ulm.