Stirbt Günzburgs Altstadt in Schönheit?
Stadtentwicklung Die Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung macht sich Sorgen um die Zukunft des Handels und des Gewerbes und schreibt einen offenen Brief an Oberbürgermeister Gerhard Jauernig
bliebe alles letztlich Stückwerk. Flemisch vermisst eine gemeinsame Strategie. Die fordert sie in einem offenen Brief an Günzburgs Oberbürgermeister Gerhard Jauernig (SPD) und die Fraktionsvorsitzenden des Stadtrates.
Auf der Suche nach dem nächsten Schnäppchen rund um die Uhr würden die Menschen ohnehin bequemer. Shopping im Wohnzimmer auf dem Tablet oder Handy, während der Fernseher nebenher läuft, ist das Ergebnis. „Alles, was einem beliebt, kann ins Haus oder an die 24 Stunden erreichbare Packstation geliefert werden. Und wenn es nicht gefällt oder passt, ab ins Päckchen und zurück an den Verkäufer.“
In einem realen Laden erwartet der Kunde Flemisch zufolge „das perfekte Einkaufserlebnis“. Dazu gehörten „super Beratung, günstige Preise, große Marken, modernste Läden und natürlich kurze Wege sowie eine attraktive Innenstadt“. Für einen großen Bummel geht es nach Ulm, Augsburg oder München, „wo richtig was geboten wird. Da kann Günzburg mit seinem Einzelhandel nicht mithalten.“
Zum Arzt, Physiotherapeuten oder zur Apotheke müsse man meist, wenn es einem nicht so gut gehe. „Selbst 100 Meter zu Fuß können hier schon zum Problem werden. Ganz zu schweigen davon, wenn man gar nicht selbst betroffen ist, sondern das fiebrige Kind mit im Auto sitzt“, so die Vorsitzende. Auch wer eine körperliche Einschränkung habe oder wegen des Alters Probleme mit dem Laufen, suche sich einen Parkplatz vor der Ladentür.
Und was bietet Günzburg? Flemisch erkennt weiter werdende Wege, immer weniger Kurzzeitparkplätze (als Beispiele nennt sie die Umgestaltung des Bürgermeister-Landmann-Platzes und des Schlosshofes), Auflagen zum Schutz des Altstadtensembles (Beispiel Werbeanlagensatzung) und einen eingeschränkten Zugang für Patienten und Lieferanten (Poller). Das alles seien Maßnahmen,
„die unsere Altstadt schön und liebenswert machen, aber objektiv gesehen dem Handel, den Gewerbetreibenden und den Anliegern das Leben erschweren“. Handel und Gewerbe benötigten in der heutigen Zeit von Internet und Digitalisierung keine Innenstadt mehr. „Und unter Berücksichtigung dieser Faktoren wird sich jeder rein wirtschaftlich denkende Mensch einen anderen Standort suchen – von Dienstleistern und Ärzten ganz zu schweigen.“Flemisch stellt sich die Frage, ob das gewollt ist, ob eine Innenstadt ohne Schaufensterbummel attraktiv ist. Noch gebe es in Günzburg eine funktionierende Innenstadt und Akteur. „Um dies zu erhalten, brauchen wir aber gemeinsame Lösungen und Kompromisse.“Dazu gehöre nicht nur ein schickes Stadtbild. Gerade auch die Bewohner und Anlieger seien ein wichtiger Bestandteil. „Wenn Maßnahmen wie Poller und Parkplatzreduktion die Situation verschärfen, sollte im gleichen Zuge über Ausgleichsmaßnahmen und Förderungen nachgedacht werden.“Flemisch fordert eine Aktion aller Beteiligten. „Sonst besteht die Gefahr, dass unsere Altstadt in Schönheit stirbt.“