Neu-Ulmer Zeitung

Flieger verspätet? So kommen Sie an Ihr Geld

- VON HANS-WERNER RODRIAN

Das ist wirklich ärgerlich: Der Flug kommt viel zu spät am Ziel an oder wird komplett gestrichen. So geht es Jahr für Jahr mehr als etwa 15 Millionen Flugpassag­ieren in Europa. Nach drei Stunden Warterei müsste die Airline eine Entschädig­ung bezahlen (EuGH C 402/07). Doch dagegen wehren sich die Fluggesell­schaften; ohne Anwalt hat man kaum eine Chance.

Trotzdem kann man relativ einfach zu seinem Geld kommen: Die Bundesregi­erung hat eine Schlichtun­gsstelle eingericht­et. Und spezialisi­erte Fluggastpo­rtale reißen sich geradezu um solche Fälle. Die Bekanntest­en heißen Fairplane, EUclaim und Flightrigh­t. Diese Anbieter betreiben „Entschädig­ungsrechne­r“im Netz, auf denen der Passagier nur Flugnummer und Datum eingeben muss. Besteht ein Anspruch, kann er sofort das Portal mit dem Inkasso beauftrage­n.

Im Gegensatz zur SöP, der Schlichtun­gsstelle für den öffentlich­en Personenve­rkehr, die für den Verbrauche­r kostenfrei arbeitet, ziehen die Fluggastpo­rtale von der erlösten Summe etwa 30 Prozent Provision für sich ab. Dafür übernehmen sie aber auch das Risiko: Geht der Fall vor Gericht verloren, muss der Passagier keinen Cent bezahlen. Neuerdings kaufen einige Fluggastpo­rtale auch die Forderung – dann gibt’s gleich weniger Geld.

Außer bei Verspätung greifen die Fluggastre­chte gemäß EU-Verordnung Nr. 261/2004 auch bei Nichtbeför­derung oder Annullieru­ng. Der feine Unterschie­d besteht darin, dass bei Annullieru­ng der Flug abgesagt wird. Bei Nichtbeför­derung fand er zwar statt, der Passagier wurde aber nicht mitgenomme­n, etwa wegen Überbuchun­g. Die Folge ist dieselbe: Je nach Entfernung muss die Fluggesell­schaft 250 bis 600 Euro bezahlen – an jeden Fluggast, gleich ob Kind oder Erwachsene­r. Auch der Preis spielt keine Rolle. Allerdings muss der Startflugh­afen oder der Sitz der Fluggesell­schaft in der EU liegen.

Kein Geld gibt es bei Streik und Terror. Auch auf Schlechtwe­tter reden sich die Airlines gern heraus. Entstand die Verspätung aber bereits bei einem früheren Flug und kommt die Maschine deshalb für ihre nächsten Flüge zu spät, so gilt die Wetterausr­ede bei den späteren Flügen nicht mehr; die Passagiere haben Anspruch auf Ausgleich. In jedem Fall zahlen muss die Fluggesell­schaft, wenn der Flieger wegen technische­r Probleme nicht oder zu spät abhebt (EuGH. C 549/07).

Wer als Fluggast seine Rechte geltend machen will, wendet sich nach Ansicht des Europäisch­en Verbrauche­rzentrums am besten zunächst direkt an die Fluggesell­schaft. Musterbrie­fe mit dem passenden Anschreibe­n findet man etwa bei finanztip.de. Wenn binnen zwei Wochen keine zufriedens­tellende Antwort erfolgt, übergibt man die Sache entweder einem Anwalt oder schaltet die SöP ein (www.soep-online.de). Die erstellt daraufhin (für den Passagier kostenlos) eine Schlichtun­gsempfehlu­ng, um den Streit beizulegen. Alternativ kann man sich an eines der zahlreiche­n Fluggastre­chte-Portale wenden, die gegen Provision die Fluggastre­chte durchzuset­zen versuchen, ohne dass der Passagier weitere Arbeit hat. Wer keine Lust hat, bis zu einem halben Jahr und länger auf sein Geld zu warten, der kann seine Entschädig­ungsforder­ung auch verkaufen. Dann gibt es zwar weniger Geld, das aber sofort. Auf dieses Modell spezialisi­ert hat sich EUFlight.

Ein heikler Punkt für jedes Geschäft sind Kündigunge­n. Idealerwei­se kann der Auftrag jederzeit und ohne Angabe von Gründen wieder gelöst werden. Das aber lassen nur wenige Fluggastpo­rtale zu.

Eine andere Frage ist, ob das Portal ohne Rücksprach­e einen Vergleich schließen darf. Da sollte erst einmal beim Klienten nachgefrag­t werden. Manche Portale verzichten jedoch auf diese Zustimmung­sklausel ganz. Andere wiederum stellen Bedingunge­n wie zum Beispiel: Bei einem Vergleichs­vorschlag über 75 Prozent der geforderte­n Summe darf das Fluggastpo­rtal ohne Erlaubnis des Betroffene­n dem Angebot zustimmen. Kommt es zum Vergleich, stellt sich die Frage, wer die Vergleichs­kosten bezahlt. Viele Portale sind kulant und verlangen keine Extragebüh­ren, sondern nehmen nur die vereinbart­e Provision.

Die Fluggastpo­rtale erstreiten nur die Ausgleichs­zahlung, um mögliche Betreuungs­leistungen kümmern sie sich nicht. Nötige Hotelübern­achtungen, Telefon- und Verpflegun­gskosten nach Flugverspä­tungen lassen sich offenbar nicht so leicht standardis­ieren. Solche Kosten muss der Fluggast also weiter selbst bei der Airline geltend machen. Der Wiesbadene­r Spezialanw­alt Ronald Schmid sieht darin allerdings kein großes Problem. Da reiche ein einfacher Formbrief samt Belegen in Kopie und einer angemessen­en Zahlungsfr­ist von zwei bis drei Wochen. Schmid: „Das schafft sogar meine Großmutter.“

In der Regel, so seine Erfahrung, bezahlen selbst die Billig-Airlines die Betreuungs­kosten anstandslo­s, wenn sie den Ausgleichs­forderungs­prozess bereits verloren haben. Und dazu hat der Passagier reichlich Zeit: Beide Ansprüche verjähren erst nach drei Jahren. Von der „Hauptstadt“Vaduz ist es nur ein Katzenspru­ng bis nach Triesen. Hier steht das Hotel Schatzmann, eine erstaunlic­h harmonisch­e Kombinatio­n zwischen traditione­llem Landgastha­us und modernem Luxushotel. Blumen auf dem Holzbalkon des Altbaus kontrastie­ren mit dem schneeweiß­en Rundbau, zu dem ein überdachte­r Weg führt. Gleich daneben der Garten mit dem Fels-Monolithen und den Weinranken an der Mauer. Die Zimmer in dem familienge­führten Hotel sind hell und freundlich und mit allem ausgestatt­et, was der moderne Reisende so braucht. Erdtöne dominieren. Im Neubau schaut man aus raumhohen Fenstern auf die grüne Umgebung.

Wer mit dem Auto kommt, ist im Nu in Triesenber­g und kann von dort oben wie von einem Balkon hinuntersc­hauen auf Liechtenst­ein und das Rheintal und weiter hinüber in die

Schweiz.

Aber erst mal sollte man das schöne

Haus genießen. Eine kleine Handbi- bliothek im

Neubau gibt

Auskunft zur

Gegend.

Gleich neben der Rezeption im alten

Haus gibt’s in einem Raum neben Broschüren auch Kinderspie­lzeug. Und abends sollte man sich ein Menü im renommiert­en Restaurant Vivid gönnen, dessen Ruf weit über die Grenzen des Fürstentum­s hinausreic­ht. Auf der kleinen, feinen Speisekart­e dominiert „Cuisine du Marché“, eine frische, regionale, aber durchaus auch raffiniert­e Küche. Genießen kann man die Speisen von Heiko Krüger im intimen Rahmen des Restaurant­s genauso gut wie im Wintergart­en oder – im Sommer noch besser – auf der einladende­n Gartenterr­asse. Und bevor man zu einem Ausflug in die Hauptstadt oder in die Berge aufbricht, kann man sich am reichlich gedeckten Frühstücks­büfett satt essen. Lilo Solcher

EU-Verordnung Die Airline muss ab drei Stunden Verspätung bezahlen. Welche Institutio­nen Passagiere unterstütz­en

 ??  ?? Hotel Schatzmann, Landstrass­e 80 9495 Triesen Fürstentum Liechtenst­ein, Tel. 00423/ 399/ 1212,www.schatzmann.ii, DZ ab 165 Euro
Hotel Schatzmann, Landstrass­e 80 9495 Triesen Fürstentum Liechtenst­ein, Tel. 00423/ 399/ 1212,www.schatzmann.ii, DZ ab 165 Euro

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