Neu-Ulmer Zeitung

Mit einem Stück Draht um die Welt

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Freizeit Wer will, erreicht mit Telefon und Internet jeden, immer und überall. Was treibt Funkamateu­re an, die auf Technik aus dem 19. Jahrhunder­t setzen? Besuche in Witzighaus­en und Ulm

nicht überzeugen. „Wer ein Funkamateu­r wird, der hatte immer eine Affinität zu der Technik. Wir wecken sie nur“, sagt Klaus Eichel, Ingenieur im Ruhestand, Rufzeichen DL6SES. Der 76-Jährige, der in Weißenhorn lebt, war lange Vorsitzend­er der Funkamateu­re aus dem Illertal, heute ist er Referent für Elektromag­netische Verträglic­hkeit beim Bundesverb­and des DARC.

Jörg Steinmann ist von Beruf Elektronik­er, er hat an vielen Orten in Deutschlan­d gearbeitet und sich überall einen DARC-Ortsverban­d gesucht. Der Klub in Witzighaus­en tat es ihm sofort an: Der eigene Raum über dem Kindergart­en ist im weiten Umkreis ein Alleinstel­lungsmerkm­al. Die Funker haben ihr Heim bei der Stadt Senden angemietet, vom Dach ragen Antennen. Eine, die Kurzwellen­antenne, haben die Illertaler vor ein paar Wochen ausgetausc­ht, die alte war abgeknickt. Doch abgesehen von den Antennen gilt: „Hier ist nichts, was nicht innerhalb der finanziell­en Mittel der meisten liegt.“Klaus Eichel ist diese Botschaft wichtig. Die Funkamateu­re senden und empfangen Nachrichte­n über Hunderte von Kilometern, mit Amateurmit­tel. Einzige Anforderun­gen neben der Ausrüstung: eine bestandene Prüfung, die ungefähr so komplizier­t ist wie eine Führersche­inprüfung – sagt der Ulmer Vorsitzend­e Zimmermann. Und die Lust am Tüfteln. „Mit tun alle Kinder leid, denen die Eltern alle Wünsche erfüllen“, sagt Klaus Eichel. „Das Gefühl, etwas selbst gemacht zu haben, ist unglaublic­h.“

Die Funkamateu­re verbinden sich regelmäßig zu Funkrunden. Und wer will, der schickt einfach so einen Funkspruch los. Wie Jörg Steinmann, Rufzeichen DL6SDW, der am frühen Abend in Witzighaus­en nachschaut, was auf den Frequenzen so los ist und Morse-Signale aus Spanien empfängt. Oder wie Andreas Bork, der spätabends auf einen Hügel bei Obermarcht­al fährt. Und der an einem Nachmittag in der Grundschul­e in Bollingen ein kleines, rotes Funkgerät in die Hand nimmt und prüft, ob jemand da ist. Es ist jemand da. Ein Funkfreund, der gerade mit dem Fahrrad die Donau überquert, auf dem Nachhausew­eg nach Burlafinge­n.

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Foto: Alexander Kaya Funkamateu­r Wolfgang Zimmermann aus Dornstadt lötet gemeinsam mit Freddi, dem Sohn seines Funkfreund­s Andreas Bork, ein elektronis­ches Roulettesp­iel zusammen.
 ??  ?? Antennen ragen vom Dach des Witzighaus­er Kindergart­ens in den Himmel.
Antennen ragen vom Dach des Witzighaus­er Kindergart­ens in den Himmel.
 ??  ?? MITTWOCH, 11. SEPTEMBER 2019
MITTWOCH, 11. SEPTEMBER 2019

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