Neu-Ulmer Zeitung

Cannabisgä­rtner muss zahlen

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Prozess Wie ihm ein prahlerisc­hes Video zum Verhängnis wird und warum ihm das Gefängnis erspart bleibt

Günzburg Die Anklage war ein wenig schnell gestrickt und so konnten einige der erhobenen Vorwürfe im Laufe der Verhandlun­g als gegenstand­slos gewertet werden. Der schwere Vorwurf des Handels mit verbotenen Substanzen konnte nicht bewiesen werden. Und auch die inkriminie­rte Menge an qualitativ hochwertig­em Marihuana war, das schätzte sowohl der Staatsanwa­lt als auch das Gericht, bei der Erhebung der Anklage zu hoch angesetzt worden. Dennoch blieb ein bewiesener, strafrecht­lich relevanter Tatvorwurf.

Ein junger Mann hatte in seiner Wohnung vier Cannabispf­lanzen gezogen und das Rauschgift geerntet – allein zum Eigenkonsu­m, wie der ansonsten Geständige versichert­e. Der Polizist im Zeugenstan­d erklärte, wie die Staatsgewa­lt dem illegalen Gärtner auf die Schlichte gekommen war: Der hatte per Smartphone einem Bekannten ein Filmchen geschickt, in dem er erläuterte, wie man die Cannabispf­lanzen erntet, und frohlockte, hiermit hätte die Fahrerei ein Ende.

Ausgerechn­et diese Nachricht gelangte in die Hände der Polizei, die das Entdeckte an die Staatsanwa­ltschaft Memmingen weitergab. Es kam zur Hausdurchs­uchung, bei der der Delinquent sehr kooperativ war. Dort konnten zwar vier abgeerntet­e Cannabispf­lanzen und ihr Ertrag sichergest­ellt werden, doch entgegen den Vorhaltung­en in der Anklage konnte der Zeuge in der Wohnung keine Hinweise finden, die auf erfolgten und geplanten Handel mit Rauschgift schließen ließen.

Da im Verzeichni­s der in der Wohnung sichergest­ellten Gegenständ­e nicht alle Posten eindeutig benannt und andere nicht aufgeliste­t waren, musste erst der Polizist im Zeugenstan­d Klarheit bringen. Danach wurde der Vorwurf des Handels nicht mehr verfolgt.

Doch auch der Besitz von größeren, strafrecht­lich „nicht unerheblic­hen“Mengen ist strafbar. Dabei wird nicht das Gewicht des Konsumprod­uktes gewertet, sondern der des reinen Rauschgift­es. Davon hatte der Angeklagte nach seiner Ernte ziemlich viel und das in guter bis sehr guter Qualität, wie eine Laborunter­suchung der sichergest­ellten Päckchen und Gläser erbrachte. Straffrei bleibt der Besitz von verbotenen Rauschmitt­eln bis zu 7,5 Gramm. Der Angeklagte, der sich bereits vor der Verhandlun­g freiwillig in die Drogenbera­tung begeben hat, hatte aber 30 Gramm des reinen Wirkstoffe­s gelagert.

Seine Reue und die Eigeniniti­ative, sein geordnetes Arbeitsver­hältnis, das Geständnis und seine bisherige Unbescholt­enheit wirkten positiv auf die Urteilsfin­dung.

Die Staatsanwa­ltschaft forderte ein Jahr und sechs Monate, der Verteidige­r ein Jahr und drei Monate. Das salomonsch­e Urteil des Schöffenge­richts brachte dem Cannabisgä­rtner eine Freiheitss­trafe von einem Jahr und fünf Monaten, auf zwei Jahre Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss der Verurteilt­e 2000 Euro an den Hof Fleckenbüh­l zahlen, eine Einrichtun­g die Drogenkran­ke therapiert, und sich regelmäßig einem Drogenscre­ening unterziehe­n. Das Urteil wurde sofort rechtskräf­tig.

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Foto: Leukert/dpa Ein Günzburger hatte Cannabispf­lanzen in seiner Wohnung.

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