Kulturnacht erobert immer neue Orte
Vorschau Am 21. September präsentieren sich die Künstler und Kreativen der Doppelstadt an 121 Plätzen – mehr als je zuvor. Für Besucher aus dem Umland gibt es eine schlechte Nachricht
Ulm/Neu-Ulm Der Eingang der Ulmer Bahnhofsmission liegt am Gleis 1, im Bereich zwischen den Abschnitten E und F. Bis zu 70 Menschen kommen jeden Tag, um Kaffee zu trinken, Zeitung zu lesen – oder einfach ein offenes Ohr zu finden, wie Sebastian Lindner, der Leiter der Einrichtung, sagt. „Es sind vor allem Menschen, die keine Arbeit und sonst keine sozialen Kontakte haben.“Die Bahnhofsmission ist ein Treffpunkt – und sie wird es dieses Jahr erstmals auch bei der Kulturnacht sein. Einen Abend lang gibt es am Samstag, 21. September, in ihren Räumen, aber auch im Bahnhof, schwäbischen Folk und Weltmusik, dargeboten von der Gruppe Brekkie’s Inn.
Ein Konzert an einem ungewöhnlichen Ort – genau solche Angebote sind es, die den Charme der Kulturnacht Ulm/Neu-Ulm ausmachen. Deswegen präsentieren die Organisatoren das Programm auch in der Bahnhofsmission, wo sich unter die Gespräche immer wieder die Geräusche einfahrender Züge mischen. Manche von diesen bringen wohl die letzten Sommerurlauber zurück in die Stadt. „Jetzt sind alle wieder da“, sagt Ulms Kulturbürgermeisterin Iris Mann. „Die Sehnsucht ist groß auf das, was im Herbst kommen wird.“Die Kulturnacht sei jedes Jahr der Auftakt zur Kultursaison. Ein Knalleffekt, der Aufmerksamkeit erzeugt.
Dass das funktioniert, zeigt die Vergangenheit: Die Veranstaltung zieht stets Tausende aus Ulm, NeuUlm und dem Umland an, 2018 gab es mit 12 800 Besuchern einen neuen Rekord. Auch die nächste Auflage einen Bestwert auf: Mit 121 Orten gibt es so viele Spielstätten wie nie – Museen, Theater, Ateliers und Cafés, aber auch Friseursalons, Anwaltskanzleien, Bekleidungsgeschäfte, nicht nur in der Innenstadt, sondern verteilt über ganz Ulm und Neu-Ulm. Organisator Christian Pfeifer hat sogar beobachtet, dass durch die Straßenbahnlinie 2 das Interesse in den dadurch erschlossenen Stadtvierteln gewachsen ist. Bürgermeisterin Mann ist es eine „Herzensangelegenheit, dass auch die Orte außerhalb gut besucht werden“. Das gilt erst recht für NeuUlms Kulturdezernent Ralph Seiffert. Der empfiehlt Kulturnachtschwärmern unter anderem einen Abstecher zur Caponniere 4, ins Brückenhaus und ins EdwinScharff-Museum. „Für mich ist das ein Ort, den man besuchen muss.“
Zu diesem Urteil kommt Seiffert auch, weil das Museum auch ein Ort ist, wo Inklusion großgeschrieben wird, sowohl in der behindertengerecht gestalteten Dauerausstellung als auch im Café. Themen wie Teilhabe, Toleranz oder Interkulturalität hätten einen wichtigen Platz in der Kulturnacht, betont Seiffert, und nennt dafür auch noch das Heyoka-Theater, das auf dem Münsterplatz zu Gast ist, und den „Kulturspatz“, das von der Lebensstellt hilfe betriebene Donauschiff, als Beispiele. Die Kultur, so der NeuUlmer Fachbereichsleiter, sei für diese Anliegen ein ideales Transportmittel. Überhaupt wird bei der Kulturnacht wieder an alle möglichen Zielgruppen gedacht – auch an die jüngste: Kinder können (in Begleitung eines Erwachsenen) kostenlos ab 15 Uhr ein eigenes Programm an vielen Orten genießen.
Für alle anderen kostet der Eintritt erneut zehn Euro, zwei Euro weniger zahlen unter anderem Schüler, Schwerbehinderte und Arbeitslosengeld-Empfänger. Einen Wermutstropfen gibt es aber dieses Jahr: Im Stadtgebiet Ulm/Neu-Ulm bleiben die öffentlichen Verkehrsmittel – wie derzeit an allen Samstagen – zwar umsonst. Weil aber der Verkehrsverband Ding seinen Aktionstag „Ohne Auto – mobil“verlegt hat, können Besucher aus dem Umland nicht mehr kostenlos mit Bus und Bahn anreisen. Ob sich das auf die Zahlen negativ auswirken wird, kann Organisator Pfeifer nicht sagen. „Viele kommen ohnehin mit dem Auto“, sagt er. Diesen empfiehlt er, ihren Wagen außerhalb des Stadtzentrums abzustellen und auf die kostenlosen Verkehrsmittel umzusteigen.
Was die Nachtschwärmer dann unternehmen, können sie bereits zu Hause planen: mit den bereits überall in der Doppelstadt ausliegenden Programmheften – oder auf dem Smartphone mit der KulturnachtApp (erhältlich für iOS und Android in den jeweiligen App-Stores). Neulingen gibt Pfeifer einen wichtigen Tipp: bloß nicht den Versuch wagen, mitzunehmen, was geht, sondern den Abend entspannt genießen.