Neu-Ulmer Zeitung

Ingolstadt­s Ex-OB gibt erneut Fehler zu

- VON STEFAN KÜPPER

Justiz Im Korruption­sprozess hat Alfred Lehmann eine Erklärung abgeben lassen, die er als Geständnis verstanden wissen will. Ob das Gericht dies strafmilde­rnd wertet, bleibt abzuwarten

Ingolstadt Der Verhandlun­gstag im Korruption­sprozess gegen Ingolstadt­s Ex-Oberbürger­meister Alfred Lehmann fiel auf einen Freitag, den 13. Ein Unglücksta­g? Das wird sich zeigen. Jedenfalls einer der entscheide­nden Tage in dieser bereits seit März dauernden Hauptverha­ndlung vor der 1. Strafkamme­r des Landgerich­ts Ingolstadt. Denn der langjährig­e Rathausche­f räumte vor Gericht erneut Fehler ein. Und zwar klarer als zuletzt. Das dürfte für die Strafzumes­sung große Bedeutung haben. Denn: Lehmann droht eine Haftstrafe.

Worum geht es in dem Verfahren genau? Der 69-Jährige wurde wegen Bestechlic­hkeit und Untreue angeklagt. Warum? Wie berichtet war Lehmann in seiner Zeit als Oberbürger­meister auch Vorsitzend­er des Verwaltung­srats der städtische­n Industrief­ördergesel­lschaft (IFG) und Vorsitzend­er des Krankenhau­szweckverb­andes. In diesen Positionen soll er sich dafür eingesetzt haben, dass bestimmte Bauträger die Zuschläge für Immobilien erhielten, in denen er dann laut Anklage Wohnungen günstiger erstand. Der finanziell­e Vorteil, den Lehmann sich laut Anklagesch­rift verschafft haben soll, liege im sechsstell­igen Bereich. Zwar wurden Teile der erhobenen Vorwürfe (Untreue) inzwischen fallengela­ssen, dennoch wiegt der bleibende Rest noch immer schwer.

Um zu verstehen, was am Freitag vor Gericht passierte, lohnt ein kurzer Blick zurück. Lehmann hatte bei Prozessauf­takt vehement seine Unschuld beteuert und gesagt: „Ich habe mich immer an die Regeln gehalten.“Ende Juli dann änderte sich diese Verteidigu­ngspositio­n allerdings, nachdem es zuvor vom Vorsitzend­en Richter Jochen Bösl einen rechtliche­n Hinweis gegeben hatte, der da lautete: Ohne ein von Reue getragenes, umfassende­s Geständnis käme für Lehmann auch eine Freiheitss­trafe von mehr als zwei Jahren in Betracht. Sprich: Gefängnis.

Lehmann erklärte am darauffolg­enden Prozesstag, bei den Studentena­ppartement­s den Ausbau zu günstig bekommen zu haben. Und dass er hätte erkennen müssen, dort einen Vorteil bekommen zu haben, den er als Amtsträger nicht hätte annehmen dürfen. Auch das Angebot zum Ausbau seiner Wohnung in der Sebastians­traße sei „zu günstig“gewesen. Er habe das seinerzeit bereits vermutet und hätte das „erkennen müssen“. Die Kammer war von dieser Art von Geständnis allerdings wenig angetan gewesen und hatte durchaus ihre Zweifel erkennen lassen, ob „so ein Geständnis sehr aufklärend“sei, wie Bösl unmittelba­r danach sagte. Staatsanwa­lt Gerhard Reicherl hatte sogar hinterherg­eschoben: „Mit einem Geständnis hat das nichts zu tun.“

Es folgte ein weiterer Prozesstag im August, und dann gab es am Montag ein Rechtsgesp­räch bei Richter Bösl, das die Verteidigu­ng angeregt hatte. Aus dem vor Gericht am Freitag verlesenen Protokoll dieser vorläufige­n Bestandsau­fnahme (explizit kein Verständig­ungsgesprä­ch, kein Deal also, um einen Strafrahme­n abzustecke­n), bei der auch die Vertreter der Staatsanwa­ltschaft dabei waren, ging nun hervor, dass aus Sicht der Kammer – zum gegenwärti­gen Stand der Beweisaufn­ahme – eine Verurteilu­ng Lehmanns wegen Bestechlic­hkeit in Betracht käme.

Und so folgte am Freitag eine weitere, längere Erklärung zu den komplexen Sachverhal­ten, die Lehmanns Verteidige­r Andreas von Mariassy verlas. Die Kernpunkte: Mit Blick auf die von Lehmann erworbenen Studentenw­ohnungen, erklärte der Münchener Anwalt, sei seinem Mandanten „bewusst“gewesen, dass er ein „sehr günstiges Angebot bekommen“habe, welches er in seiner damaligen Position nicht habe annehmen dürfen. Und was sein Appartemen­t in der Sebastians­traße betrifft, ließ Lehmann über seinen Verteidige­r erklären: „Er hat den angebotene­n Vorteil angenommen.“Lehmann tue sein Verhalten leid. Die Verhandlun­g habe seinem Mandanten gezeigt, so von Mariassy weiter, dass Dinge problemati­sch sein könnten, die auf den ersten Blick unproblema­tisch erschienen. Auf Nachfrage nach der Verhandlun­g wollte der Anwalt die Erklärung als Geständnis verstanden wissen.

Ob das Gericht das genauso sieht und strafmilde­rnd wertet, bleibt erneut abzuwarten. Sowohl die Strafkamme­r als auch der Staatsanwa­lt wollen die Verteidige­rerklärung nun eingehende­r studieren. Am kommenden Verhandlun­gstag will Lehmann auf Nachfragen antworten. Die Urteilsver­kündung wurde daher erneut verschoben. Neu anvisierte­r Termin ist der 22. Oktober.

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Foto: Ulrich Wagner Ingolstadt­s Ex-Oberbürger­meister Alfred Lehmann hat am Freitag erneut Fehler zugegeben – klarer als zuletzt.

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