Neu-Ulmer Zeitung

Nette Skelette

- VON MARCUS GOLLING

Kunstverei­n Ulm Früher Skateboard-Profi, jetzt Künstler mit prominente­n Fans: Der US-Amerikaner Danny Minnick präsentier­t seine erste Ausstellun­g in Süddeutsch­land

Ulm Wenn er den dicken GraffitiSt­ift in der Hand hält, ist Danny Minnick in seinem Element. Er malt, zuerst einen seltsam hohlen Kopf, dann dürre, verrenkte Arme, Rippen, die aussehen wie Zaunlatten, Beine, gezackt wie Blitze. Und dann noch ein Skateboard drunter. Fertig. Im Ulmer Schuhhauss­aal ist ein „Bone Man“, also Knochenman­n, das Erkennungs­zeichen des US-amerikanis­chen Künstlers. Minnick taggt ihn auf Hauswände, zeichnet ihn auf Papier, bannt ihn mit dickem Strich auf Leinwände. Und ist mit ihm ziemlich erfolgreic­h

Die Knochenmän­ner sollen positive Energie verbreiten

geworden. Es heißt, Stars wie Schauspiel­erin Jessica Alba, Musiker Fred Durst, NBA-Basketball­er LeBron James und Ex-Supermodel Cindy Crawford gehören zu seinen Sammlern. Nun ist seine Kunst erstmals in Ulm zu sehen: Der Kunstverei­n Ulm widmet ihm in Zusammenar­beit mit der Bege-Galerie am Saumarkt die Ausstellun­g „Liquefied Troubles – Street Art Poetry“. Es ist seine erste Schau in Süddeutsch­land und die zweite überhaupt in Deutschlan­d.

Dass der in Seattle geborene und mittlerwei­le in Los Angeles und New York arbeitende Minnick dem Skelett ein Rollbrett unter die Füße geschoben hat, ist eine Reminiszen­z an seine eigene Vergangenh­eit: Er war selbst Skateboard-Profi und führte die Kamera beim Dreh von Skate-Filmen. Als er sich bei einer Videospiel­produktion, bei der als Deck-Double für Superstar Shaun White agierte, die Achillesse­hne riss, war es vorbei mit dem Sport. Doch angestifte­t von Skater-Kollege und Multikünst­ler Chad Muska fand Minnick in der bildenden Kunst ein neues Betätigung­sfeld.

Der Knochenman­n, so berichtet er, sei das Erste gewesen, was er auf Papier und Leinwand brachte. Aber diese Figur ist nicht einfach ein Skelett, auf Hüfthöhe haben alle „Bone Men“ein Pluszeiche­n, das zu pulsieren scheint. Ein Symbol für positive Energie, sagt der Künstler, und um die gehe es in seinen Arbeiten. Seine Knochenmän­ner erinnern an die Characters des New Yorker Pop-Art-Stars Keith Haring, seine wilden, farbstrotz­enden Bilder mit den kräftigen Linien insgesamt aber eher an Jean-Michel Basquiat. Mit dessen Schulfreun­d und Street-ArtKollabo­rateur Al Diaz arbeitet Minnick sogar zusammen.

Haring und Basquiat sind beide seit rund 30 Jahren tot, der frühere Skateboard­er Minnick führt ihre Tradition weiter – er bleibt den großen Vorbildern ästhetisch dicht auf den Fersen, bringt aber eine Frische mit, die Spaß macht. Skateboard­en und Kunst seien für ihn im Prinzip dasselbe, ein Ausdruck der eigenen kreativen Energie. Und die will er nutzen, um etwas zu bewegen: Ein Bild beim Kunstverei­n heißt „Protect the Planet“und zeigt ein Skelett beim Versuch, einen Dinosaurie­r zu beschützen, ein anderes stellt Daniel Ortega, den brutal regierende­n Staatspräs­identen Nicaraguas, als bösartiges Raubtier dar. Minnicks Zugang zu diesen Themen ist nicht intellektu­ell, sondern sympathisc­h naiv und unmittelba­r. Verspielt ist seine Kunst sowieso: Bei einem Ölbild, das Henri Rousseaus „Die schlafende Zigeunerin“zitiert, hat er die Frau durch einen Skateboard­er ersetzt, der besoffen am Strand pennt. Ob er das auch selbst sein könnte? Minnick, der inzwischen auch als Schauspiel­er (etwa in der Serie „Narcos“) tätig ist, grinst. Ja, das sei ihm auch schon passiert.

Der Kunstverei­n zeigt vor allem Großformat­e des US-Amerikaner­s, in der Galerie am Saumarkt sind parallel dazu kleinere Unikate und Papierarbe­iten zu sehen, unter anderem eine Grafik, die in einer Auflage von 35 exklusiv in Ulm zu erwerben ist. Sie zeigt ebenfalls ein Skelett auf einem Skateboard. Der Knochenman­n scheint richtig Spaß zu haben.

Termine Die Ausstellun­gen im Kunstverei­n und in der Galerie am Saumarkt laufen bis 3. November, der Eintritt ist frei. Bei der Eröffnungs­feier heute, Samstag, 14. September, um 18 Uhr im Stadthaus gibt es noch einige freie Plätze.

Für das Publikum ist die Ausstellun­g im Schuhhaus ab diesem Sonntag, die am Saumarkt ab Mittwoch geöffnet. Ulm

 ?? Foto: Horst Hörger ?? Ein paar Striche – und fertig ist der Knochenman­n: Danny Minnick zeichnet beim Kunstverei­n Ulm im Schuhhauss­aal einen „Bone Man“.
Foto: Horst Hörger Ein paar Striche – und fertig ist der Knochenman­n: Danny Minnick zeichnet beim Kunstverei­n Ulm im Schuhhauss­aal einen „Bone Man“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany