Gefährliches Feuer am Krisenherd
Hintergrund Der Angriff auf eine der wichtigsten saudischen Ölanlagen lässt auch in Deutschland Verbraucherpreise steigen. Wer steckt hinter der Drohnenattacke? Was sind die politischen Folgen für den Golfkonflikt?
Riad/Berlin Wer für den Winter in Deutschland Heizöl kaufen wollte, merkte die Folgen der Drohnenangriffe auf eine Raffinerie in SaudiArabien direkt: Der Preis für Heizöl schnellte am Montag nach oben – Folge eines Ölpreis-Schocks an den weltweiten Märkten. Im bundesweiten Schnitt kosteten 100 Liter Heizöl zu Wochenbeginn rund 70,50 Euro. Am Freitag waren es erst 66,80 Euro gewesen, wie die Daten des Messgeräte-Spezialisten Tecson verrieten, der eine Abnahme von 3000 Litern zugrunde legt. Die Ölversorgung Deutschlands sei aber in vollem Umfang gesichert, betont der Mineralölwirtschaftsverband. Engpässe bei Benzin, Diesel, Heizöl und Kerosin seien nicht zu befürchten. Im ersten Quartal habe Deutschland nur 0,8 Prozent seines Ölbedarfs aus Saudi-Arabien bezogen. Andere Länder wie Russland und Norwegen sind als Lieferanten für Deutschland viel wichtiger.
Ob es Auswirkungen an der Tankstelle gebe, ist noch offen. „Der Ölpreis ist gegenüber Freitag deutlich gestiegen, aktuell sind jedoch keine Preisreaktionen darauf an den Stationen zu beobachten“, berichtete der Verband. Aufgrund der hohen Benzin- und Dieselbesteuerung als Preissockel erreichten höhere Ölpreise die Tankstellen nicht eins zu eins. Zudem hätten Saudi-Arabien und die USA angekündigt, ihre Ölreserven einzusetzen, um die Lücke auszugleichen. Durch die Angriffe soll die Ölproduktion Saudi-Arabiens um die Hälfte eingebrochen sein.
Die verheerenden Luftangriffe auf das Herzstück der saudischen Ölproduktion werfen politisch ein Schlaglicht auf die beiden großen Krisenherde der Arabischen Halbinsel – den Krieg im Jemen und die Konfrontation mit dem Iran am Persischen Golf. Donald Trump steht nach seinem Ausstieg aus dem Atomvertrag vor den Scherben seiner aggressiven und erratischen Iran-Politik. Sein engster Verbündeter in der Region, Kronprinz Mohammed bin Salman, erfährt zum ersten Mal auf eigenem Territorium empfindliche Folgen des von ihm angezettelten Jemenkrieges.
Die jemenitischen Houthis reklamierten die Angriffe auf die beiden Ölanlagen des Staatskonzerns Aramco in Abqaiq und Khurais für sich und erklärten, man habe die Operation mit zehn Drohnen ausgeführt. In ihrem Fernsehsender AlMasirah kündigten die Rebellen weitere Militärschläge an. Man werde die Angriffe immer schmerzlicher machen, „so lange die Aggressionen und die Belagerung SaudiArabiens andauern“.
Mehr als einhundert Ziele haben die Houthis bisher beschossen, darunter die Flughäfen von Riyadh, Abha und Jizan. Einen ähnlichen Massenangriff mit Drohnen gab es bereits Mitte August auf die Gasverflüssigungsanlage in Shaybah. Auch dort brach Feuer aus, die Produktion jedoch musste nicht unterbrochen werden.
Washington dagegen ist überzeugt, dass irantreue Milizen im Irak dahinter stecken, weil nur sie eine so komplexe Operation mit Drohnen und Cruise Missiles meistern könnten. Als Belege präsentierte das Pentagon Satellitenaufnahmen, die Explosionskrater in den westlichen, aber auch in den nordwestlichen Bereichen der Industrieareale zeigen, die dem Irak zugewandt sind.
Auch wenn nicht klar ist, welche Version stimmt, richten die Angriffe den Blick der Weltöffentlichkeit wieder auf den oft verdrängten Krieg im Jemen: Als der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman im März 2015 den Krieg gegen die Houthis ausrief, brüstete er sich, die Rebellen seien in wenigen Wochen besiegt und aus der Hauptstadt Sanaa vertrieben. Stattdessen dauert der Krieg nun schon mehr als vier Jahre und hat – wie die Vereinten Nationen beklagen – das „größte humanitäre Desaster der Gegenwart“angerichtet. Über 100000 Menschen sind getötet worden. Der Jemen als Nation existiert nicht mehr. Den Süden beherrscht eine Unabhängigkeitsbewegung, die erneut eine Teilung des Landes wie vor 1990 erzwingen will.
Die Vereinigten Arabischen Emirate kündigten im Juli an, ihre Truppen aus dem Krieg zurückzuziehen, sodass Saudi-Arabien mit dem angerichteten Fiasko künftig alleine dasteht. Von König Salman ist bekannt, dass er lieber heute als morgen das blutige Militärabenteuer seines Sohnes beenden würde. Für Mohammed bin Salman jedoch würde eine solche De-facto-Niederlage gegen die Houthis die Aussichten auf die Thronfolge gefährden.
Aber auch der Iran mischt seit Jahren im Jemen mit. Auch wenn „die Unterstützung Teherans für die Houthis nach wie vor begrenzt und der politische Einfluss minimal ist“, wie der kanadische Jemen-Experte Thomas Juneau erklärt. Zu Beginn des Krieges unterhielt die Islamische Republik lockere Beziehungen zu den Rebellen, riet ihnen damals sogar, nicht zu sehr zu provozieren und nicht zu weit zu gehen bei ihrer Besetzung von Sanaa.
Doch inzwischen helfen Irans Spezialisten dabei, die alten Mittelstreckenraketen aus Beständen der jemenitischen Armee zielgenauer und weitreichender zu machen. Längst werden auch Houthi-Techniker in Teheran geschult, Drohnen zusammenzubauen, zu reparieren, zu warten und zu steuern. Nach Einschätzung von Bernard Hudson, einem ehemaligen Anti-Terrorspezialisten der CIA, haben die Houthis inzwischen ihre Drohnentechnik „mit Rat und Tat der Iraner auf einem Niveau perfektioniert wie niemand sonst“.
Falls tatsächlich Teheran hinter den Angriffen steckt, droht Donald Trump der Islamischen Republik mit einer kriegerischen Konfrontation. Die USA seien „geladen und entsichert, abhängig von der Bestätigung“, erklärte der US-Präsident im bekannten Stil auf Twitter.
Gleichzeitig bekräftigt Trump allerdings unverändert den Wunsch, Irans Präsident Hassan Rowhani auf der UN-Vollversammlung Ende September zu treffen. Denn Trump weiß, ein weiterer Krieg im Nahen Osten wird seine Chancen für eine Wiederwahl schmälern. Ein Treffen mit Rowhani dagegen, bei dem er sich als erfolgreicher Dompteur eines Schurkenstaates inszenieren kann, könnte sie erhöhen. Als Preis für ein Treffen in New York wäre Trump bereit, die Sanktionen gegen den Iran zu lockern.
Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman erklärte, sein Land sei willens und in der Lage, auf „diese terroristische Aggression“zu reagieren. Auf eigene Faust jedoch wird Saudi-Arabien den Iran nicht angreifen, weil iranische Raketen jedes Ziel in dem Königreich treffen können. Die New York Times zitierte einen ungenannten Analytiker der Revolutionären Garden mit den Worten, sollten die USA den Iran angreifen, „werden die Flammen des Krieges euch alle verbrennen“ Familien, die zum Beispiel bei der Flucht getrennt wurden, ein Recht auf Zusammenführung. Aber die Praxis zwischen Deutschland und Griechenland sieht anders aus.
Viele der Schutzsuchenden, die in den griechischen Insellagern festsitzen, haben Angehörige in Deutschland. Doch die deutschen Behörden, so der Vorwurf der Hilfsorganisationen, mauern. Zwischen dem 1. Januar und dem 22. Mai 2019 stellten die Griechen in Deutschland 626 Anträge auf Familienzusammenführung. Davon wiesen die deutschen Behörden 472 zurück. Im Jahr 2018 lehnte Deutschland 1500 Übernahmegesuche der Griechen ab – fast 60 Prozent aller Anträge.
„Unsere aktuelle Erfahrung bestätigt, dass das deutsche DublinBüro derzeit sehr schnell reagiert und in der Regel die Anträge ablehnt“, erklärt Meral Zeller von Pro Asyl. Mal werden die Ablehnungen damit begründet, dass die familiären Beziehungen angeblich nicht klar bewiesen seien. Sehr häufig berufe man sich auf formale Gründe.
„Das Kindeswohl und das Recht auf Familieneinheit werden von deutschen Behörden routinemäßig verweigert“, stellt der Report fest, es bleibe nur der Rechtsweg. „Deutsche Gerichte bestätigen klar die Priorität der Prinzipien Familieneinheit und Kindeswohl“, unterstreichen die Hilfsorganisationen.
Dennoch versuchten deutsche Behörden mit allen Mitteln, Familiennachzug aus Griechenland zu behindern. „Das Familienleben und die Rechte auch besonders schutzbedürftiger, minderjähriger Kinder sind dabei zweitrangig und bleiben hinter dem Abschottungsinteresse der Bundesrepublik zurück“, kritisiert der Bericht. »Leitartikel