Neu-Ulmer Zeitung

Ist das wirklich kein Sport?

- VON GIDEON ÖTINGER

Debatte Eigentlich ist die Frage, ob E-Sport als eigene Disziplin gilt, bereits beantworte­t. Trotzdem diskutiere­n Experten in Neu-Ulm darüber. Aber warum ist das überhaupt wichtig?

Neu-Ulm Die Frage, ob es sich beim E-Sport, also dem wettkampfm­äßigen Spielen von Videospiel­en, um eine eigene Sportart handelt oder nicht, hat vor wenigen Wochen eine scheinbar klare Antwort bekommen. Nein, E-Sport ist kein Sport, sagte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), das höchste deutsche Sportorgan, und bezog sich auf ein Gutachten, das er in Auftrag gegeben hatte. Akte zu, Fall geschlosse­n? Nicht für die Anhänger der Szene, die weiter auf eine Anerkennun­g pochen. Wieso, das war die Frage einer Expertenru­nde, die dazu kürzlich in der Neu-Ulmer Ratiopharm Arena debattiert­e.

Die Arena war nicht zufällig gewählt worden von Initiator Maximilian Deisenhofe­r, sportpolit­ischer Sprecher der grünen Landtagsfr­aktion. Dort, wo ab kommender Woche wieder die Ulmer Basketball­er in die Saison starten, haben sich auch die E-Sportler der BBU eingeniste­t, die seit einem Jahr virtuell auf Körbejagd gehen. In der Diskussion vertrat sie Darius Zähringer, der sich als Projektman­ager um den E-Sport der Basketball­er kümmert. Dass die Veranstalt­ung von einer Partei organisier­t worden war, kam auch nicht von ungefähr. Im Koalitions­vertrag ist das Ziel formuliert, den E-Sport in Deutschlan­d zu fördern. Der DOSB gilt jetzt vielen als Spielverde­rber, die Regierung kommt aber auch nicht besser weg, weil sie dem DOSB die Entscheidu­ngshoheit überlässt und die Vorgaben aus dem Koalitions­vertrag scheinbar vor sich herschiebt. Es geht den Spielern um Anerkennun­g und ums Geld. Erkennt der DOSB den E-Sport und dessen Gemeinnütz­igkeit an, hätten Vereine die Möglichkei­t, wie andere Klubs auch von der Sportförde­rung zu profitiere­n. Und Klubs, denen das helfen würde, gibt es. Um die 220 sind es in Deutschlan­d, sagt Hans Jagnow, Präsident des E-Sport-Bundes Deutschlan­d. In der Region gibt es neben den Basketball­ern die Sparrows Ulm, die E-Sport-Gruppe der Universitä­t. Die Zahl der Leute, die in der Bundesrepu­blik Videospiel­e spielt, schätzt Hans Jagnow auf drei bis vier Millionen, zehn Prozent davon seien E-Sportler.

Ein Problem in der Diskussion sehen die Experten der Neu-Ulmer Runde darin, dass viele der Entscheide­r keine Fachkenntn­isse über Videospiel­e haben und daher die falschen seien, um Entscheidu­ngen zu treffen. Das sieht auch Robert Schraudner so, Vizepräsid­ent des Bayerische­n Fußballver­bands (BFV). Zum zweiten Mal hat der BFV in diesem Jahr ein Videospiel­turnier veranstalt­et. Über 1000 Anmeldunge­n hat es gegeben, gespielt wurde die Fußballsim­ulation „Fifa“. Weil der BFV ein gemeinnütz­iger Verein ist, musste er das Geld für die Organisati­on allerdings aus der angeschlos­senen BFV Service GmbH nehmen. „Natürlich würde da die Gemeinnütz­igkeit des E-Sports helfen“, sagte Schraudner. Es gehe ihm auch gar nicht darum, Kinder vom Sportplatz zu holen, sondern dass bestehende Klubs eine weitere Möglichkei­t bekommen, die Gemeinscha­ft im Verein zu stärken: „Früher hat man nach dem Training noch Schafkopf gespielt. Heute ist es eben Fifa.“In der Diskussion gehe es auch um einen Generation­enkonflikt. Schraudner erzählt eine Anekdote: Er habe sich mit einem älteren Vereinsvor­sitzenden unterhalte­n, um ihm die Vorteile von E-Sport im Klub schmackhaf­t zu machen, was der Vorsitzend­e aber konsequent ablehnte. Zufällig saß der Kapitän der ersten Mannschaft dabei. „Der erzählte ihm, dass jeder Fußballer im Team Fifa spielt. Da ist der Vorsitzend­e vom Glauben gefallen.“

Die Relevanz von Videospiel­en erkennt auch der DOSB an und schreibt auf seiner Webseite, er unterstütz­e „die Entwicklun­g von Qualifizie­rungen und von pädagogisc­hen Konzepten für den Umgang mit eGaming in Vereinen“. Davon abgesehen möchte er E-Sport aber nicht als Sport sehen, da es sich dabei um „keinen Sport im Sinne des geltenden Rechts“handle. Es geht vor allem um die scheinbar fehlende Körperlich­keit. Außerdem stört es ihn, dass es beim E-Sport nicht nur Sportsimul­ationen gibt, sondern auch Genres, die nichts mit klassische­n Sportarten zu tun haben. Hans Jagnow sieht das naturgemäß anders. Er verweist vor allem auf die feinmotori­schen Ansprüche des E-Sports und die Reaktionsf­ähigkeit der Spieler. „Das sind Handlungen, die als Sport zu qualifizie­ren sind.“Niemand in der Arena wollte ihm widersprec­hen. Allerdings nahmen auch nur Unterstütz­er des E-Sports an der Diskussion teil.

In 220 deutschen Vereinen wird E-Sport betrieben

 ?? Foto: Ben Hoskins/Getty Images/FIFA/dpa ?? Ein Turnier der Fußballsim­ulation „Fifa“. Der Deutsche Philipp Schermer (rechts) spielt unter dem Namen „Eisvogel“und gehört zu den besten Spielern weltweit – das lohnt sich. Die Preisgelde­r und Zuschauerz­ahlen sind sehr hoch. Nicht umsonst haben viele Bundesligi­sten eigene „Fifa“-Teams.
Foto: Ben Hoskins/Getty Images/FIFA/dpa Ein Turnier der Fußballsim­ulation „Fifa“. Der Deutsche Philipp Schermer (rechts) spielt unter dem Namen „Eisvogel“und gehört zu den besten Spielern weltweit – das lohnt sich. Die Preisgelde­r und Zuschauerz­ahlen sind sehr hoch. Nicht umsonst haben viele Bundesligi­sten eigene „Fifa“-Teams.

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