Jetzt schlägt die Stunde der Tüftler
Umwelt Im November öffnet ein Reparaturcafé in Illertissen. Dort können Bürger unter fachkundiger Anleitung kaputte Elektrodinge instandsetzen – ganz in „MacGyver“-Manier
Illertissen Statt Kaffee fließt kalte Brühe aus der Maschine, der Fön springt nicht an und das Handydisplay bleibt schwarz: Wenn Elektrogeräte kaputt gehen, landen sie häufig gleich im Müll. Viele Besitzer beschäftigen sich erst gar nicht mit einer Reparatur. Weil sie nicht wissen wie’s geht – oder die saftige Rechnung eines Fachmanns fürchten. Nachhaltig ist das allerdings nicht, sagt der Illertisser Klimaschutzmanager Simon Ziegler. Und deswegen ist ein Umdenken gefragt. Hier will das Reparaturcafé ansetzen, das im November zum ersten Mal öffnet. Dort können Bürger zu Bastlern werden. Schrauben, löten, überbrücken – das alles zeigt ihnen einer, der es wissen muss. Ein Illertisser „MacGyver“erwartet die Besucher.
Wer in den 1980er und 1990er Jahren viel ferngesehen hat, kam an diesem Serienhelden nicht vorbei: Der Abenteurer MacGyver war dafür bekannt, brenzlige Situationen mit Sachverstand und Geistesblitzen zu bewältigen. Da wurde ein Säureleck mit Schokoladentafeln abgedichtet oder eine Atombombe mit einer Büroklammer kurzgeschlossen. Bis heute spricht mancher Fan schmunzelnd von „macgyvern“wenn es um pfiffige Reparaturen geht. Sogar Astronaut Alexander Gerst verwendete den Ausdruck, als ein defekter Sicherungsbolzen auf der Raumstation ISS unter anderem mithilfe von Rasierschaum wieder intakt gesetzt wurde.
Ein Hauch von diesem Erfindergeist soll durch das Illertisser Reparaturcafé wehen: „Do it yourself“, mach’ es selbst, lautet das Motto. Der Illertisser MacGyver heißt Ivo Rembold. Der selbstständige Ingenieur und Metallkünstler hat sich ganz der Reparatur von Geräten verschrieben: „Bei uns daheim wird so gut wie nichts weggeworfen“, sagt er. Auch wenn ein älteres Ersatzteil einmal schwer zu beschaffen ist – zur Not wird es vermessen und einem 3-D-Drucker selbst hergestellt.
Aufschrauben, reinschauen, ausbessern: Das ist für Rembold längst nicht nur Zeitvertreib. Sondern Bürgerpflicht: Mit Blick auf die draFolgen der Umweltzerstörung gehe es darum, Ressourcen zu sparen. „Unsere Existenz steht auf dem Spiel“, sagt Rembold. Jeder Einzelne müsse einen Beitrag leisten. „Man sollte jeden Tag überlemit gen, was man macht, kauft und wie man lebt.“Rembold beschwört erschreckende Bilder von Bergen von Elektroschrott aus Europa, der nach Afrika exportiert und dort auf Deponien unter freiem Himmel vermatischen brannt wird. „Sie vergiften sich mit unserem Müll.“Aufpäppeln statt neu kaufen laute ganz klar das Gebot der Stunde, so Rembold.
Das müsse stärker ins Bewusstsein der Menschen rücken, sagt Klimaschutzmanager Ziegler. Ein Problem: Heutzutage seien Bügeleisen, Toaster und Kaffeemaschinen so billig, dass der Kauf eines neuen Geräts günstiger ausfalle als die Reparatur eines alten. Letztere sei in der Ökobilanz allerdings besser. Denn zur Produktion würden mehr Rohstoffe verwendet. Ziegler appelliert aber nicht nur an das Gewissen der Bürger – er setzt auch auf den Spaßfaktor des Reparierens. Schrauben, werkeln und tüfteln, das habe durchaus seinen Reiz. „Und es ist ein tolles Gefühl, wenn ein Gerät am Ende wieder funktioniert.“
Das Reparaturcafé soll kein Werkstattservice sein, sondern Hilfe zur Selbsthilfe bieten: Früher habe es „eine Kultur des Reparierens“gegeben, sagt Rembold, der sein Fachwissen ehrenamtlich einbringt. Heute wüssten viele gar nicht genau, wie sie vorgehen sollten. Auch Thea Zedelmeier, die Vorsitzende des Vereins „Förderer der Gartenkultur“, kennt das Phänomen: „Als ich ein Kind war, hat man einen fehlenden Zinken an einem Rechen einfach wieder angeschweißt.“Verloren gegangenes Wissen wie dieses aufzufrischen, sei ein Anliegen des Vereins. Deshalb soll das Reparaturcafé im Jahr 2020 teilweise auch in der „Grün-Box“beim Museum für Gartenkultur untergebracht sein.
Das erste Treffen findet am Freitag, 15. November, von 13.30 bis 16.30Uhr jedoch im Mehrgenerationenhaus in Illertissen statt (und nicht am 15. Oktober, wie es kürzlich falsch in einem Medienbericht hieß). Eine Anmeldung ist nicht nötig, sagt Ziegler. Falls dann viele Bürger mit ihren Geräten dastünden, werde eines nach dem anderen betrachtet. Im neuen Jahr soll das Forum regelmäßig stattfinden.