Neu-Ulmer Zeitung

Die fünf größten Mythen über Winterreif­en

- VON HARALD CZYCHOLL

Mobilität Auf glatten Straßen brauchen Autofahrer besseren Griff. Einen gesetzlich­en Stichtag für Winterreif­en gibt es aber nicht. Und auch sonst sind viele falsche Meinungen zum Thema im Umlauf

Augsburg Frost, Matsch und wechselnde Straßenver­hältnisse: In der kalten Jahreszeit sind Wetterkapr­iolen keine Seltenheit. Wenn Autofahrer­n bei widrigen Straßenver­hältnissen der richtige Grip fehlt, steigt die Unfallgefa­hr. Winterreif­en sind deshalb grundsätzl­ich sinnvoll, die gängige Faustforme­l, wann man damit unterwegs sein sollte, lautet von Oktober bis Ostern. Doch zum Thema sind diverse Halbwahrhe­iten im Umlauf. Die größten Winterreif­enMythen im Realitäts-Check.

Sind Winterreif­en Pflicht?

Die Faustforme­l lautet zwar „von O bis O“, also von Oktober bis Ostern, doch einen gesetzlich­en Stichtag, ab dem Winterreif­en aufgezogen sein müssen, gibt es nicht. Hierzuland­e gilt nur eine sogenannte „situative Winterreif­enpflicht“: Nur wenn es die Straßenver­hältnisse erfordern, darf ausschließ­lich mit Winterreif­en gefahren werden – wer dann mit Sommerreif­en unterwegs ist, riskiert ein Bußgeld und Punkte in Flensburg. Wenn jedoch die Sonne scheint und die Straße trocken ist, darf man immer mit Sommerreif­en fahren – egal ob das Thermomete­r Minusgrade anzeigt. Und wer sein Auto bei Schnee, Eis und Reifglätte sowieso in der Garage lässt, kann auf das Aufziehen der Winterreif­en prinzipiel­l verzichten oder Ganzjahres­reifen nutzen, die zwar auch im Winter zugelassen sind, aber laut ADAC auf winterlich­en Straßen nur eine Kompromiss­lösung darstellen.

Experten raten aber, rechtzeiti­g die Reifen zu wechseln: „Spätestens wenn die Temperatur­en dauerhaft unter sieben Grad Celsius sinken, ist es Zeit für die Winterbere­ifung“, sagt Frank Mauelshage­n, Kfz-Experte der Ergo-Versicheru­ngsgruppe. Denn bei sieben Grad und darunter verhärtet die Gummimisch­ung von Sommerreif­en. Winterreif­en bieten den besseren Grip.

Ist der Spritverbr­auch mit Winterreif­en höher?

Früher hatten Winterreif­en ein grobstolli­ges Profil, das einen hohen Rollwiders­tand und auch laute Fahrgeräus­che verursacht­e. Bei modernen Winterreif­en ist das aber nicht mehr so: Die Profilgest­altung von Winterreif­en ähnelt der von Sommerreif­en, wobei die Kältespezi­alisten zusätzlich Lamellen haben. Zudem ist die Gummimisch­ung anders. Der Rollwiders­tand dagegen ist weitgehend gleich, ein Mehrverbra­uch laut ADAC-Angaben nicht mehr messbar. Dennoch kann es Der ADAC hat dieses Jahr für seinen Winterreif­en-Test die Reifen für Vans sowie Kleinwagen unter die Lupe genommen – mit schlechten Resultaten: Rund jeder fünfte der 31 Pneus schneidet demnach „mangelhaft“ab, nur jeder zehnte Reifen erhielt das Testurteil „gut“. Von 15 Reifen in der Dimension 205/65 R16C T für Vans schneidet mit acht Modellen mehr als die Hälfte nur „ausreichen­d“ab, die besten Reifen sind „befriedige­nd“: dass der Spritverbr­auch in den Wintermona­ten höher ist als im Sommer. Das liegt aber vor allem an der Heizung. Vor allem Sitzheizun­gen verbrauche­n viel Energie und sind dadurch wahre Spritfress­er.

Zahlt die Kasko-Versicheru­ng auch bei Unfällen mit Sommerreif­en? Baut man bei winterlich­en Straßenver­hältnissen mit Sommerreif­en eitet Der Testsieger Continenta­l VanContact­Winter (Note 3,0) bekommt die Bestnote auf trockener und nasser Straße, zeigt sich aber relativ schwach auf Eis und beim Verschleiß. Dahinter folgt der Pirelli Carrier Winter (3,3) mit geringem Spritverbr­auch und guten Ergebnisse­n auf trockener Fahrbahn, allerdings mit Schwächen bei Nässe. Etwas besser war das Bild bei den 16 Kleinwagen­reifen in der Dimension 185/65 R15 T: Hier sind mit zehn Stück nen Unfall, wird es meistens richtig teuer: Man setzt dann den Versicheru­ngsschutz zumindest teilweise aufs Spiel. „Verursache­n Autofahrer bei Schnee und Eis mit Sommerreif­en einen Unfall, können sie für den Schaden zur Kasse gebeten werden“, warnt Ergo-Experte Mauelshage­n. Denn bei grober Fahrlässig­keit, als die das vorsätzlic­he Fahren mit falscher Bereifung meist bewersein, mehr als die Hälfte immerhin „befriedige­nd“. Drei wurden sogar mit „gut“bewertet: Der Dunlop Winter Response 2 (2,1) bekam Bestnoten auf Schnee und beim Kraftstoff­verbrauch, der Kleber Krisalp HP3 (2,3) schnitt bei trockenen Straßenver­hältnissen besonders gut ab. Den Pirelli Cinturato Winter (2,3) beschreibt der Autoklub als „ausgeglich­en gut“auf trockenen, nassen und schneebede­ckten Straßen. (czy) wird, kommt die Kfz-Kaskoversi­cherung nicht für Schäden auf. Auch die Kfz-Haftpflich­t kann den Fahrer in Mithaftung nehmen, wenn ein Unfall auf falsche Reifen zurückzufü­hren ist.

Erkennt man Winterreif­en am M+S-Zeichen?

Den Aufdruck „M+S“verstehen viele Autofahrer als sicheres Zeichen dafür, dass sie einen Winterreif­en erworben haben. Doch das kann ein fataler Irrtum sein: Das Kürzel, das für „Matsch und Schnee“steht, ist nämlich nicht rechtlich geschützt und wird von zahlreiche­n NoName-Hersteller­n auch auf Pneus gedruckt, die nicht wintertaug­lich sind. Beim Winterreif­enkauf sollten Autofahrer daher zusätzlich auf das Schneefloc­kensymbol achten. Nur damit gekennzeic­hnete Reifen erfüllen die gesetzlich­e Mindestanf­orderung – und die lautet, dass ein Reifen nur dann als Winterreif­en verkauft werden darf, wenn er im Vergleich zu einem Referenzre­ifen mindestens sieben Prozent bessere Fahreigens­chaften bei winterlich­en Straßenver­hältnissen erzielt.

Reicht eine Profiltief­e von

1,6 Millimeter­n aus?

Gesetzlich vorgeschri­eben ist zwar bei allen Reifen im Sommer wie im Winter lediglich eine Profiltief­e von 1,6 Millimeter­n. Zum eigenen Schutz und dem der anderen Verkehrste­ilnehmer sollte man sich aber nicht allzu nah an diesem Grenzwert orientiere­n. Denn bei glatten Straßen sorgt bei Winterreif­en eine feine Lamellieru­ng der Lauffläche für die bestmöglic­he Haftung. Mit einem gewissen Abnutzungs­grad der Reifen ist diese Lamellieru­ng jedoch nur noch teilweise vorhanden. Der ADAC empfiehlt daher eine Mindestpro­filtiefe von vier Millimeter­n für Winterreif­en. Nachmessen lässt sich das mit einem Zwei-EuroStück: Wenn der silberne Rand ganz im Profil verschwind­et, ist dieses noch tief genug – wenn nicht, ist es Zeit für neue Reifen.

Ein Bußgeld riskiert man aber erst, wenn die Profiltief­e weniger als die vorgeschri­ebenen 1,6 Millimeter beträgt. - -

ADAC-Test: nur wenige gute Winterreif­en erhältlich

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Foto: Andrii Biletskyi, stock.adobe.com Reichen 1,6 Millimeter Profiltief­e wirklich aus? Bei Winterreif­en ist Vorsicht angebracht.

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