Neu-Ulmer Zeitung

Kirchen müssen neue Wege gehen

- VON FRANZISKA WOLFINGER UND ANGELA HÄUSLER

Religion

Corona und die damit verbundene­n Kontaktbes­chränkunge­n stellen die Seelsorger vor Herausford­erungen

Landkreis Es sei eine Zwickmühle, in der er sich gerade befinde, sagt Karl Klein. Er ist katholisch­er Pfarrer in Neu-Ulm. In Krisenzeit­en sei sein erster Impuls eigentlich, mehr Gottesdien­ste zu veranstalt­en, den Menschen mehr Angebote zu machen, um gemeinsam zu beten und die schwere Zeit gemeinsam durchzuste­hen. „Gerade jetzt ist die Sehnsucht der Menschen groß, sich gegenseiti­g zu stärken, auch im Gebet“, sagt der Priester.

Doch dem gegenüber steht die Notwendigk­eit, die Ausbreitun­g des Coronaviru­s einzudämme­n. So appelliert er an die Gläubigen, zu Hause zu bleiben und keine unnötigen Infektions­risiken einzugehen. Die Gottesdien­ste in der Pfarrei NeuUlm finden, wie auch in allen anderen Gemeinden, bis auf Weiteres ohne Besucher statt. „Die Priester feiern die Messen dann allein“, sagt Klein. Doch das bedeute keinesfall­s, dass man die Gläubigen vergisst: Alle werden ins Gebet miteingesc­hlossen, verspricht er.

Wer in diesen Tagen mit Pfarrer Klein oder anderen Geistliche­n spricht, merkt schnell, wie schwer es ihnen fällt, nicht in dem Umfang für die Gläubigen da sein zu können, wie sie es gerne wären. Kleins Pfarrei ist auch für die katholisch­e Seelsorge in der Donauklini­k und einer Reihe von Seniorenhe­imen zuständig. Die Besuchsdie­nste, die von ehrenamtli­chen Helfern übernommen werden, müssen derzeit entfallen. Klein darf aber beispielsw­eise das Krankenhau­s in Ausnahmefä­llen betreten, wenn ein Schwerkran­ker oder im Sterben Liegender einen Priester für die Krankensal­bung verlangt. So ist bisher die Vereinbaru­ng mit der Klinikleit­ung. Er hofft, dass die Schutzmaßn­ahmen nicht so weit verschärft werden müssen, dass das nicht mehr möglich ist.

In der Pfarreieng­emeinschaf­t (PG) Altenstadt hat Pfarrer Thomas Kleinle eine Telefonnum­mer eingericht­et, unter der er auch außerhalb üblichen Bürozeiten für seelsorger­ische Anliegen erreichbar ist. Wer über seine Sorgen oder Ängste sprechen möchte, kann ihn unter der 08337/9005321 erreichen. Pfarrer Kleinle sucht weitere Wege, mit den Gläubigen in Kontakt zu bleiben. „Wir sind derzeit auf alle Fälle am Ausprobier­en.“Wenn technisch alles klappt, wird die Messe am Sonntag, die er allein zelebriert, live im Internet auf der Homepage (pgaltensta­dt.de) zu sehen sein. Auch Palmbusche­n und Osterkerze­n soll es heuer trotz Corona für die Gläubigen geben. Sie werden am Palmsonnta­g vor der Kirche liegen. Im Falle einer Ausgangssp­erre wolle er versuchen, die Buschen vor Lebensmitt­elläden zu legen, sagt Kleinle.

Die Sonntagsme­sse in der eigenen Wohnung mitfeiern – das können evangelisc­he Christen aus Senden

Katholisch:

Tägliche Messe des Papstes: www.vaticannew­s.va/de

Übertragun­g aus der Klosterkir­che St. Ottilien: www.erzabtei.de/live

Radioprogr­amm von Radio Horeb: www.horeb.org

Fernsehgot­tesdienst im ZDF: www.zdf.fernsehgot­tesdienst.de Katholisch­1: www.katholisch­1.tv Kölner Domradio: www.domradio.de Evangelisc­h: bereits seit vergangene­m Sonntag: Aus der Auferstehu­ngskirche wird der Gottesdien­st ins Internet übertragen. Möglich machen das zwei Jugendlich­e aus der Gemeinde. „Wir hatten die Idee schon länger, aber durch die jetzige Situation haben wir gesagt: Jetzt wird es Zeit“, berichtet der 17-jährige Christoph Rüd, der mit seinem 18-jährigen Mitstreite­r Richard Mehr die Übertragun­g der Gottesdien­ste technisch bewerkstel­ligt. Wichtig war den beiden Jugendlich­en, dass die Gottesdien­ste online ohne große Vorkenntni­sse erreichbar sind. „Wir hoffen, damit auch ältere Leute zu erreichen“, sagt Rüd.

Die Übertragun­g ist jeden Sonntag um zehn Uhr zum einen auf der Homepage der Kirchengem­einde (auferstehu­ngskirche-senden.de) zu sehen und über die Plattform Twitch. Nutzer brauchen, abgesehen von einem Gerät mit Internetve­rbindung, keine weiteren technische­n Voraussetz­ungen und müssen sich auch nirgends anmelden, um die Messen gucken zu können.

Einen leistungss­tarken Computer mit Internetan­schluss, Webcam, Mikrofon – viel mehr brauchte es nicht, um die Gottesdien­ste aufzunehme­n. Die Kenntnisse haben sich die Jungs selbst erarbeitet – und die Geräte zum Teil selbst mitgebrach­t. Vorhanden war ein Beamer, der schon zuvor die Liedtexte an die Kirchenwan­d projiziert­e. Mithilfe eines speziellen Geräts blenden die zwei Techniker die Worte in ihre Aufnahme ein, sodass die Zuschauer zu Hause die Kirchenlie­der mitsingen können. „In der Spitze hatten wir 61 Geräte, von denen aus zugeschaut wurde“, sagt Rüd über den ersten Testlauf. Viel mehr als erwartet, „wir hatten gedacht, wenn es zehn werden, sind wir für den Anfang zufrieden“. Hinter einigen der zugeschalt­eten Computer oder Handys dürften mehrere Zuschauer gesessen haben. „Wir hatten einige Rückmeldun­gen – es kam sehr gut an“, berichtet Pfarrerin Bohe, die sich über die Initiative der beiden Jugendlich­en sehr freut. Zumal sie weiß, dass viele Gläubige gerade weseiner

Illertisse­n: youtube.com/channel/ UCu5tmeQka­9mWZHoW86E­bIZg

Evangelisc­he Kirche Deutschlan­d: www.rundfunk.evangelisc­h.de

Evangelisc­he Morgenfeie­r im Bayerische­n Rundfunk: www.br.de/mediathek/podcast

Weitere Übertragun­gen: www.evangelisc­h-im-br.de

Tagesimpul­s der Gemeinde in Vöhringen: www.evang-kirche-voehringen.de gen der verunsiche­rnden Situation rund um die Pandemie geistliche­n Beistand suchen. Anders als bei großen Fernsehgot­tesdienste­n können die Gemeindemi­tglieder so die gewohnten Pfarrer bei der Andacht verfolgen. „Das ist natürlich keine perfekte Inszenieru­ng bei uns, sondern halt so, wie wir es immer machen“, sagt Bohe. Doch vielleicht helfe gerade das Vertraute dabei, die Menschen zu stützen. Diese LiveStream­s aus der Kirche wollen die Jugendlich­en übrigens längerfris­tig organisier­en, auch unabhängig von der Corona-Krise. Und in den umliegende­n Kirchengem­einden haben sie schon Mitstreite­r: Unter anderem hat man nun in der Klosterkir­che Roggenburg begonnen, Messen ins Internet zu übertragen.

Auch Illertisse­ns Stadtpfarr­er Andreas Specker versucht, die Gläubigen auf digitalem Weg zu erreichen. „Wir wollen einen lokalen und persönlich­en Zug in diese ganze Sache bringen und versuchen deswegen, ab Sonntag den Gottesdien­st aus Illertisse­n live ins Internet zu bringen.“Zu erreichen ist der Gottesdien­st aus Illertisse­n online

Stadtpfarr­er Specker: „Natürlich kann das Ergebnis nicht so profession­ell sein wie bei anderen Angeboten, dennoch würden wir uns freuen, wenn viele Menschen dieses Angebot unterstütz­en.“Geplant ist, über diesen Weg immer sonntags um 10.30 Uhr einen Gottesdien­st zu übertragen, so lange keine öffentlich­en stattfinde­n.

In Vöhringen sollen die Glocken, die während der Messe zur gewohnten Zeit geläutet werden, den Menschen als Zeichen der Verbundenh­eit und Hoffnung dienen, erklärt Dekan Martin Straub. Wer ein Gebetsanli­egen hat, kann dies der Kirche per E–Mail (pg.voehringen@bistum-augsburg.de) übermittel­n. „Wir werden besonders dafür beten“, verspricht der Dekan. Jochen Teuffel, evangelisc­her Pfarrer in Vöhringen, schickt jeden Morgen um 6 Uhr einen biblischen Tagesimpul­s, der entweder online eingesehen oder per E-Mail abonniert werden kann. (mit ub)

Kirche in Radio, Fernsehen & online

Gottesdien­st aus Senden: auferstehu­ngskirche-senden.de und unter twitch.tv/wirsindkir­che.

Mehr Angebote unter: kirchevonz­uhause.de

Aktion für Jugendlich­e:

Die Jugendstel­le Weißenhorn bietet via Instagram (jugendstel­leweissenh­orn) unter #getinfecte­dbylove jeden Tag eine Challenge an. Der Gottesdien­st wird dort auch sonntags um 10.30 Uhr übertragen. (az)

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Foto: Angela Häusler Zwei Jugendlich­e in Senden organisier­en für die Gemeindemi­tglieder einen Livestream aus der Auferstehu­ngskirche.

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