Alltag in Corona-Zeiten
Virus Wir haben auf Facebook gefragt, wie sich die Krise auf das tägliche Leben auswirkt. Die Stimmungslage bei den Online-Lesern unserer Zeitung ist gemischt – und jeder macht sich seine eigenen Gedanken und Sorgen
Neu-Ulm/Illertissen Manch einem mag bald die Decke auf den Kopf fallen. Die Sonne scheint, man würde sich gerne mit Freunden ins Eiscafé setzen – aber man soll nicht. Der eine gewöhnt sich langsam an das Homeoffice, der andere fragt sich, wie er seine Kinder in den kommenden Wochen bespaßen soll. Und manch einer schiebt Überstunden. Wir haben über einen Facebook-Aufruf Stimmen gesammelt. Ein Lagebericht aus der Region.
Margit Merk aus Attenhofen bei Weißenhorn kann Personenkontakt kaum meiden, sie arbeitet bei einem ambulanten Pflegedienst: „Ich gehe jeden Tag raus und versorge mit meinen tollen Kollegen zusammen unsere Patienten. Und ich versuche ihnen ein Lächeln zu schenken und trotz allem, aufbauende und motivierende Worte zu finden“, erzählt sie.
Alfred Brandner ist als Rettungsfachkraft, Kampfsportler und Fachlehrer tätig. Er meint: „Wir müssen jetzt insbesondere auch an die Kinder denken, die nun für viele Wochen von Schulen und Sportstätten getrennt sind. Vorleben ist angesagt, denn übliche Lebensabläufe wurden drastisch eingeschränkt. Doch wir dürfen nicht verzagen, die Welt dreht sich weiter.“TaekwondoTraining für Erwachsene und Kinder zu Hause, aber auch nahezu alle anderen Sportmöglichkeiten seien eine sinnvolle und stützende Hilfe, um gegen Ängste anzukommen.
Kurz eine Runde joggen gehen oder eine Sporteinheit zu Hause, hält in diesen Zeiten fit. Das könnte auch eine Empfehlung für diejenigen sein, die jetzt zuhause arbeiten, wie viele Facebook-User aus der Region. Ein Nutzer schreibt: „Ich habe ’Glück’ und kann Homeoffice machen...wäre dennoch lieber im Büro anstatt im Hausarrest.“Er hoffe, dass sich die Lage bald normalisiere. Horst Fuchs aus Roggenburg schreibt zum gleichen Thema: „Home Office ist nicht gleich ausruhen. Es ist sogar schwieriger, den Alltag zu organisieren, die Kinder beim Lernen zu unterstützen und noch nebenher den Haushalt zu erledigen.“Die Lage für Aleyna Karakoç aus Illertissen stellt sich ganz anders dar. Sie macht eine Ausbildung als Verkäuferin an einer Tankstelle und schreibt: „Home Office? Ist mir fremd.“
Marina Pletscher und ihr Mann Thomas sind 61 und 52 Jahre alt. Sie haben derzeit keinen Kontakt zu ihren Kindern und Enkeln. Außerdem sind sie von Kurzarbeit betroffen: „Mein Mann und ich haben jetzt eine Woche Urlaub zu Hause. Wir gehen nur einkaufen, wenn es sein muss.
Nächste Woche ist bei uns in der Gastronomie Kurzarbeit angesagt. Müssen wohl durchhalten bis Mai. Ich wünsche allen eine gute Zeit“, schreibt Marina Pletscher. Sie hat 15 Enkel. Kommende Woche feiert sie ihren Geburtstag – mit ihrem Mann, aber ohne Enkel.
Janina Grieser und ihr Partner erwarten bald ihr zweites Kind, eine Tochter. „Ich habe Gott sei Dank das
Glück, dass ich daheim sein kann, da ich im Mutterschutz bin. Wir haben deswegen keine Probleme mit der Betreuung unseres großen Sohnes“, erzählt Grieser. „Was bei uns gerade Gesprächsthema ist, ist die Entbindung. Da es jeden Moment losgehen könnte, macht man sich schon Gedanken. Noch dürfen die Papas bei der Geburt dabei sein. Aber wie lange noch? Es dürfen keine Besucher ins Krankenhaus, was auch völlig okay ist, aber das mit der Geburt im Kreißsaal macht uns doch sehr zu schaffen. Ich hoffe einfach, dass die Kleine ganz schnell kommt, dass der Papa noch dabei sein kann.“Es sei schließlich für Mama und Papa wichtig, die Geburt gemeinsam zu erleben. In den Facebook-Kommentaren erhält die bald zweifache Mama Zuspruch und Trost. Eine andere Frau erzählt: „Meine KaiserschnittOP wurde vorverlegt, da die Frauenklinik so voll ist. Das war so ein Chaos. Es war zu spüren, dass das Personal wegen der Krise gestresst ist.“
Neben dem Pflege- und Krankenhauspersonal ist auch der Einzelhandel von der aktuellen Situation stark betroffen. Astrid Bosch arbeitet als Kommissioniererin in einem Lager einer großen Drogerie in Ulm. Sie erzählt, dass sie und ihre Kollegen freiwillig Überstunden machen, um den Bürgern gut gefüllte Regale zu sichern. „Ich habe den Eindruck, dass es vielen nicht bewusst oder egal ist, wie die Waren überhaupt im Regal landen“, sagt Bosch unserer Redaktion. Eine andere Facebook-Userin arbeitet im Baumarkt und beschwert sich, dass an ihre Gesundheit nicht gedacht werde. Denn obwohl man nur das Nötigste draußen erledigen sollte, würden immer noch viele Kunden mit Kindern in die Bau- und Gartenmärkte kommen.
Besonders hart getroffen von der Krise wurde Daniel Wolf. Im Gespräch mit unserer Zeitung erzählt er, dass er Ende 2019 über eine Zeitarbeitsfirma eine Stelle als Lagerist gefunden hatte. Vor ein paar Tagen verlor er seinen Job: „Sie haben mir mitgeteilt, dass sie aufgrund der momentanen Lage leider kündigen müssen und ich ab Dienstag nicht mehr kommen brauche.“Aber seit Freitag habe er eine Beschäftigung bei einer anderen Firma. „Mir fiel ein Stein vom Herzen. Trotz allem waren es zwei schlaflose Nächte.“
Auch wenn die aktuelle Lage nervenraubend sein kann: In Gesprächen, ob persönlich oder virtuell, finden viele Halt, Anregungen oder einfach nur Ablenkung.
Weitere Erfahrungen und Kommentare finden Sie im Online-Artikel unter
www.nuz.de/lokales