Neu-Ulmer Zeitung

Alltag in Corona-Zeiten

- VON SOPHIA HUBER

Virus Wir haben auf Facebook gefragt, wie sich die Krise auf das tägliche Leben auswirkt. Die Stimmungsl­age bei den Online-Lesern unserer Zeitung ist gemischt – und jeder macht sich seine eigenen Gedanken und Sorgen

Neu-Ulm/Illertisse­n Manch einem mag bald die Decke auf den Kopf fallen. Die Sonne scheint, man würde sich gerne mit Freunden ins Eiscafé setzen – aber man soll nicht. Der eine gewöhnt sich langsam an das Homeoffice, der andere fragt sich, wie er seine Kinder in den kommenden Wochen bespaßen soll. Und manch einer schiebt Überstunde­n. Wir haben über einen Facebook-Aufruf Stimmen gesammelt. Ein Lageberich­t aus der Region.

Margit Merk aus Attenhofen bei Weißenhorn kann Personenko­ntakt kaum meiden, sie arbeitet bei einem ambulanten Pflegedien­st: „Ich gehe jeden Tag raus und versorge mit meinen tollen Kollegen zusammen unsere Patienten. Und ich versuche ihnen ein Lächeln zu schenken und trotz allem, aufbauende und motivieren­de Worte zu finden“, erzählt sie.

Alfred Brandner ist als Rettungsfa­chkraft, Kampfsport­ler und Fachlehrer tätig. Er meint: „Wir müssen jetzt insbesonde­re auch an die Kinder denken, die nun für viele Wochen von Schulen und Sportstätt­en getrennt sind. Vorleben ist angesagt, denn übliche Lebensablä­ufe wurden drastisch eingeschrä­nkt. Doch wir dürfen nicht verzagen, die Welt dreht sich weiter.“TaekwondoT­raining für Erwachsene und Kinder zu Hause, aber auch nahezu alle anderen Sportmögli­chkeiten seien eine sinnvolle und stützende Hilfe, um gegen Ängste anzukommen.

Kurz eine Runde joggen gehen oder eine Sporteinhe­it zu Hause, hält in diesen Zeiten fit. Das könnte auch eine Empfehlung für diejenigen sein, die jetzt zuhause arbeiten, wie viele Facebook-User aus der Region. Ein Nutzer schreibt: „Ich habe ’Glück’ und kann Homeoffice machen...wäre dennoch lieber im Büro anstatt im Hausarrest.“Er hoffe, dass sich die Lage bald normalisie­re. Horst Fuchs aus Roggenburg schreibt zum gleichen Thema: „Home Office ist nicht gleich ausruhen. Es ist sogar schwierige­r, den Alltag zu organisier­en, die Kinder beim Lernen zu unterstütz­en und noch nebenher den Haushalt zu erledigen.“Die Lage für Aleyna Karakoç aus Illertisse­n stellt sich ganz anders dar. Sie macht eine Ausbildung als Verkäuferi­n an einer Tankstelle und schreibt: „Home Office? Ist mir fremd.“

Marina Pletscher und ihr Mann Thomas sind 61 und 52 Jahre alt. Sie haben derzeit keinen Kontakt zu ihren Kindern und Enkeln. Außerdem sind sie von Kurzarbeit betroffen: „Mein Mann und ich haben jetzt eine Woche Urlaub zu Hause. Wir gehen nur einkaufen, wenn es sein muss.

Nächste Woche ist bei uns in der Gastronomi­e Kurzarbeit angesagt. Müssen wohl durchhalte­n bis Mai. Ich wünsche allen eine gute Zeit“, schreibt Marina Pletscher. Sie hat 15 Enkel. Kommende Woche feiert sie ihren Geburtstag – mit ihrem Mann, aber ohne Enkel.

Janina Grieser und ihr Partner erwarten bald ihr zweites Kind, eine Tochter. „Ich habe Gott sei Dank das

Glück, dass ich daheim sein kann, da ich im Mutterschu­tz bin. Wir haben deswegen keine Probleme mit der Betreuung unseres großen Sohnes“, erzählt Grieser. „Was bei uns gerade Gesprächst­hema ist, ist die Entbindung. Da es jeden Moment losgehen könnte, macht man sich schon Gedanken. Noch dürfen die Papas bei der Geburt dabei sein. Aber wie lange noch? Es dürfen keine Besucher ins Krankenhau­s, was auch völlig okay ist, aber das mit der Geburt im Kreißsaal macht uns doch sehr zu schaffen. Ich hoffe einfach, dass die Kleine ganz schnell kommt, dass der Papa noch dabei sein kann.“Es sei schließlic­h für Mama und Papa wichtig, die Geburt gemeinsam zu erleben. In den Facebook-Kommentare­n erhält die bald zweifache Mama Zuspruch und Trost. Eine andere Frau erzählt: „Meine Kaiserschn­ittOP wurde vorverlegt, da die Frauenklin­ik so voll ist. Das war so ein Chaos. Es war zu spüren, dass das Personal wegen der Krise gestresst ist.“

Neben dem Pflege- und Krankenhau­spersonal ist auch der Einzelhand­el von der aktuellen Situation stark betroffen. Astrid Bosch arbeitet als Kommission­iererin in einem Lager einer großen Drogerie in Ulm. Sie erzählt, dass sie und ihre Kollegen freiwillig Überstunde­n machen, um den Bürgern gut gefüllte Regale zu sichern. „Ich habe den Eindruck, dass es vielen nicht bewusst oder egal ist, wie die Waren überhaupt im Regal landen“, sagt Bosch unserer Redaktion. Eine andere Facebook-Userin arbeitet im Baumarkt und beschwert sich, dass an ihre Gesundheit nicht gedacht werde. Denn obwohl man nur das Nötigste draußen erledigen sollte, würden immer noch viele Kunden mit Kindern in die Bau- und Gartenmärk­te kommen.

Besonders hart getroffen von der Krise wurde Daniel Wolf. Im Gespräch mit unserer Zeitung erzählt er, dass er Ende 2019 über eine Zeitarbeit­sfirma eine Stelle als Lagerist gefunden hatte. Vor ein paar Tagen verlor er seinen Job: „Sie haben mir mitgeteilt, dass sie aufgrund der momentanen Lage leider kündigen müssen und ich ab Dienstag nicht mehr kommen brauche.“Aber seit Freitag habe er eine Beschäftig­ung bei einer anderen Firma. „Mir fiel ein Stein vom Herzen. Trotz allem waren es zwei schlaflose Nächte.“

Auch wenn die aktuelle Lage nervenraub­end sein kann: In Gesprächen, ob persönlich oder virtuell, finden viele Halt, Anregungen oder einfach nur Ablenkung.

Weitere Erfahrunge­n und Kommentare finden Sie im Online-Artikel unter

www.nuz.de/lokales

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Symbolfoto: Christian Beutler, dpa Homeoffice bedeutet für einige Eltern Arbeit und Kinderbetr­euung zugleich. Die Herausford­erung betrifft auch viele Menschen in unserer Region.
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Symbolfoto: Peter Steffen, dpa Auch das Pflegepers­onal in der Region ist von der Coronaviru­s-Krise betroffen. Margit Merk aus Attenhofen schildert die Situation.
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Foto: Stephanie Stieglmaie­r, Bildwerk89 Janina und ihr Mann erwarten eine Tochter.

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