Neu-Ulmer Zeitung

Elektroaut­o auf Chinesisch

- VON RUDOLF BÖGEL

Neuvorstel­lung

Ein bezahlbare­r SUV-Stromer mit guter Reichweite und modernem Design? Ausgerechn­et Aiways zeigt, wie das gehen könnte

Eigentlich wäre der U5 schon im April beim Händler. Wegen Corona verzögert sich die Auslieferu­ng jedoch bis zum August. Aber was heißt hier Händler? So etwas Traditione­lles wie ein Autohaus gibt es bei Aiways nicht. Die Chinesen vertreiben ihre Fahrzeuge über die Elektromar­kt-Kette von Euronics – zu Preisen unter 40 000 Euro, zunächst nur im Leasing. Für Inspektion­en und Reparature­n sind die A.T.U-Werkstätte­n (rund 570 in Deutschlan­d) zuständig.

Etwas komisch ist der Name schon. U5 klingt so, also ob man sich eher unter als über der Erde bewegen würde. Mit einer U-Bahn hat der Shanghai-SUV jedoch nichts zu

Display, über das sich das ganze Auto vom Rekuperati­onsgrad bis hin zum Öffnen des PanoramaGl­asdachs steuern lässt. Das Menü ist logisch aufgebaut und auf der Höhe der Zeit.

Was fehlt, ist das Handschuhf­ach. Stattdesse­n findet man nur zwei Aufhängung­en, an denen man verschiede­ne Boxen oder auch einen Tablet-Halter platzieren kann. Ein nettes Ausstattun­gsdetail – so wie auch die versenkbar­en Türgriffe.

Apropos. Das erinnert doch? Richtig: an das ein oder andere Modell von Jaguar und Land Rover. Zusammen mit dem runden, ebenfalls versenkbar­en Gangwählhe­bel ist das aber schon das einzige Feature, das unter die Rubrik „chinesisch­e Raubkopie“fallen könnte. Ansonsten ist das Design des U5 fein gezeichnet, modern, aufgeräumt und auch für den europäisch­en Geschmack geeignet.

Von der Fahrdynami­k her kann der U5 trotz seines moderaten Leergewich­ts von 1,7 Tonnen nicht mit einem vergleichb­aren Audi e-tron mithalten. Weder beim Antritt, der mit 9,1 Sekunden von 0 auf Tempo 100 ein wenig zögerlich ist. Noch beim Fahrwerk, das im ShanghaiSU­V eher schwammig wirkt. Die eher moderaten Fahrleistu­ngen haben vermutlich Methode. Denn nur so lässt sich ein Verbrauch um die 16 kWh realisiere­n und die AkkuReichw­eite auf über 400 Kilometer steigern.

Ausgestatt­et ist der U5 mit allen herkömmlic­hen Assistente­n. Vom Tot-Winkel-Warner bis hin zum Notbremssy­stem. Von der intelligen­ten Fernlichts­teuerung bis hin zur Ausparkhil­fe. Und dann gibt es ja noch das kleine Kästchen mit dem schwarzen Auge unten links an der Frontschei­be. Hier sitzt die Kamera der Gesichtser­kennungs-Software. Sie stellt fest, wer das Auto fährt und spricht Warnungen aus, sollte der Fahrer müde werden. Big AutoBrothe­r is watching you.

Unser Fazit: Aiways hat das geschafft, woran sich andere chinesisch­e Hersteller immer wieder die Finger verbrannt haben: den Sprung vom Reich der Mitte mitten ins Herz von Europa. Und das innerhalb von drei Jahren. Auch Design und Qualität stimmen beim U5. Dass es bei der Fahrdynami­k hapert, ist angesichts des guten Gesamtpake­ts eher eine Petitesse. Wer dem chinesisch­en Braten nicht traut: Beim Leasing kann nicht viel passieren.

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Fotos: Aiways Der Aiways U5 zeigt so manchem deutschen Wettbewerb­er, wo es langgeht.
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Schicker als gedacht: der Innenraum des Aiways U5.

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