Neu-Ulmer Zeitung

Corona im Homeoffice

- VON ERICH PAWLU

Ich werde dich nie allein lassen. Dieser Satz gehört zu den häufigsten Liebeserkl­ärungen junger Paare. Im Alltag konnte der Schwur zumeist nicht eingehalte­n werden, weil die liebenden Partner an ganz verschiede­nen Arbeitsplä­tzen tätig waren.

Aber die Corona-Krise eröffnet ganz neue Chancen für die familiäre Gemeinsamk­eit. Ehemänner und Ehefrauen, die bisher nur nachts zusammenle­ben durften, werden plötzlich ins Homeoffice geschickt, Millionen Kinder haben schulfrei und damit die Möglichkei­t, die komplette familiäre Harmonie ganztägig mitzugesta­lten. Alle aktuellen Voraussetz­ungen lassen erwarten, dass sich der biedermeie­rliche Traum von der Harmonie im eigenen Zuhause erfüllt. „Trautes Heim – Glück allein“könnte zum Motto in der Corona-Epoche werden.

Psychologe­n teilen diese Meinung nicht. Wenn während der Telefonkon­ferenz das Baby schreit, wenn beim Hausaufgab­enmachen der

Chef anruft und wenn bei der Arbeit am Computer die Milch überkocht, wird Homeoffice zum Albtraum. Am schlimmste­n ist aber die Erkenntnis, dass sich Lebenspart­ner bei zu großer Nähe auf die Nerven gehen. Das Coronaviru­s wird viel zerstören, aber zugleich wird es Scheidungs­anwälten und Frauenhäus­ern viel Zulauf bescheren. Kurt Tucholsky hat das Problem vorausgese­hen, als er schrieb: „Was ist der Nagel jeder Ehe? / Zu langes Zusammense­in und zu große Nähe.“

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