Corona im Homeoffice
Ich werde dich nie allein lassen. Dieser Satz gehört zu den häufigsten Liebeserklärungen junger Paare. Im Alltag konnte der Schwur zumeist nicht eingehalten werden, weil die liebenden Partner an ganz verschiedenen Arbeitsplätzen tätig waren.
Aber die Corona-Krise eröffnet ganz neue Chancen für die familiäre Gemeinsamkeit. Ehemänner und Ehefrauen, die bisher nur nachts zusammenleben durften, werden plötzlich ins Homeoffice geschickt, Millionen Kinder haben schulfrei und damit die Möglichkeit, die komplette familiäre Harmonie ganztägig mitzugestalten. Alle aktuellen Voraussetzungen lassen erwarten, dass sich der biedermeierliche Traum von der Harmonie im eigenen Zuhause erfüllt. „Trautes Heim – Glück allein“könnte zum Motto in der Corona-Epoche werden.
Psychologen teilen diese Meinung nicht. Wenn während der Telefonkonferenz das Baby schreit, wenn beim Hausaufgabenmachen der
Chef anruft und wenn bei der Arbeit am Computer die Milch überkocht, wird Homeoffice zum Albtraum. Am schlimmsten ist aber die Erkenntnis, dass sich Lebenspartner bei zu großer Nähe auf die Nerven gehen. Das Coronavirus wird viel zerstören, aber zugleich wird es Scheidungsanwälten und Frauenhäusern viel Zulauf bescheren. Kurt Tucholsky hat das Problem vorausgesehen, als er schrieb: „Was ist der Nagel jeder Ehe? / Zu langes Zusammensein und zu große Nähe.“