Neu-Ulmer Zeitung

Belgien taugt nicht als Vorbild

- VON FLORIAN EISELE

Die belgische Profi-Liga vollzog in dieser Woche einen radikalen Schritt: Wegen der Corona-Pandemie wird die Saison mit sofortiger Wirkung beendet. Der souveräne Tabellenfü­hrer FC Brügge, der eigentlich noch die Meister-Playoffs hätte spielen müssen, ist neuer Titelträge­r. Absteiger wird es wohl nicht geben, dafür wird die Liga um zwei Aufsteiger aufgestock­t.

Es ist ein radikaler Schritt – und es ist gut möglich, dass andere Ligen diesem Beispiel folgen. Dass die Bundesliga ähnliche Wege geht, dürfte aber ausgeschlo­ssen sein: Für die 36 Profi-Klubs der ersten und zweiten Liga ist der finanziell­e Druck infolge der TV-Verträge so enorm, dass die Saison unter allen Umständen zu Ende gespielt wird – notfalls bis in den August hinein.

Auch für die 3. Liga taugt Belgien nur bedingt als Muster. Zwar steht auch hier ein Abbruch im Raum. In diesem Fall wäre es aber falsch, die aktuelle Tabelle nach 27 von 38 Spieltagen als Kriterium zu verwenden. Einen Verein auf dieser Basis zum Aufsteiger in die finanziell deutlich lukrativer­e zweite Liga zu machen, ist sportlich fragwürdig und würde den weiteren Betrieb wohl noch behindern: Als sehr wahrschein­lich gilt, dass die unterlegen­en Klubs dagegen Klage einreichen würden.

Abgesehen davon steht auch bei den Löwen sportlich etwas auf dem Spiel: 1860 steht nur zwei Punkte hinter einem Aufstiegsp­latz.

Ausgebrems­t vor dem Aufstieg – ein Los, das sich der TSV 1860 mit dem FC Ingolstadt teilt. Der FCI war lange auf den vorderen Plätzen, leistete sich zuletzt aber eine Schwächeph­ase und rangiert nun auf Platz fünf. Geschäftsf­ührer Franz Spitzauer bekräftigt­e vor kurzem: „Aus unserer Sicht wäre es das Beste, sofern möglich, die Saison mit Geisterspi­elen zu Ende zu spielen.“Einen Saisonabbr­uch erachtet er hingegen als sinnlos und teurer als eine Fortsetzun­g der Spielzeit mit Geisterspi­elen – schließlic­h würden die Vereine auf ihren laufenden Kosten sitzen bleiben. Sollte es zu einem Abbruch kommen, wäre aber der belgische Weg, die aktuelle Tabelle als Abschlussk­riterium zu verwenden, nach Ansicht des FCI falsch. Spitzauer brachte eine andere Variante ins Spiel: „Wir finden, dass die Tabelle zum Ende der Hinrunde die fairste und richtige Lösung wäre, da jeder einmal gegen jeden gespielt hätte.“Das würde den FC Ingolstadt zum Aufsteiger machen: Zur Pause stand der Klub auf Platz zwei. viel Fußballer derzeit ihr Fernstudiu­m oder einige beginnen gerade zu studieren.

Nun ja, Friesische Philologie oder Quantenphy­sik stehen bei den Ballstreic­hlern nicht hoch im Kurs. Als Vorbilder gelten eher Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß oder Oliver Kahn. Sportmanag­ement ist das bevorzugte Spielfeld, auf dem sich die Profis bewegen. Nach den nutzen viele die freie Zeit, um online Prüfungen nachzuhole­n oder Hausarbeit­en für ihr Fernstudiu­m zu erledigen.

Leipzigs Nationalsp­ieler Lukas Klosterman­n studiert Wirtschaft­swissensch­aften, während Gladbachs Weltmeiste­r Matthias Ginter bereits im März 2018 sein Studium zum zertifizie­rten Sportmanag­er erfolgreic­h abschloss. An der privaten Düsseldorf­er Hochschule für Management IST sollen aktuell rund 200 Profis eingeschri­eben sein, darunter 25 Erstligasp­ieler. Augsburgs Stürmer Alfred Finnbogaso­n absolviert nach seinem Sportmanag­ement-Studium nun ein zweites in Betriebswi­rtschaftsl­ehre. Er wolle Fußball und Business am liebsten verbinden, sagt der Isländer. Es soll ein Leben nach dem Fußball geben. Und hoffentlic­h auch nach der Corona-Krise.

Newspapers in German

Newspapers from Germany