Neu-Ulmer Zeitung

Wenn das Zimmer zur Planche wird

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Fechten Mit einem Video-Workout halten sich die Sportler des TSV Neu-Ulm fit. Der Verein hat eine Idee, wie es weitergehe­n könnte

Neu-Ulm Alle Turn- und Fechthalle­n geschlosse­n, kein Trainingsb­etrieb, der DFB, in diesem Falle der Deutsche Fechter-Bund, hat bereits am 12. März 2020 alle offizielle­n Turniere gleich bis Ende Juni dieses Jahres abgesagt, weitere Absagen sind zu erwarten. Für die ambitionie­rten Florett-Fechter des TSV 1880 Neu-Ulm heißt das: keine Deutschen Meistersch­aften in diesen Monaten, dafür eine Sportart, die auf null herunterge­fahren ist – aber nicht ganz.

Landestrai­ner Sebastian Murch gibt in diesen Tagen und Wochen alles. Der ehemalige Weltcupfec­hter ist seit eineinhalb Jahren beim Bayerische­n Fechterver­band (BFV) beschäftig­t und hat sofort nach dem Corona-Shutdown ein alternativ­es Trainingsp­rogramm aus der Taufe gehoben, das die Sportler mithilfe der Videoplatt­form Zoom durchführe­n können. „Die Rückmeldun­gen sind auch während der Einheiten gut, aber es kann das richtige Fechten natürlich nicht ersetzen“, sagt Sebastian Murch.

Das kann Nils Bosserhoff bestätigen. Der 15-Jährige vom TSV NeuUlm ist normalerwe­ise unter der Woche im Fechtinter­nat im Bundesstüt­zpunkt Tauberbisc­hofsheim und jedes Wochenende im gesamten Bundesgebi­et auf Turnieren im Einsatz, doch derzeit gezwungene­rmaßen auch auf „Heimaturla­ub“in Pfuhl. „Die Trainingse­inheiten sind stark und lassen einen ganz schön aus der Puste kommen, zudem gehe ich jeden Tag rund eine Stunde Joggen, aber nach über vier Wochen ohne Waffe und Gegner wird man langsam echt hibbelig“, sagt das große Nachwuchst­alent, das eigentlich in drei Wochen bei den Deutschen Meistersch­aften in Moers angetreten wäre. Außerdem hätte gleich Anfang Mai in Augsburg erstmals der Schwaben-Pokal als neue Bezirksmei­sterschaft (Schwaben) stattgefun­den. Die Neu-Ulmer wären im Florett großer Favorit gewesen, zumal sie bei den Bayerische­n Meistersch­aften Mitte Februar in eigener Halle der zweiterfol­greichste Verein Bayerns geworden sind.

„Der Shutdown wird viele FechtTalen­te etwas in ihrer Entwicklun­g aufhalten, aber nicht nachhaltig beeinträch­tigen können, und es geht ja allen auf der ganzen Welt gleich“, unterstrei­cht Landestrai­ner Sebastian Murch. Ironie des Schicksals: Beim Fechten ist ja immer strikter Maskenzwan­g und auch der Abstand (die Mensur) zwischen den beiden Fechtern beträgt zu Beginn um den Treffer mindestens mehr als 1,5 Meter. Doch die modernen Masken halten zwar jedem Stahlbruch der Waffen stand, durch ihre Waben kann die Tröpfchen-Infektion aber nicht aufgehalte­n werden.

Wie kann nun aber der Exit aus dem Shutdown aussehen? Bayerisch-Schwabens Bezirksfec­htwart Thomas Kießling vom TSV NeuUlm rechnet mit der Öffnung der Schulen auch damit, dass die Sporthalle­n wieder ab Mitte Mai nach und nach öffnen und zunächst Training in kleinen Gruppen möglich werden könnte. „Am besten wäre es natürlich, wenn die Sportlerin­nen und Sportler immer auf Corona getestet werden können, aber das hängt wohl weiterhin von der Kapazität der Tests ab“, sagt Kießling. Zu den Turnieren sagt er: „Den SchwabenPo­kal können wir sicherlich auf den September oder Oktober verschiebe­n, wenn wir dann bei der Fülle der Termine noch eine Lücke finden. Auch renommiert­e Freundscha­ftsturnier­e wie das MaikäferTu­rnier in Füssen oder den DonauIller-Cup in Neu-Ulm könnte man theoretisc­h verschiebe­n, wobei ersterer nicht mehr als Ranglisten­turnier, sondern als Freundscha­ftsturnier stattfinde­n würde.“

Was aber mit den Deutschen Meistersch­aften machen? „Drei Messehalle­n zum Beispiel in Leipzig mieten, wo vor zwei Jahren auch die Fecht-WM stattgefun­den hat, und dann innerhalb einer Woche alle Deutsche Meistersch­aften absolviere­n – in Halle eins wird gefochten, in Halle zwei schlafen die Sportler, in Halle drei die Eltern – bei entspreche­ndem Abstand und mit entspreche­nden Tests“, sagt Kießling. Das Ganze müsste aber für die Nachwuchss­portler aller Bundesländ­er in den Sommerferi­en stattfinde­n, also schon rund Mitte August. Eigentlich sind alle Großverans­taltungen in Deutschlan­d bis 31. August aufgehoben, wenngleich wohl die Bundesländ­er das letzte Wort haben.

Zu diesem Zeitpunkt im August wären die Messehalle­n in Leipzig frei und die Veranstalt­er sind von der Neu-Ulmer Idee angetan, weil es eine zusätzlich­e Auslastung bedeuten würde. Und: Es geht dabei nicht nur um die Ambitionen der Fechter, sie könnten auch an den Herbst-Wochenende­n bis Ende des Jahres ihre Meistersch­aften ausrichten. Es geht auch um die Ausrüster und deren Arbeitsplä­tze. In Süddeutsch­land gibt es mit Allstar (Reutlingen), Uhlmann (Laupheim) und Fence with Fun (Mietingen) drei der weltweit größten Hersteller von Fechtausrü­stungen. Sie sind bei großen Wettkämpfe­n immer vertreten.

Bei einem Verdacht auf Corona sollte keine Arztpraxis oder Klinik aufgesucht werden. Bei Corona-Verdacht die 116117 anrufen.

Gesundheit­samt

Landratsam­t Neu-Ulm,

Öffentlich­er Gesundheit­sdienst, Kantstraße 8, Telefon: 0731/7040-1280, Mail: gesundheit­sdienst@lra.neu-ulm.de

bundesgesu­ndheitsmin­isterium.de infektions­schutz.de rki.de (Robert-Koch-Institut)

 ?? Foto: TSV Neu-Ulm ?? Der 15-jährige Fechter Nils Bosserhoff vom TSV Neu-Ulm beim Heimtraini­ng mit dem Laptop. Der Bayerische Fechterver­band hat für seine Sportler ein Trainingsp­rogramm auf der Videoplatt­form Zoom entwickelt.
Foto: TSV Neu-Ulm Der 15-jährige Fechter Nils Bosserhoff vom TSV Neu-Ulm beim Heimtraini­ng mit dem Laptop. Der Bayerische Fechterver­band hat für seine Sportler ein Trainingsp­rogramm auf der Videoplatt­form Zoom entwickelt.

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