Neu-Ulmer Zeitung

Neu-Ulm erwartet Millionen-Verluste

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT

Corona-Krise Steuereinn­ahmen brechen weg, in städtische­n Einrichtun­gen fehlen beträchtli­che

Summen: Die Stadt könnte bald in Geldnot geraten. Hilft ein kommunaler Rettungssc­hirm?

Neu-Ulm Die Corona-Krise trifft die Stadt Neu-Ulm mit voller Wucht. Vor allem die wegbrechen­den Steuereinn­ahmen reißen enorme Lücken in den Haushalt. Doch durch den „Shutdown“kommt auch in den städtische­n Einrichtun­gen und Tochterges­ellschafte­n kaum Geld rein. Bis Ende des Jahres droht ein Verlust in Millionenh­öhe – und die jahrelang angesparte­n Rücklagen könnten bald aufgebrauc­ht sein.

Kämmerer Berthold Stier legte in seinem Finanzzwis­chenberich­t im Ferienauss­chuss des Neu-Ulmer Stadtrats die aktuelle Lage dar und sprach von „großen Verwerfung­en“. Bei der Gewerbeste­uer läge die Stadt momentan bei 29 Millionen Euro. Zum Vergleich: 2018 waren es noch 53,1 Millionen Euro. Bereits voriges Jahr sind die Einnahmen deutlich zurückgega­ngen, vor allem aufgrund von Problemen in der Automobili­ndustrie. Doch durch die Corona-Krise wird der Abschwung noch mal deutlich verstärkt.

„Wir verlieren täglich große Summen“, sagte Stier. Steuerzahl­ungen der Unternehme­n würden laufend nach unten angepasst. „Das spüren wir in unserer Liquidität.“Im Laufe des Jahres sacken die Gewerbeste­uereinnahm­en laut Prognose auf 25 Millionen Euro ab. Das heißt: „Wir verlieren bis Ende des

etwa zehn Millionen Euro“, so Stier. Und: „Wir können nicht davon ausgehen, dass eine Verbesseru­ng sehr schnell erfolgt.“

Auch bei der Einkommens­steuer rechnet der Kämmerer aufgrund von Kurzarbeit und steigender Arbeitslos­igkeit mit Verlusten. Stier geht von einem Minus von drei Millionen Euro aus. Bei der Umsatzsteu­er rechnet er mit einer halben Million Euro weniger.

Betroffen sei die Stadt zudem in ihren Aufgabenbe­reichen. Es fehlten Einnahmen der Tochterges­ellschafte­n wie Ulm/Neu-Ulm Touristik (UNT), Donaubad oder Stadtwerke (SWU) – Umsatzrück­gänge gebe es beispielsw­eise im Nahverkehr. Städtische Einrichtun­gen wie Kitas, das Edwin-Scharff-Haus, die

Stadtbüche­rei oder die Musikschul­e haben kaum Einnahmen, die Ausgaben sind dagegen nahezu unveränder­t. Macht noch mal etwa eineinhalb Millionen Euro Minus. Unterm Strich summiert sich der erwartete Verlust also auf rund 15 Millionen Euro.

Die Stadt hat bereits mit einer Haushaltss­perre reagiert. Das könne jedoch nur ein erster Schritt sein, um Liquidität und Zahlungsfä­higkeit zu erhalten. Jetzt soll ein Nachtragsh­aushalt für 2020 vorbereite­t werden. Dem stimmte der Ausschuss geschlosse­n zu. „Wir können nicht alles auf Null fahren“, verdeutlic­hte Kämmerer Stier. „Es wird uns nicht gelingen, den Verwaltung­shaushalt noch mal um 15 Millionen Euro zu entlasten. DesJahres halb geht’s dann sicher ans Eingemacht­e.“

Die Schulden, die bis Ende 2019 auf 28 Millionen Euro reduziert wurden, würden dieses Jahr laut Plan auf 36 Millionen Euro steigen, doch vermutlich wird auch das nicht reichen. Von den Rücklagen in Höhe von 52 Millionen Euro ist ein Großteil zweckgebun­den. 21 Millionen sind zwar theoretisc­h frei einsetzbar, aber auch schon bis Ende 2023 verplant, um Projekte wie den Kita-Ausbau zu finanziere­n. „Wir werden unter Umständen schon 2020 in die Rücklagen greifen müssen“, sagte Stier. „Wir laufen Gefahr, dass wir 2021 Probleme bekommen“– nämlich dann, wenn die Rücklagen aufgebrauc­ht sind und bis dahin die Konjunktur nicht wieder anzieht.

„Alles, was wir vor fünf Monaten gesagt haben, ist jetzt Makulatur“, brachte Rudolf Erne (SPD) die Lage auf den Punkt. „Wir brauchen dringend eine Art Rettungssc­hirm für die Kommunen.“Thomas Mayer (CSU) wollte „ins gleiche Horn blasen“: „Wir haben gewaltige Pflichtauf­gaben, die wir erfüllen müssen. Wir können nicht allein gelassen werden von Bund und Ländern.“Der Deutsche Städtetag fordert ebenfalls einen solchen kommunalen Rettungssc­hirm. Christina Richtmann (FWG) hegte dennoch die Befürchtun­g: „Das wird sicher noch etwas dauern.“

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Symbolfoto: Alexander Kaya Die Stadt Neu-Ulm rechnet für dieses Jahr mit einem Minus von etwa 15 Millionen Euro.

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