Der Ami kommt
Konrad Gallenmüller, Dillingen, damals im Ortsteil Donaualtheim Am Sonntag, den 22. April 1945, fuhr die amerikanische Armee von Westen her auf Donaualtheim zu. Ich war damals noch nicht in der Schule, kann mich aber an die Geschehnisse noch gut erinnern.
Meine Großmutter lief vom Dorf her kommend auf unser Haus zu, schlug die Hände überm Kopf zusammen und rief laut: „Der Ami kommt, der Ami kommt.“Meine Mutter gab gerade vier jungen deutschen Soldaten eine Suppe zum Essen. Als diese dies hörten, warfen sie den Löffel zur Seite und fuhren blitzschnell mit ihrem Jeep Richtung Dillingen. An der Donaubrücke wurden sie gestoppt und fuhren links der Donau entlang weiter und auf eine Mine. Alle vier jungen Soldaten waren tot.
Zeitgleich kamen zwei deutsche Landser mit Karabiner und Panzerfaust auf unser Haus zu und wollten Unterschlupf. Schnell gab meine Mutter den beiden das Stallgewand meines Vaters zum Umziehen, bevor sie sich im Stroh versteckten. Schon kamen US-Soldaten in den Stadel, hörten ein Geraschel und einer stieg die senkrechte hohe Leiter hinauf. Vermutlich hatte er Angst und stieg vor dem Ziel wieder zurück. Panzerfaust und Gewehr waren in der Trommel des Breitdreschers versteckt. Die Amis belagerten den Hof und Garten mit Panzern und Geschützen und belegten die Wohnräume. Großmutter, Tante, drei Kinder und die hochschwangere Mutter mussten im Rübenkeller auf Stroh übernachten. Einmal stieg in der Nacht ein Farbiger mit Taschenlampe und vorgehaltener Pistole in den Keller und suchte vermutlich nach den deutschen Soldaten. Die Angst meiner Mutter war riesengroß, weil sie ja die beiden versteckten Männer heimlich mit Essen und Trinken versorgt hat.
Nach einiger Zeit waren die amerikanischen Soldaten aber für uns Kinder zugänglich, ließen uns auf ihre Panzer steigen und gaben uns sogar Schokolade. Die aus Baumstämmen errichteten Panzersperren konnten die Militärfahrzeuge nicht aufhalten. Unseren zwei versteckten Landsern wurde es zu unsicher. Einer, der aus Tapfheim war, suchte um Mitternacht über den Wald das Weite, und der Niederbayer riskierte nach zwei Wochen, dass er irgendwie unbehelligt zu Fuß nach Hause kommt.