Was man zur Altersteilzeit wissen muss
Hintergrund Ältere Beschäftigte können schrittweise aus dem Job aussteigen. Allerdings muss das Unternehmen
mitspielen. Und eines ist auch klar: Man wird in dem Modell weniger verdienen
Berlin Es ist der Traum von vielen älteren Arbeitnehmern: Weniger arbeiten und mehr freie Zeit haben – für die Familie etwa oder für Hobbys. Ein Weg hin zu diesem Ziel kann Altersteilzeit sein. Hierbei reduzieren Beschäftigte die Arbeitszeit um die Hälfte und steigen so nach und nach aus dem Job aus. Das klingt zunächst verlockend. Doch Altersteilzeit ist nicht für jeden eine vernünftige Option, betont Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Gütersloh.
„Jeder, der sich für das Modell interessiert, sollte erst einmal ausloten, ob er oder sie sich das überhaupt finanziell leisten kann, auch mit Blick auf die spätere Rente.“Denn klar muss sein: Während der Altersteilzeit verdient der Beschäftigte weniger. Zwar stockt der Arbeitgeber das Entgelt auf. Gleiches gilt für die Beiträge zur Rentenversicherung. Allerdings in beiden Fällen nicht auf 100 Prozent. Neben einem geringeren Verdienst gibt es also später auch weniger Rente.
Die Rentenversicherung oder ein Rentenberater können helfen zu errechnen, ob die Altersteilzeit für einen infrage kommt. Ist dies der Fall, müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein. „Zum einen muss der Beschäftigte mindestens 55 Jahre alt sein“, sagt die Rechtsanwältin Judith Kerschbaumer von der Gewerkschaft Verdi. Vor Beginn einer möglichen Altersteilzeit muss er mindestens etwa drei Jahre versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein. Zum anderen: Der Arbeitgeber muss mitspielen.
„Einen Rechtsanspruch auf Altersteilzeit haben Beschäftigte nicht“, stellt Schipp klar. Ansprüche können aber in Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen festgelegt sein. Wenn solche Regeln nicht existieren, kann der Arbeitgeber auf freiwilliger Basis grünes Licht für einen früheren Ausstieg des Beschäftigten geben. „Interessierte müssen also mit ihrem Chef reden“, so Kerschbaumer. Willigt der Arbeitgeber ein, setzt sich das Entgelt in der Altersteilzeit aus dem bisherigen hälftigen sozialversicherungspflichtigen Entgelt und dem Aufstockungsbetrag zusammen.
Der Aufstockungsbeitrag muss laut Gesetz bei mindestens 20 Prozent des Entgelts in der Altersteilzeit liegen. „Der Beschäftigte kann auch eine Aufstockung des Arbeitgebers über 20 Prozent hinaus aushandeln“, so Schipp. Er weiß von Fällen, bei denen Arbeitnehmer in Altersteilzeit auf bis zu 90 Prozent ihrer ursprünglichen Bezüge kamen. Der Arbeitgeber zahlt für den Beschäftigten weiter in die Rentenkasse ein – in der Regel in Höhe von 80 Prozent des Regelarbeitsentgelts.
Für den Beschäftigten wichtig zu wissen: Die 20-prozentige Zulage des Arbeitgebers ist sozialversicherungsfrei. Auch fallen darauf keine Steuern an. Allerdings berücksichtigt sie der Fiskus bei der Steuererklärung. „Das kann womöglich einen höheren Steuersatz zur Folge haben“, erklärt Schipp.
Bei der Altersteilzeit gibt es zwei Varianten. Bei einer gleichmäßigen Reduzierung halbiert der Beschäftigte über den gesamten Zeitraum der Altersteilzeit seine Arbeitszeit. „Weitaus beliebter ist das sogenannte Blockmodell“, sagt Kerschbaumer. Dabei arbeitet der Beschäftigte in der ersten Hälfte der Altersteilzeit wie bisher und ist in der zweiten Hälfte dann von der Arbeit freigestellt. Das Entgelt, das der Beschäftigte verdient hat, zahlt der Arbeitgeber zu 50 Prozent in der Arbeitsund zu 50 Prozent in der Freistellungsphase aus. „In beiden Phasen kommen jeweils die Aufstockungsbeträge des Arbeitgebers hinzu“, erläutert Kerschbaumer. Das Geld für die Freistellungsphase spart der Arbeitnehmer auf einem Wertguthaben an. In der Freistellungsphase selbst braucht der Beschäftigte dann das angesparte Geld Monat für Monat auf.
Das Altersteilzeitmodell kann auch eine Option für Arbeitnehmer sein, die bereits in ihrem regulären Berufsleben in Teilzeit arbeiten. Voraussetzung: Der Teilzeitverdienst während der Altersteilzeit muss höher sein als 450 Euro im Monat. Wer also regulär 20 Stunden pro Woche arbeitet, ist künftig nur noch zehn Stunden tätig.
Fällt die Entscheidung bei einer Vollzeitstelle mit 38 Stunden die Woche für ein Altersteilzeitmodell mit gleichmäßig verringerter Arbeitszeit, ist der Beschäftigte 19 Stunden die Woche tätig. Wie diese reduzierte Arbeitszeit verteilt wird, entscheiden Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam. „Denkbar ist etwa, an vier Tagen vier und am fünften Tag drei Stunden zu arbeiten“, erklärt Schipp. Eine andere Variante: drei Tage arbeiten, zwei Tage frei.
Beim Blockmodell ginge etwa, dass die Altersteilzeit drei Jahre dauert: Anderthalb Jahre arbeitet der Beschäftigte voll durch, die letzten anderthalb Jahre hat er frei.
Sabine Meuter, dpa
Auch in Teilzeit möglich