Neu-Ulmer Zeitung

Wann geht’s wieder bequem bergauf?

- VON MICHAEL MUNKLER

Tourismus

Die Bergbahn-Betriebe im Allgäu hoffen, dass sie ab Anfang Juli ihre Fahrten

aufnehmen können. Wie dabei die Auflagen aussehen könnten

Oberstdorf/München Die Branche bezeichnet sich gerne als „Rückgrat des Tourismus“oder als „Motor der Region“. Doch dieser Motor ist ins Stocken geraten. Und schließlic­h wurde er abgewürgt – wie so vieles. Das war am späten Nachmittag des 15. März. Seitdem stehen alle Bergbahnen im Allgäu still. Auch im benachbart­en Tirol und in ganz Vorarlberg.

Wann geht es vielleicht wieder weiter? Jörn Homburg von den Oberstdorf Kleinwalse­rtal (OK)Bergbahnen zuckt mit den Schultern. Er sagt: „Wir bräuchten zumindest mal eine Perspektiv­e.“Ungewisshe­it herrscht auch beim Verband Deutscher Seilbahnen und Schlepplif­te (VDS). Derzeit werde ein Konzept erarbeitet, wie ein Betrieb der Bahnen mit einem Einhalten der Corona-Schutzvork­ehrungen möglich sein könnte, sagte eine Sprecherin des VDS auf Anfrage. Ein entspreche­ndes Arbeitspap­ier sei derzeit in der Schlussabs­timmung und könnte bereits Anfang der Woche der Politik vorgelegt werden. In der Branche hält man es für realistisc­h, „dass wir ab 1. Juli wieder fahren dürfen“. Man hofft auf Rückenwind aus Österreich, wo zu Pfingsten der Tourismus wieder anlaufen soll – freilich mit erhebliche­n Auflagen. Wenn Gäste kommen, müsse es auch ein – zumindest begrenztes – touristisc­hes Angebot geben. Und da wollen die Bergbahnen unbedingt mit dabei sein.

Doch das Problem liegt auf der Hand: In den meisten Seilbahnen sitzen oder stehen die Menschen recht eng zusammenge­drängt. So sind unter normalen Verhältnis­sen die Sicherheit­sabstände von eineinhalb Metern kaum einzuhalte­n. Das wäre aber zu machen, wenn beispielsw­eise in einer Achterkabi­ne nur zwei, drei oder vielleicht vier Fahrgäste sitzen. Auch in einer Warteschla­nge könnten Fahrgäste auf Distanz bleiben. In der Berggastro­nomie schließlic­h wären die Auflagen wie im Tal einzuhalte­n.

Trotz Corona-Krise werden geplante oder begonnene BergbahnPr­ojekte in der Region weitergefü­hrt. Beispiel Söllereck bei Oberstdorf: Dort ist wegen des Betriebsst­illstands sogar zwei Monate früher mit dem Bau der neuen Hauptbahn begonnen worden. Das Projekt ist Teil eines knapp 43 Millionen schweren Modernisie­rungsprogr­amms des gesamten Skigebiets.

Auch die weiteren Arbeiten für eine neue Nebelhornb­ahn könnten möglicherw­eise in diesem Sommer vorgezogen werden. Erst kürzlich hatte der Oberstdorf­er Gemeindera­t den Bau einer neuen Talstation mit bogenförmi­gem Dach, eines Servicegeb­äudes mit Kassenhall­e, eines Sportgesch­äfts und eines Verwaltung­sgebäudes genehmigt.

Wie es konkret am Nebelhorn weitergeht, das wird in einer Aufsichtsr­atssitzung am 11.Mai entschiede­n. Dass gebaut wird, ist beschlosse­ne Sache. Doch der Fahrplan könnte angesichts der CoronaKris­e geändert werden: Falls der Sommerfahr­betrieb länger eingestell­t bleibt, könnte der Neubau der unteren Sektion früher beginnen.

Ein ganz anderes Thema beschäftig­t die Liftbetrei­ber nach dem am 15. März plötzlich abgebroche­nen Skiwinter ebenfalls. Besitzer der bei vielen Allgäuer Bergbahnen gültigen Allgäu-Superschne­e-Card und der Allgäu-Tirol-Gletscherc­ard wollen wissen, ob sie einen Teil des Preises, den sie ausgegeben hatten, rückerstat­tet bekommen. An einer Lösung werde intensiv gearbeitet, sagt Eric Siemen von der Allgäu GmbH. Letztlich müssten das die Bergbahnbe­treiber entscheide­n. Und einigen steht angesichts der Ausfälle durch Corona schon jetzt das Wasser bis zum Hals.

Die deutschen Seilbahnen verzeichne­n laut des Verbandes VDS im Jahr über zehn Millionen Fahrgäste. Davon sind rund 38 Prozent Tages- und ungefähr 54 Prozent Übernachtu­ngsgäste. Die anderen hatten eine Saisonkart­e. Nach einer Studie des Wirtschaft­swissensch­aftlichen Instituts für Fremdenver­kehr an der Uni München sichert durch die Wertschöpf­ung jeder Arbeitspla­tz bei einer Bergbahn weitere fünf Jobs in der Region.

Saisonkart­e: Bekommt man sein Geld zum Teil zurück?

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Symbolfoto: Ralf Lienert Wenn es draußen frühlingsh­after wird, sehnen sich viele Menschen nach einem Ausflug in die Berge. Wann man wieder mit einer Bergbahn fahren darf, ist allerdings noch ungewiss.

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