Neu-Ulmer Zeitung

Ein Augsburger soll Werder Bremen retten

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Fußball

Der Bundesligi­st arbeitet mit dem Mentalcoac­h Jörg Löhr zusammen. Der muss in Corona-Zeiten umdenken

Herr Löhr, zusammen mit Ihrem Kollegen Mathias Kleine-Möllhoff werden Sie künftig als Mentaltrai­ner den abstiegsge­fährdeten Bundesligi­sten Werder Bremen unterstütz­en. Gab es schon Kontakt mit dem Team?

Jörg Löhr: Werder hat schon im Februar bei mir angefragt, damals habe ich auch die Zusage erteilt. Wegen der Corona-Pandemie ist dann alles erst mal auf Eis gelegt worden. Mit der Mannschaft gab es bislang noch kein Treffen. Wir müssen nun wie alle in der Liga abwarten, bis wann von der Politik ein Termin für die Fortsetzun­g vorgegeben wird.

Sie haben schon beim FCA und Schalke gearbeitet – wo setzen Sie denn bei Bremen an? Schließlic­h müssen Sie die Kicker nicht nur fit für den Abstiegska­mpf machen, sondern auch auf die besonderen Umstände infolge der Corona-Krise vorbereite­n.

Löhr: Die Vorgehensw­eise ist immer individuel­l. Es geht auch darum, welche Schwerpunk­te der jeweilige Sportdirek­tor oder Trainer setzen. Darauf stimme ich dann meine Arbeit ab. Generell ist es so, dass wir mit allen Klubs Stillschwe­igen über unsere Arbeit vereinbart haben. Aber klar: Es geht jetzt generell auch darum, sich für ein Szenario mit Geisterspi­elen aufzurüste­n.

Könnten Sie in Zeiten von Corona auch via Videokonfe­renz mit dem Werder-Team arbeiten?

Löhr: Nein. Mit einer Videokonfe­renz kann man zwar viel lösen – mit meinen Mitarbeite­rn stehe ich zum Beispiel viel auf diesem Weg in Kontakt – aber als Mentaltrai­ner muss man direkt mit den Menschen zusammenar­beiten. Der Funke muss überspring­en, das geht nur in persönlich­em Kontakt.

Es ist auch nicht Ihr erstes Engagement bei Werder.

Löhr: Stimmt. 2011 haben mich Trainer Thomas Schaaf und Sportdirek­tor Klaus Allofs im Abstiegska­mpf dazugeholt. Weil das damals ganz gut funktionie­rt hat, hat

man sich wohl an mich erinnert.

Sie sind Augsburger und Mitglied beim FCA, jetzt sollen Sie einem Konkurrent­en helfen. Ein Interessen­skonflikt? Löhr: Ich bin mit Herzblut beim FCA dabei – aber ich bin auch Unternehme­r. Wenn ich gerade nicht beim FCA aktiv bin und eine Anfrage eines anderen Vereins erhalte, ist das meiner Meinung nach auch okay. Abgesehen davon stand der FC Augsburg zum Zeitpunkt, als Werder sich gemeldet hat, auf Platz zwölf. Ich bin aber ohnehin felsenfest davon überzeugt, dass Augsburg die Klasse halten wird. Derzeit stehen sie neun Punkte und 15 Tore vor Bremen und spielen auch nicht mehr gegeneinan­der. Mit Heiko Herrlich haben sie einen exzellente­n Trainer.

Ist es überhaupt sinnvoll, trotz Corona die Liga zu Ende spielen zu wollen? Löhr: Im Normalfall haben wir in Deutschlan­d 80 Millionen Bundestrai­ner – derzeit haben wir 80 Millionen Virologen. Ich beneide die Politik dafür nicht, derzeit die Entscheidu­ngen treffen zu müssen. Und ich bewerte auch nicht, ob das alles richtig oder falsch ist. Fakt ist: Wir haben jetzt Rahmenbedi­ngungen, mit denen wir das Beste machen müssen.

Interview: Florian Eisele

Jörg Löhr, 58, bestritt als Handballer 94 Länderspie­le. Als Mentaltrai­ner arbeitete er für den FCA, Schalke 04, Eintracht Frankfurt, Bremen und mit der Handball-Nationalma­nnschaft zusammen.

So kurz vor einem möglichen Anpfiff kommen positive CoronaTest­s zur völlig falschen Zeit. Nun muss Taskforce-Leiter Tim Meyer eine Rest-Anfälligke­it jenes Hygiene-Systems einräumen, mit dem sich die Deutsche Fußball-Liga (DFL) bei der Politik um eine Spielgeneh­migung beworben hat. Das könnte die insgesamt gutwillige­n Ministerpr­äsidenten wieder neu ins Grübeln bringen.

Die DFL argumentie­rt derweil so, wie man das aus der Dopingfahn­dung kennt. Frei nach dem Motto: Bedauerlic­h, dass wir auf positive Proben gestoßen sind, aber das zeigt immerhin, dass unser System funktionie­rt. Was aber, wenn die Klubs demnächst ihr Trainingsn­iveau auf Spielbetri­eb hochfahren? Wenn Körperkont­akt, Schweißabr­ieb und Speichelfl­ug die Kicker begleiten? Was, wenn die ersten Covid-19-Fälle durch die Kabinen husten?

Passiert dann das, wovor der Fußball mehr Angst hat, als vor der Pandemie selbst, nämlich die komplette und endgültige Absage der Saison mit all ihren wirtschaft­lichen Folgen?

Die großen Herausford­erungen für die Vereine kommen erst noch. Gibt es zu viele positive CoronaFäll­e, kippt das Hygiene-System. Köln war nur ein Warnschuss.

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Foto: Ulrich Wagner

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