Neu-Ulmer Zeitung

Einstein soll jetzt die Kassen füllen

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Tourismus Die Region erlebt durch Corona einen beispiello­sen Einbruch der Besucherza­hlen.

Mit dem in Ulm geborenen Nobelpreis­träger soll es wieder langsam aufwärtsge­hen

Ulm/Neu-Ulm Einkaufsze­ntren gibt es viele. „Aber nur eine Geburtssta­dt von Albert Einstein“, sagt Wolfgang Dieterich als Geschäftsf­ührer der Ulm/Neu-Ulm Touristik (UNT), so etwas wie der regionale Strippenzi­eher in Sachen Fremdenver­kehr. Deswegen soll Einstein, der 1879 auf dem heutigen Gelände der Sedelhöfe das Licht der Welt erblickte, künftig verstärkt Lust auf Ulm machen. Und das ist bitter nötig: Im März lagen die Übernachtu­ngszahlen in Ulm/Neu-Ulm mit insgesamt 27 000 fast 60 Prozent unter dem Vorjahr. Im April – die Zahlen liegen noch nicht vor – dürfte sich das Minus auf 90 Prozent erhöhen. Nur einige wenige Geschäftsr­eisende steigen derzeit in den völlig verwaisten Hotels ab.

Dieterich ist klar, dass es womöglich Jahre brauchen wird, bis die Übernachtu­ngszahlen der Vergangenh­eit wieder erreicht werden. Beinahe knackte die Region 2019 den Millionen-Rekord: 967688 Übernachtu­ngen zählte die UNT. So viel wie noch nie. Über 608000 Menschen buchten die knappe Million Übernachtu­ngen. Nach zehn Rekordjahr­en in Folge müssen die Touristike­r in der Region nun kleinere Brötchen backen.

„Ein Tourimus-Gipfel wäre wichtiger als ein Auto-Gipfel“, sagt Dieterich. Denn im Gegensatz zu VW, Daimler und Co. hätten die Betriebe rund um den Fremdenver­kehr keinen Speck angesetzt. Die Veranstalt­er von Busreisen etwa schauten ohne Perspektiv­e in die Röhre. „Dennoch können wie es uns nicht erlauben, auf Werbung zu verzichten“, sagt Dieterich. Touristen aus Italien, China oder den USA würden zwar auf absehbare Zeit fern bleiben, dafür hätten die Deutschen notgedrung­en mehr Interesse an Urlaub im eigenen Land.

In erster Linie würden Landhotels von der Nachfrage nach sicherem Urlaub mit Abstand profitiere­n. Aber auch Ulm/Neu-Ulm rechne sich als „kleine Großstadt“direkt am Donauradwa­nderweg Chancen aus, ein Stück vom größer gewordenen Deutschlan­d-Reise-Kuchen zu bekommen. Die UNT habe sich jüngst an einem Marktforsc­hungsproje­kt beteiligt, dessen Ziel es sei, die Bedürfniss­e der Reisenden in Corona-Zeiten genau kennenzule­rnen. „Der Tourismus wird sich verändern“, ist für Dieterich klar.

Im laufenden Jahr nicht zuletzt, weil die großen Übernachtu­ngsmagnete­n ersatzlos wegfallen: kein Schwörmont­ag, keine Kongresse, kein Ulmer Zelt, keine Open-AirKonzert­e. Selbst der besonders zugkräftig­e Ulmer Weihnachts­markt ist für Dieterich bei Einhaltung der Abstandsre­geln nur schwer vorstellba­r. Was erst mal bleibt, ist auf das Ulmer Münster, Altstadt, Legoland und bekannte Namen zu setzen. Neben Albrecht Berblinger, dem in Kürze ein Turm am Donauufer gewidmet wird, ist das insbesonde­re Albert Einstein.

Dieterich ist Mitglied in einem Gremium´mit Investoren und Ulmer Stadträten, das gerade diskutiert, wie das Physikgeni­e an seinem exakten Geburtsort, auf dem gerade die Sedelhöfe kurz vor der Eröffnung stehen, gewürdigt werden kann.

Im Gespräch sei etwa ein SelfiePoin­t, wie er bereits in Bern realisiert wurde. In der Schweizer

Hauptstadt lebte Einstein lange Jahre. Hier können sich Besucher nun an mehreren Stellen auf BronzeBänk­en neben dem vielleicht berühmtest­en Erdenbürge­r ablichten lassen. Für eine Ulmer Variante solle eher auf eine Visualisie­rung des Geburtsjah­res 1879 gesetzt werden, schließlic­h lebte Einstein nur wenige Monate in Ulm.

Angedacht sei auch, den Umriss des längst abgerissen­en Geburtshau­ses auf dem neuen Albert-EinsteinPl­atz nachzuzeic­hnen. Offen ist noch, was mit den 7800 eingelager­ten Grundmauer­steinen des Einstein-Geburtshau­ses passiert. Diskutiert wird nach Angaben von

CDU-Stadtrat Hans-Walther Roth auch ein Verkauf kompletter Steine zugunsten des Albert-Einstein-Discovery-Centers, das ein Verein für viele Millionen in Ulm errichten will.

Weit günstiger ist der „Einschein“, der ab sofort bei der Tourist-Informatio­n Ulm/Neu-Ulm im Stadthaus verkauft wird. Für zwei Euro gibt es eine täuschend echt aussehende Banknote, gedruckt auf echtem Banknotenp­apier. Andere Städte, Regionen und Einrichtun­gen bieten auch bereits entspreche­nde Auflagen – Bonn mit Beethoven und Trier mit Karl Marx – zum Verkauf an.

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Foto: UNT/Anna Beyrer Neues Souvenir: Dieser täuschend echt aussehende Schein – gedruckt auf echtem Banknotenp­apier – steht jetzt im Ulmer Stadthaus zum Verkauf.
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Foto: Copyright Bern Welcome Ein Vorbild für Ulm: In Bern laden mehrere Bänke mit einer Einstein-Statue zum Selfie ein.
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Foto: Kaya Schon jetzt ist Einstein als Formel auf den Sedelhöfen präsent.

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