Einstein soll jetzt die Kassen füllen
Tourismus Die Region erlebt durch Corona einen beispiellosen Einbruch der Besucherzahlen.
Mit dem in Ulm geborenen Nobelpreisträger soll es wieder langsam aufwärtsgehen
Ulm/Neu-Ulm Einkaufszentren gibt es viele. „Aber nur eine Geburtsstadt von Albert Einstein“, sagt Wolfgang Dieterich als Geschäftsführer der Ulm/Neu-Ulm Touristik (UNT), so etwas wie der regionale Strippenzieher in Sachen Fremdenverkehr. Deswegen soll Einstein, der 1879 auf dem heutigen Gelände der Sedelhöfe das Licht der Welt erblickte, künftig verstärkt Lust auf Ulm machen. Und das ist bitter nötig: Im März lagen die Übernachtungszahlen in Ulm/Neu-Ulm mit insgesamt 27 000 fast 60 Prozent unter dem Vorjahr. Im April – die Zahlen liegen noch nicht vor – dürfte sich das Minus auf 90 Prozent erhöhen. Nur einige wenige Geschäftsreisende steigen derzeit in den völlig verwaisten Hotels ab.
Dieterich ist klar, dass es womöglich Jahre brauchen wird, bis die Übernachtungszahlen der Vergangenheit wieder erreicht werden. Beinahe knackte die Region 2019 den Millionen-Rekord: 967688 Übernachtungen zählte die UNT. So viel wie noch nie. Über 608000 Menschen buchten die knappe Million Übernachtungen. Nach zehn Rekordjahren in Folge müssen die Touristiker in der Region nun kleinere Brötchen backen.
„Ein Tourimus-Gipfel wäre wichtiger als ein Auto-Gipfel“, sagt Dieterich. Denn im Gegensatz zu VW, Daimler und Co. hätten die Betriebe rund um den Fremdenverkehr keinen Speck angesetzt. Die Veranstalter von Busreisen etwa schauten ohne Perspektive in die Röhre. „Dennoch können wie es uns nicht erlauben, auf Werbung zu verzichten“, sagt Dieterich. Touristen aus Italien, China oder den USA würden zwar auf absehbare Zeit fern bleiben, dafür hätten die Deutschen notgedrungen mehr Interesse an Urlaub im eigenen Land.
In erster Linie würden Landhotels von der Nachfrage nach sicherem Urlaub mit Abstand profitieren. Aber auch Ulm/Neu-Ulm rechne sich als „kleine Großstadt“direkt am Donauradwanderweg Chancen aus, ein Stück vom größer gewordenen Deutschland-Reise-Kuchen zu bekommen. Die UNT habe sich jüngst an einem Marktforschungsprojekt beteiligt, dessen Ziel es sei, die Bedürfnisse der Reisenden in Corona-Zeiten genau kennenzulernen. „Der Tourismus wird sich verändern“, ist für Dieterich klar.
Im laufenden Jahr nicht zuletzt, weil die großen Übernachtungsmagneten ersatzlos wegfallen: kein Schwörmontag, keine Kongresse, kein Ulmer Zelt, keine Open-AirKonzerte. Selbst der besonders zugkräftige Ulmer Weihnachtsmarkt ist für Dieterich bei Einhaltung der Abstandsregeln nur schwer vorstellbar. Was erst mal bleibt, ist auf das Ulmer Münster, Altstadt, Legoland und bekannte Namen zu setzen. Neben Albrecht Berblinger, dem in Kürze ein Turm am Donauufer gewidmet wird, ist das insbesondere Albert Einstein.
Dieterich ist Mitglied in einem Gremium´mit Investoren und Ulmer Stadträten, das gerade diskutiert, wie das Physikgenie an seinem exakten Geburtsort, auf dem gerade die Sedelhöfe kurz vor der Eröffnung stehen, gewürdigt werden kann.
Im Gespräch sei etwa ein SelfiePoint, wie er bereits in Bern realisiert wurde. In der Schweizer
Hauptstadt lebte Einstein lange Jahre. Hier können sich Besucher nun an mehreren Stellen auf BronzeBänken neben dem vielleicht berühmtesten Erdenbürger ablichten lassen. Für eine Ulmer Variante solle eher auf eine Visualisierung des Geburtsjahres 1879 gesetzt werden, schließlich lebte Einstein nur wenige Monate in Ulm.
Angedacht sei auch, den Umriss des längst abgerissenen Geburtshauses auf dem neuen Albert-EinsteinPlatz nachzuzeichnen. Offen ist noch, was mit den 7800 eingelagerten Grundmauersteinen des Einstein-Geburtshauses passiert. Diskutiert wird nach Angaben von
CDU-Stadtrat Hans-Walther Roth auch ein Verkauf kompletter Steine zugunsten des Albert-Einstein-Discovery-Centers, das ein Verein für viele Millionen in Ulm errichten will.
Weit günstiger ist der „Einschein“, der ab sofort bei der Tourist-Information Ulm/Neu-Ulm im Stadthaus verkauft wird. Für zwei Euro gibt es eine täuschend echt aussehende Banknote, gedruckt auf echtem Banknotenpapier. Andere Städte, Regionen und Einrichtungen bieten auch bereits entsprechende Auflagen – Bonn mit Beethoven und Trier mit Karl Marx – zum Verkauf an.