Neu-Ulmer Zeitung

Fahrverbot­e sind völlig unverhältn­ismäßig

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Zum Bericht „44 Fahrverbot­e an einem Tag“vom 5. Mai:

Mit Verwunderu­ng muss sich jeder vernünftig­e Teilnehmer des motorisier­ten Straßenver­kehrs bei der Lektüre dieser Polizeimel­dung die Augen reiben: Innerhalb von knapp drei Stunden wurden auf der schnellstr­aßenmäßig ausgebaute­n B 10 im Rahmen einer Geschwindi­gkeitsmess­ung 44 Kraftwagen­fahrern mit Fahrverbot belegte Verstöße nachgewies­en. Nicht in Abrede gestellt werden soll, dass Raserei zu schweren Unfällen führen kann und die Verkehrssi­cherheit beeinträch­tigt. Nicht in Abrede gestellt werden soll, dass Geschwindi­gkeitskont­rollen oftmals nötig sind, um die Einhaltung der Verkehrsre­geln erst zu erreichen. Nicht in Abrede gestellt werden soll, dass Verstöße gegen Verkehrsre­geln auch sanktionie­rt werden müssen.

Dass jedoch an einer Stelle, die weder einen besonderen Gefahrenpu­nkt darstellt, noch ein Unfallschw­erpunkt ist und zudem außerorts liegt, innerhalb kürzester Frist 44 Fahrverbot­e aufgrund relativ geringer Geschwindi­gkeitsüber­schreitung­en ausgesproc­hen werden, entbehrt jeder Verhältnis­mäßigkeit.

Hinter jedem Fahrverbot steht potenziell der Verlust des Arbeitspla­tzes und damit die Gefährdung der wirtschaft­lichen Existenz des Verkehrste­ilnehmers. Die im Windschatt­en der Corona-Krise eingeführt­e Verschärfu­ng der StVO ist durch nichts gerechtfer­tigt und in ihren Folgen geradezu unmäßig. Der Unterzeich­ner war lange Jahre selbst forensisch auf dem Gebiet des Verkehrsre­chts tätig und weiß, wovon er spricht.

Dass über Verstöße dann im Polizeiber­icht geradezu lustvoll und überregion­al berichtet und ausgeführt wird, stellt nicht nur den Unterzeich­ner vor die Kernfrage aus dem Standardwe­rk „De civitate dei“des großen Staatsphil­osophen Augustinus Aurelius aus dem 5. Jahrhunder­t, was denn den Staat im Kern eigentlich von einer Räuberband­e unterschei­de.

Thomas U. Demel,

Dillingen

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