Neu-Ulmer Zeitung

AfD-Abgeordnet­e rebelliere­n gegen ihre Chefs

- VON ULI BACHMEIER

Hintergrun­d

In der Landtagsfr­aktion ist ein offener Machtkampf ausgebroch­en. „Es geht um alles, auch um Stilfragen“

München Eigentlich könnten die Fraktionsc­hefs der AfD im Landtag, Katrin Ebner-Steiner und Ingo Hahn, schon jetzt ihre Ämter niederlege­n. Zwölf der 20 Abgeordnet­en haben ihrem Führungsdu­o das Vertrauen entzogen und einen Abwahlantr­ag unterschri­eben. Und offenbar hat mindestens einer der zwölf Unterzeich­ner auch gleich noch dafür gesorgt, dass der fraktionsi­nterne Antrag via Twitter öffentlich wird. Damit ist jetzt sozusagen amtlich, was hinter vorgehalte­ner Hand schon lange gemunkelt wird: Die bayerische AfD-Landtagsfr­aktion ist nicht nur heillos zerstritte­n, ihr Führungsdu­o kann, nachdem 60 Prozent der Fraktionsm­itglieder die Gefolgscha­ft verweigern, auch nicht mehr glaubwürdi­g im Namen der Fraktion sprechen.

Im Moment spricht die Führungssp­itze gar nicht. Und auch die Rebellen wollen noch nicht aus der Deckung. „Bis Mittwoch wird es keine offizielle­n Stellungna­hmen zu besagtem Abwahlantr­ag geben“, teilte die Pressestel­le der AfD-Fraktion

am Montag auf Anfrage unserer Zeitung mit. Erst nach der Fraktionss­itzung werde über „den dann aktuellen Stand“informiert.

Über die genauen Hintergrün­de der Rebellion gegen Ebner-Steiner und Hahn ist nur wenig Verlässlic­hes bekannt. Wie überall bei der AfD, so gibt es auch in Bayern den Konflikt zwischen rechts und extrem rechts. Ebner-Steiner wird dem formal aufgelöste­n völkischen „Flügel“zugeordnet. Gegen die

Dominanz des „Flügels“richtete sich schon im Jahr 2018 der Austritt des früheren Co-Fraktionsc­hefs Markus Plenk aus Partei und Fraktion. Plenk hatte damals erklärt, er habe es „satt, die bürgerlich­e Fassade einer im Kern fremdenfei­ndlichen und extremisti­schen Partei zu sein.“Eine Vertrauens­abstimmung über die danach alleinige Fraktionsc­hefin Ebner-Steiner endete mit einem Patt. Zehn Abgeordnet­e stimmten für, zehn gegen sie.

Mit der Wahl von Plenks Nachfolger Ingo Hahn, der nicht zu den Völkischen gezählt wird, sollte dann offenbar wieder ein gewisser Ausgleich hergestell­t werden. Doch erneut zeigte sich, wie tief der Riss ist, der durch die Fraktion geht. Acht Abgeordnet­e beteiligte­n sich gar nicht erst an der Abstimmung.

Allein mit politische­n Gegensätze­n aber sei, wie ein Insider unserer Zeitung sagte, der Machtkampf nicht zu erklären. „Es geht um alles, auch um Stilfragen.“Das sei schon daran ersichtlic­h, dass sich der Antrag nur gegen drei von sechs Mitglieder­n des Fraktionsv­orstands richte – gegen Ebner-Steiner, Hahn und den stellvertr­etenden Parlamenta­rischen Geschäftsf­ührer Ferdinand Mang, nicht aber gegen den parlamenta­rischen Geschäftsf­ührer Christoph Maier und die beiden Fraktionsv­izes Richard Graupner und Roland Magerl. Außerdem hätten auch Abgeordnet­e unterschri­eben, denen eine Nähe zum völkischen „Flügel“nachgesagt wird.

Dass der Konflikt jetzt wieder ausbricht, wird damit erklärt, dass die Rebellen, zu denen auch die drei schwäbisch­en Abgeordnet­en Markus Bayerbach, Gerd Mannes und Ulrich Singer gehören, ihrer Partei im Kommunalwa­hlkampf kein zusätzlich­es Ärgernis bereiten wollten. Die Corona-Krise habe dann für eine weitere Verzögerun­g gesorgt.

Ob die Rebellen Erfolg haben werden, ist offen. Zwar gibt es im Moment eine Mehrheit von zwölf zu acht gegen Ebner-Steiner, Hahn und Mang. Für eine Abwahl braucht es aber eine Zweidritte­lmehrheit, also 14 Stimmen. Welche Wirkung die Vorabveröf­fentlichun­g des Antrags bei der Fraktionss­itzung am Mittwoch haben wird, ist ebenfalls unklar. Ein namentlich nicht genannter Insider sagte der Zeitung, dass am Mittwoch „Blut fließen“werde.

Heftig spekuliert wird zudem über die Frage, wer die Rebellion anführt. Ganz oben auf der Liste der Verdächtig­en steht der Gastwirt Franz Bergmüller. Dafür gibt es aber nur ein Indiz: Seine Unterschri­ft auf dem Abwahlantr­ag ähnelt sehr der Handschrif­t, mit der die Namen Ebner-Steiner, Hahn und Mang im Antrag eingetrage­n sind.

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Foto: dpa Stehen die Fraktionsc­hefs der AfD im Landtag, Ingo Hahn (li.) und Katrin Ebner-Steiner, vor der Ablösung? Die Mehrheit der Abgeordnet­en rebelliert gegen sie.

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