Neu-Ulmer Zeitung

Was wissen wir über Trumps Gesundheit?

- VON GREGOR PETER SCHMITZ

USA Der Republikan­er beweist, dass er auch bei seiner eigenen Gesundheit gerne die Fakten auswählt. Doch derlei Vertuschun­g war schon vor Trump im Weißen Haus üblich

Washington Es gibt Gründe, am Gesundheit­szustand von US-Präsident Donald Trump zu zweifeln. Der wichtigste Grund: dass der Patient Donald Trump heißt. Auch wenn es um Gesundheit­sdaten geht – die doch eigentlich auf Fakten beruhen sollten –, sucht er sich gerne seine eigene Realität zusammen. Dafür gibt es Belege, schon lange vor der aktuellen Heimlichtu­erei rund um Trumps Corona-Erkrankung.

So ließ sich der Präsident im Wahlkampf 2016 von seinem damaligen Arzt in einem öffentlich­en Brief bescheinig­en, er sei im Fall einer Wahl das gesündeste Individuum, das jemals das Weiße Haus beziehen werde. Doch später kam heraus, dass Trump den Brief selber diktiert hatte. Nach seiner ersten Untersuchu­ng im Amt jubelte der behandelnd­e Arzt, wenn der Republikan­er seine Ernährung ein wenig umstelle, könne er leicht 200 Jahre alt werden. Aber einen Termin im Militärkra­nkenhaus Walter Reed Hospital (wo Trump nun wieder behandelt wird) versuchte Trumps Team 2019 vor der Öffentlich­keit zu verheimlic­hen. Auch als der Präsident

bei einem Auftritt in diesem Frühjahr Schwierigk­eiten hatte, ein Wasserglas zu halten und auf der Bühne unsicher wirkte, wiesen seine Mitarbeite­r gleich alle Gerüchte um Gesundheit­sprobleme zurück.

Dennoch: Trump hat seine relativ guten Körperwert­e – nur klinisch übergewich­tig ist er allen Schummelve­rsuchen zum Trotz seit diesem Jahr – offen als Wahlkampfm­ittel eingesetzt. Als Hillary Clinton 2016 einen Schwächean­fall erlitt, verwendete Trump Bilder davon in TV-Spots und raunte, seiner Rivalin fehle wohl die Ausdauer für den anspruchsv­ollen Job. Vor der letzten TV-Debatte mit Joe Biden, noch vier Jahre älter als Trump, wollte er diesen auf mögliche Fitmacher testen lassen. Nun gibt es viele Fragen um Trumps eigene Gesundheit.

Fairerweis­e muss man sagen, dass Heimlichtu­erei eine gewisse Tradition hat, wenn es um die Fitness des mächtigste­n Mannes der Welt geht. Woodrow Wilson erkrankte 1919 fast tödlich an der Spanischen Grippe, das wurde offiziell als einfache Grippe abgetan. Auch dass Wilson nach einem Schlaganfa­ll am Ende seiner Amtszeit beinahe blind und gelähmt war, bekam die Öffentlich­keit kaum mit. Franklin D. Roosevelt gelang es über Jahre zu verheimlic­hen, dass er wegen der Spätfolgen einer Kinderlähm­ung auf einen Rollstuhl angewiesen war. Nachdem Dwight D. Eisenhower 1955 einen Herzinfark­t erlitt, gab es etwas mehr Bestrebung­en zur Transparen­z. Doch die Krankenakt­e – und die Medikament­enabhängig­keit – von Nachfolger John F.

Kennedy füllte viele Bände. Ronald Reagans Alzheimer-Erkrankung begann vermutlich schon während seiner Amtszeit.

Man könnte jede Krankheit natürlich als Privatsach­e abtun. Doch was ist wirklich Privatsach­e, wenn es um das mächtigste Amt der Welt geht? Dies auch, weil die amerikanis­che Verfassung zwar sehr klar ist, wer auf einen Präsidente­n folgt, wenn dieser im Amt stirbt – es ist der Vizepräsid­ent, aktuell also Mike Pence, der bislang nicht positiv auf Corona getestet wurde. Aber was ist, wenn der Amtsinhabe­r noch lebt, jedoch in seinen Fähigkeite­n, das Amt auszuüben, erheblich eingeschrä­nkt ist? Theoretisc­h könnte sich laut dem 25. Verfassung­szusatz der Präsident selbst für amtsunfähi­g erklären – oder der Vize auch gegen dessen Willen, wenn der Kongress zustimmt. Die Rechtsprof­essorin Teneille Brown sagte der

„Ist der Präsident wirklich beeinträch­tigt, ist es sehr schwer, ihn aus dem Amt zu entfernen – es sei denn, er tut dies selber freiwillig. Daher sollten wir zumindest erwarten können zu erfahren, ob der Präsident in der Lage ist, seine Pflichten zu erfüllen.“

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Foto: Owen, dpa Besserungs­wünsche für den Präsidente­n am Eingang der Klinik.

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