Neu-Ulmer Zeitung

Wirecard‰Zentrale wird fertiggeba­ut

- VON PHILIPP WEHRMANN

Immobilie Ein Unternehme­n aus Nördlingen erstellte den Rohbau des Gebäudes in Aschheim,

in den der Konzern sich einmieten wollte. Was mit dem Komplex nun passieren soll

Aschheim Anfang 2019 noch war man bei dem Grünwalder Vermögensv­erwalter Rock Capital euphorisch: Die größte Bürovermie­tung Münchens in den vergangene­n zwölf Jahren habe man unter Dach und Fach gebracht, den umfangreic­hsten Vermietung­sabschluss Deutschlan­ds im Jahr 2018 gar, hieß es in einer Mitteilung. Dann noch der Mieter: ein aufstreben­der DaxKonzern. Eine Illustrati­on zeigt das künftige Gebäude am Münchner Stadtrand in Aschheim: fünf Stockwerke, davor Bäume, dahinter grünes Land. Am oberen Rand prangt ein Schriftzug: Wirecard, einst Hoffnung der deutschen Finanzbran­che, heute Pleite-Konzern.

Doch an der Baustelle wird weitergear­beitet. Ein Altbau mit drei Stockwerke­n, früher Standort des IT-Konzerns Hewlett Packard, erhält zwei weitere, daneben entsteht ein Neubau. Insgesamt geht es um mehr als 40000 Quadratmet­er Büro-, Labor- und Lagerfläch­e. Werner Luther ist Chef des Bauunterne­hmens Eigner im nordschwäb­ischen Nördlingen. Seine Firma hatte den Auftrag für die Rohbauarbe­iten in Aschheim erhalten – mit einem Volumen von 15 Millionen Euro. Der Traditions­betrieb baut regelmäßig Großprojek­te in der Region und im Raum München, zum Beispiel die Zentrale der Firma Zott oder das Verwaltung­sgebäude des FC Bayern München.

Den Sitz eines Dax-Konzerns zu bauen sei Grund zur Freude gewesen, erzählt Luther. „Wir haben im Januar mit dem Bau begonnen“, sagt er. Eigentlich lief alles nach Plan auf der Baustelle – nicht so jedoch beim künftigen Mieter. Im Mai und Juni stürzte Wirecard ab. Erst wurde die Konzernbil­anz zu spät vorgelegt, dann durchsucht­e die Staatsanwa­ltschaft die Geschäftsr­äume am bisherigen Hauptsitz, ebenfalls in Aschheim. Es folgte die Verschiebu­ng der Bilanzpres­sekonferen­z, der Vorstandsv­orsitzende Markus Braun trat zurück. Wenige Tage nachdem klar war, dass die knapp zwei Milliarden Euro des Finanzdien­stleisters auf angebliche­n asiatische­n Konten in Wahrheit

existieren, ist Wirecard insolvent. Der Nördlinger Bauunterne­hmer hat die Ereignisse gespannt verfolgt – schließlic­h hing der Großauftra­g an dem Unternehme­n. „Anfangs haben wir uns natürlich gefreut, die Zentrale eines Dax-Konzerns zu bauen“, sagt er. Doch für ihn und seine Mitarbeite­r habe sich die Unsicherhe­it schnell geklärt. Der Investor Rock Capital habe Bürgschaft­en vorgelegt und garantiert, über genug Kapital zur Vollendung des Bauwerks zu verfügen. Luther geht davon aus, dass das Gebäude nach seiner Fertigstel­lung mehreren Mietern zur Verfügung steht, wenn Wirecard nicht einzieht – und darauf deutet derzeit alles hin.

Rock Capital will sich auf Anfrage unserer Redaktion nicht zu der Immobilie äußern. Auf seiner Facebook-Seite äußert sich das Unternehme­n regelmäßig zu dem Objekt.

Am 12. Juni noch nannte es das Gebäude „Wirecard Headquarte­r“– knapp zwei Wochen vor der Insolvenz des Konzerns. Am 8. September meldete sich Rock Capital erneut zu der Immobile zu Wort – von Wirecard ist zu dem Zeitpunkt keine Rede mehr. Dafür nennt das Unternehme­n Kontaktmög­lichkeit für diejenigen, die „Interesse an der Anmietung von modernsten Flächen“haben. Auch für den Aschheimer Bürgermeis­ter Thomas Glashauser ist die Wirecard-Insolvenz und die Mietersuch­e für das Gebäude ein Rückschlag. Wie es in einem früheren Bericht der Gemeinde heißt, sei Aschheim bemüht, den Unternehme­n zu helfen, die gewünschte­n Standortbe­dingungen zu schaffen. „Wirecard bekam neben den neu angemietet­en Gebäuden noch die Gelegenhei­t zum Bau eines Parkhauses.“Das war Medienbeni­cht richten zufolge eine umstritten­e Entscheidu­ng in der 9300-Einwohner-Gemeinde. Außerdem sei die Gewerbeste­uer gesenkt worden. Heute heißt es aus dem Rathaus, man sei zuversicht­lich, dass das Bürogebäud­e vermietet werden kann. „Der Vermieter sieht das Parkhaus auch nach Ausscheide­n des Mieters Wirecard als notwendig an.“Es sei vorgesehen gewesen, um die notwendige­n Stellplätz­e für die Firma zu erreichen. Bezüglich der Steuersenk­ung heißt es, der Bürgermeis­ter könne den Satz nicht mit einer Firma „absprechen“. Er werde mit Blick auf die 1500 Betriebe in Aschheim festgesetz­t.

Wie schwerwieg­end der Verlust Wirecards für Aschheim ist, dazu will man sich lieber nicht äußern. „Der Gemeinde ist nicht bekannt, dass das Steuergehe­imnis der Abgabenord­nung aufgehoben wurde.“

 ?? Foto: Eigner Bauunterne­hmung ?? Am Rand von München, im Gewerbegeb­iet der Gemeinde Aschheim, entstehen 40000 Quadratmet­er Fläche, die Wirecard als Konzernzen­trale nutzen wollte. Nach der Insolvenz wird die Immobilie wohl anders genutzt.
Foto: Eigner Bauunterne­hmung Am Rand von München, im Gewerbegeb­iet der Gemeinde Aschheim, entstehen 40000 Quadratmet­er Fläche, die Wirecard als Konzernzen­trale nutzen wollte. Nach der Insolvenz wird die Immobilie wohl anders genutzt.

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