Stille Nacht schon im Herbst
Fußball
Die Stadien werden wohl leer bleiben. Einzig die Berliner scheren aus – mit einer fadenscheinigen Begründung
Berlin Der befremdliche Eindruck von Kiew hinterließ Joachim Löw im Zwiespalt. Der Bundestrainer freute sich „auf der einen Seite“über die Fans beim Gastspiel der Nationalmannschaft am Samstag in der von der Corona-Pandemie stark betroffenen Ukraine. „Auf der anderen Seite, klar, weiß man auch, dass es manchmal nicht ganz so ungefährlich ist“, sagte Löw in der
Deshalb ist eine ähnliche Kulisse am Dienstag in Köln gegen die Schweiz ausgeschlossen – wie an allen Bundesliga-Standorten.
Es droht ein grauer Herbst mit etlichen Geisterspielen. „Wir sind absolut von politischen Entscheidungen abhängig, wie das ganze Land. Und wenn die politischen Entscheidungen so getroffen werden, dann ist man schon ein Stück ohnmächtig“, sagte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge der Bild am Sonntag und mahnte eindringlich: „Wenn wir nicht bald wieder Fans in den Stadien haben, dann befürchte ich, wird der Fußball großen Schaden erleiden.“
Die landesweit steigenden Corona-Zahlen sprechen deutlich gegen mehr als wenige hundert Zuschauer in den Arenen. Der kritische und auch für die Deutsche Fußball Liga wichtige Wert von 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner pro Woche wurde in den vergangenen Tagen in etlichen Städten überschritten. „Es wird langsam gefährlich“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Im März und April hatten DFL und Klubs um die Ausrichtung wenigstens von Geisterspielen gerungen, um die Saison abschließen zu können. Die teilweise Wiederzulassung von Zuschauern zum Start der neuen Spielzeit im September sorgte für Aufbruchstimmung – aber auch für viele offene Fragen. Bundesweit ist in einer Testphase bis Ende Oktober grundsätzlich eine Auslastung von maximal 20 Prozent der jeweiligen Stadien-Kapazität erlaubt. Die endgültige Entscheidung treffen aber die lokalen Behörden..
„Ich werfe niemandem etwas vor, aber ich habe das Gefühl, dass der rote Faden zwischen Fußball und Politik etwas verloren gegangen ist“, sagte Rummenigge. Für die Länderspiele in Köln am vergangenen Mittwoch gegen die Türkei und am kommenden Dienstag gegen die Schweiz waren ursprünglich jeweils 9200 Besucher vorgesehen. Wegen der steigenden Corona-Zahlen wurden gegen die Türkei dann aber doch nur 300 Fans zugelassen. Am Sonntag stieg die Kölner 7-Tage-Inzidenz auf 59,7. Die offizielle Entscheidung für das Schweiz-Spiel soll am Montag folgen. In Berlin wurde das Testspiel des 1. FC Union gegen Zweitligist Hannover 96 zur Provinzposse, weil die 1795 Berliner Anhänger Fan-Gesänge anstimmten. Das ist laut Infektionsschutzverordnung der Hauptstadt „zu unterlassen“. Einsicht? „Wir haben ja niemanden aufgefordert, hier zu singen“, argumentierte Unions Kommunikationschef Christian Arbeit.