Müller verzeichnet trotz Corona konstante Umsätze
Wirtschaft
Der Ulmer Filialist macht weiter Gewinn – die Gewerkschaft kritisiert den Drogeriekönig für Sparkurs
Ulm Das Drogerieimperium des Ulmer Milliardärs Erwin Müller ist bisher gut durch das Krisenjahr gekommen: Das Unternehmen blickt laut einem Bericht der
optimistisch nach vorne und erwartet ein Umsatzplus für das laufende Geschäftsjahr von rund fünf Prozent. Auch der Gewinn soll sich demnach leicht verbessern.
Im vergangenen Geschäftsjahr, das die Phase des Lockdowns einschließt, habe Müller demnach einen Nettoumsatz von 4,01 Milliarden Euro erzielt. Und das bei einem um 7,4 Prozent auf 67,3 Millionen Euro gestiegenen „Konzernjahresüberschuss“, also dem Gewinn. Bei 865 Filialen errechnet die
einen durchschnittlichen Umsatz von 4,6 Millionen Euro pro Standort. Rein rechnerisch sei der Umsatz um 1,3 Prozent zurückgegangen. Müller begründet dies aber nicht mit Corona, sondern einer veränderten Buchung der Kommissionsund Vermittlungsgeschäfte. Bereinigt um diesen Effekt wäre Müller beim Umsatz nahezu unverändert aus dem Krisenjahr gekommen.
Angesichts Müllers Rolle als Corona-Rebell verwundert das kaum: Als das Land Baden-Württemberg unmissverständlich beschloss, dass sämtliche Läden über 800 Quadratmeter wegen Corona zu schließen haben und Teilabsperrungen nicht erlaubt sind, öffnete Müller, wie berichtet, dennoch zwei Stockwerke seines traditionsreichen Haushaltswarengeschäfts Abt in der Ulmer Hirschstraße. Und der zweite Müller-Magnet in Ulms bester Lage, das Müller-Kaufhaus, ließ er zu Beginn des Lockdowns zur Verwunderung vieler komplett offen und verkaufte nicht nur systemrelevante Drogerieartikel,
sondern in anderen Stockwerken Spielwaren, Kleinelektro und CDs. Über eine „LexMüller“spotteten Ulmer Händler, die brav ihre Geschäfte schlossen.
Angesichts dieser Zahlen dürfte auch die Kritik an den ausgesprochenen Entlassungen von 21 Beschäftigten im Kaufhaus Abt nicht verstummen. Die Gewerkschafter hatten, wie berichtet, den Verdacht, dass Müller die Corona-Krise nur als Vorwand nutzt. Als der Konzern des Milliardärs das Traditionshaus am Münsterplatz übernahm, waren dort rund 100 Frauen und Männer beschäftigt. Zuletzt arbeiteten nur noch 70 Beschäftigte im Kaufhaus, das im vergangenen Sommer in das frühere K&L-Gebäude in der Hirschstraße umgezogen ist. Beim Blick auf die gute Bilanz von Müller kommentiert Verdi-Sekretär Bernhard Franke: Die Mitarbeiter seien „völlig unnötig“gekündigt worden. Ein verantwortungsbewusster Arbeitgeber hätte das auch anders lösen können.
Zudem kritisiert Franke, dass Müller die ausgehandelte Tariferhöhung von 1,8 Prozent nicht an seine Mitarbeiter weitergegeben habe. Das Unternehmen sei zwar nicht tarifgebunden, habe sich in der Vergangenheit aber an den Tarif gehalten. Dass diesmal mit der Begründung der Pandemie den Mitarbeitern eine Erhöhung verweigert wurde, sei nicht glaubwürdig.
Auch dass der Ulmer auf das Instrument der Kurzarbeit in der Krise setzte, wurde vielfach kritisiert. Bei unserer Zeitung meldeten sich Müller-Mitarbeiter, die behaupteten, es habe der Kurzarbeit zum Trotz immer mehr als genug Arbeit für die Stammbelegschaft gegeben. Auch weil Aushilfen und befristete Beschäftigte gekündigt wurden.
Wie die berichtet, wuchs trotz des wachsenden Filialnetzes – 13 neue Filialen wurden eröffnet – die Zahl der Beschäftigten lediglich um 27 auf jetzt 35146. Was für Mitarbeiter unerfreulich ist, hat für Müller auch erfreuliche Auswirkungen auf die Umsatzrendite: Die stieg laut dem Bericht um 0,2 Prozentpunkte auf 1,7 Prozent.
Schulden hat der Konzern um den 88-jährigen Drogeriekönig und seinen Co-Geschäftsführer Günther Helm dennoch: und zwar laut
620 Millionen Euro. Dem gegenüber stehe allerdings ein beträchtliches Immobilienvermögen von satten 1,08 Milliarden Euro.