Neu-Ulmer Zeitung

Aus dem Plattenbau in den Comedy-Olymp

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Porträt Felix Lobrecht ist einer der erfolgreic­hsten deutschen Comedians und Podcaster.

Er provoziert – mit seinem Auftreten genauso wie mit seinen Sprüchen

Der Comedian und Podcaster Felix Lobrecht zeigt gerne, dass er Geld hat. Am Handgelenk blitzt die Rolex, auf den Klamotten prangt der Gucci-Schriftzug, das Goldkettch­en hängt lässig um den Hals. Der aufgepumpt­e Körper und die Berliner Schnauze komplettie­ren das Bild. Sein Humor ist oft hart an oder über der Grenze. Anfang des Jahres etwa sorgte er für Empörung, als er Witze über die im Krefelder Zoo verbrannte­n Affen machte. Aufgewachs­en ist der heute 31-Jährige im Hartz-IV-Milieu bei seinem alleinerzi­ehenden Vater in Berlin-Neukölln. Jetzt hat er Erfolg und lebt dementspre­chend in Berlin-Kreuzberg.

Haben Sie nun ein Bild vor Augen, um was für einen Typen es sich handelt? Dann einmal anders herum: Der Comedian und Podcaster Felix Lobrecht hat eine enorme

Reichweite in sozialen Medien, die er gezielt für sinnvolle Dinge einsetzt. Regelmäßig informiert er seine mehr als 825000 Instagram-Follower über Themen wie Organspend­e und Klimaschut­z, erklärt, welche Hilfen es für Stundenten aus armen Familien gibt oder beleuchtet die Arbeit der Organisati­on Exit, die Menschen beim Ausstieg aus der rechtsextr­emen Szene hilft. Zur Stand-upComedy kam er über Poetry Slam, mit dem er während seines Politikstu­diums begonnen hatte. Seine Kindheit hat Lobrecht im Roman „Sonne und Beton“verarbeite­t. Das Buch wurde zum

Bestseller und von Kritikern als kluge Milieustud­ie gefeiert.

Felix Lobrecht ist einer, der gerne einmal im gleichen Satz Kraftausdr­uck und Fremdwort verwendet.

Unbestritt­en ist: Viele Menschen finden ihn extrem lustig. Sein Podcast „Gemischtes Hack“, den er mit Comedy-Autor Tommi Schmitt aufnimmt, gilt mit mehreren hunderttau­send Hörern als erfolgreic­hster deutscher Podcast. Vor kurzem gewannen die beiden dafür den Comedy-Preis, Lobrecht wurde außerdem als bester Comedian ausgezeich­net. Seine Tour „Hype“war durchgehen­d ausverkauf­t und hätte ohne Pandemie noch tausende Zuschauer mehr erreicht.

Seine Dankesrede nutzte Lobrecht für einen Appell an junge Comedians: „Unterschre­ibt nicht gleich bei den großen Firmen. Wir haben auch alles independen­t gemacht.“Dem Veranstalt­er der Verleihung dürfte das nicht gefallen haben: Die Produktion­sfirma Brainpool arbeitet mit vielen erfolgreic­hen deutschen Comedians zusammen. Lobrecht war das egal. Er ist nicht auf andere angewiesen. Seine Fans erreicht er direkt, über den Podcast und Social Media. Im Fernsehen findet er kaum statt, nur selten ist er in Sendungen zu Gast. So kommt es, dass er für seine Fans ein Superstar ist, während ihn ein Großteil der Deutschen wohl nicht kennt. „Ich habe gerade ein angenehmes Maß an Prominenz“, stellte er im Interview mit unserer Redaktion vor einem Jahr fest. Noch ein paar Preise, dann könnte sich das ändern. Jakob Stadler

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