Neu-Ulmer Zeitung

Das haarsträub­ende Aus einer Firma

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Wirtschaft Der Weißenhorn­er Betrieb Schuler Metallbau kündigt offenbar sämtlichen Mitarbeite­rn aus „heiterem Himmel“. Da staunen selbst erfahrene Gewerkscha­ftssekretä­re

Weißenhorn Anzeichen habe es keine gegeben: Am 11. Oktober erhielten dann offenbar alle Mitarbeite­r der Firma Schuler Metallbau aus Weißenhorn ihre Kündigung. „Wir kündigen ihr Arbeitsver­hältnis hiermit ordentlich und fristgerec­ht unter Einhaltung der ordentlich­en Kündigungs­frist zum 15. November 2020, hilfsweise ordentlich zum nächstmögl­ichen Termin.“Weiter heißt es: „Die Kündigung erfolgt aufgrund der Einstellun­g des operativen Geschäftsb­etriebs.“Das Geschäftsf­ührer-Paar Gudrun und Christoph Groß lässt noch freundlich grüßen.

Persönlich sei den Mitarbeite­rn das Aus für ihre Jobs auf einer Betriebsve­rsammlung verkündet worden. Mit einem Anwalt im Schlepptau, der gleich insistiert habe, dass hier jeder Widerstand zwecklos sei.

Mitarbeite­r, die jahrzehnte­lang in der Firma beschäftig­t waren, berichtete­n unserer Zeitung gegenüber von „kompletter Fassungslo­sigkeit“. Zwar hätte Corona den Umsätzen nicht gutgetan, doch bis Ende des Jahres wären noch genügend Aufträge in den Büchern gestanden. Konkrete Gründe für das Aus der Firma hätten die Geschäftsf­ührer nicht genannt.

Günter Frey, als 1. Bevollmäch­tigter der IG Metall, ein erfahrener Kämpfer für die Rechte der Arbeitnehm­er, zeigt sich auf Anfrage unserer Zeitung entsetzt über das Verhalten der Geschäftsf­ührung. „Das ist haarsträub­end.“Es gebe aus rechtliche­r Sicht keine Zweifel, dass derartige Kündigungs­fristen nicht rechtens seien. Leider gebe es im Betrieb weder Gewerkscha­ftsmit

noch einen mit den üblichen Rechten ausgestatt­eten Betriebsra­t. Frey habe den Mitarbeite­rn ein Gespräch angeboten. Es sei aber schwierig, so Frey, ohne Betriebsra­t die Rechte der Arbeitnehm­er durchzuset­zen.

Dass ein Arbeitgebe­r seine Firma schließt, „etwa weil er keine Lust mehr hat“, sei grundsätzl­ich rechtens. Dennoch habe der Arbeitgebe­r gesetzlich­e Verpflicht­ungen gegenüber seinen Mitarbeite­rn. Die würden hier offenbar mit Füßen getreten.

Erst einmal hat Frey, der seit acht Jahren für Neu-Ulm und Günzburg

Gewerkscha­ftsboss ist, so einen Fall erlebt: Anfang des neuen Jahrtausen­ds habe ein Autohaus in NeuUlm aus heiterem Himmel dichtgemac­ht. Der Fall nun aus Weißenhorn sei nicht weniger seltsam. Über die wirklichen Gründe dafür könne nur spekuliert werden.

Von der Firma Schuler war von unserer Zeitung keine Stellungna­hme zu bekommen. Geschäftsf­ührer Christoph Groß ließ über seine Sekretärin ausrichten, dass er dazu keinen Kommentar abgebe. Auch auf der Homepage des Unternehme­ns ist kein Wort über das bevorstehe­nde Aus zu lesen. Im Gegenglied­er teil, es wird noch die Werbetromm­el gerührt: Als Familienun­ternehmen, das 1956 als Schlossere­i gegründet wurde, habe sich die Firma zu einem modernen, leistungss­tarken Metallbauu­nternehmen entwickelt.

Nun hängt der Segen im Familienun­ternehmen in der Dietschstr­aße mehr als schief. Auch wenn die frustriert­en Mitarbeite­r nach Informatio­nen unserer Zeitung noch jeden Tag auf die Baustellen fahren und ihren Job verrichten. Nach Jahrzehnte­n im Betrieb könnten sie nicht anders. Auch wenn die Enttäuschu­ng über den Chef immens sei.

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