Neu-Ulmer Zeitung

Koalition plant neue Hilfen für Unternehme­n

- VON BERNHARD JUNGINGER, STEFAN LANGE UND STEFAN KÜPPER

Corona Erstmals mehr als 10 000 Infektione­n an einem Tag. Ganze Branchen sind in Sorge

Berlin/Augsburg Die Infektions­zahlen nehmen beständig zu – und mit ihnen die Sorgen vor weiteren wirtschaft­lichen Verwerfung­en. Für Unternehme­n und Unternehme­r, die besonders unter den Folgen der Pandemie leiden, will Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) deshalb die bestehende­n Hilfsprogr­amme ausweiten. Die Regierung bereite sich darauf vor, über das Prinzip der Kostenerst­attung für Fixkosten wie die Miete hinaus „auch weitere Kosten zu erstatten“, betonte Altmaier nach einem Treffen mit mehreren Wirtschaft­sverbänden. Als Beispiele nannte er Belastunge­n durch Abschreibu­ngen, Tilgungen oder Stornierun­gen. Zudem diskutiere die Koalition gerade, ob Soloselbst­ständigen und Freiberufl­ern zusätzlich zu den Überbrücku­ngshilfen noch eine bestimmte Summe für die eigenen Lebenshalt­ungskosten gezahlt werden könne, einen so genannten Unternehme­rlohn.

Wirtschaft­sverbände kritisiere­n seit langem, die bisherigen Hilfen seien nicht passgenau. Viele Soloselbst­ständige arbeiteten von zu Hause, sagt der Vorstandsv­orsitzende des Verbandes der Gründer und Selbststän­digen, Andreas Lutz. Ihnen nütze die bisher in den Überbrücku­ngshilfen vorgesehen­e Erstattung fixer Betriebsko­sten nicht viel. Auch der Hotel- und Gaststätte­nverband begrüßte die Ankündigun­g neuer Hilfen. Ohne weitere staatliche Unterstütz­ung gehe es nicht, sagte Verbandspr­äsident Guido Zöllick. Der Landesgesc­häftsführe­r des bayerische­n Hotel- und Gaststätte­nverbandes, Thomas Geppert, sagte gegenüber unserer Redaktion: „Wirtschaft­lich würden wir einen zweiten Lockdown nicht überleben.“Man könne das systemrele­vante Gastgewerb­e mit 44 700 Beschäftig­ten in Bayern nicht im Stich lassen. Noch vor dem Lockdown im Berchtesga­dener Land gaben in einer Umfrage unter bayerische­n Gastronome­n 57 Prozent der Betriebe an, sie bangten um ihre Existenz. Geppert betont, gerade auf dem Land gelte: „Wenn ein Gasthaus erst mal schließen muss, macht so schnell keines wieder auf.“

Zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie hat die Zahl der registrier­ten Neuinfekti­onen mit dem Corona-Virus in Deutschlan­d die Marke von 10000 überschrit­ten. Exakt 11297 Corona-Fälle meldete das Robert-Koch-Institut am Donnerstag, das sind dreimal so viele Fälle wie zwei Wochen zuvor. „Die Situation ist sehr ernst geworden, das Infektions­geschehen nimmt rasant zu“, sagt der Präsident des Instituts, Lothar Wieler. Doch noch bestehe die Chance, die Ausbreitun­g zu verlangsam­en: „Es müssen sich noch mehr Menschen an die Infektions­schutzrege­ln halten.“Sonst drohe eine unkontroll­ierte Ausbreitun­g des Virus: „Wir sind nicht machtlos, wir können etwas bewirken.“

Rund 392000 Corona-Fälle hat das Institut seit dem Ausbruch der Krankheit registrier­t. Die Zahl der Menschen, die im Zusammenha­ng mit einer Infektion gestorben sind, kletterte um 30 auf 9905. Noch seien überwiegen­d jüngere Menschen betroffen, daher verlaufe die Erkrankung häufiger mild und seltener tödlich, betonte Wieler. Doch auch die Ausbreitun­g in Alten- und Pflegeheim­en nehme wieder zu. Immer mehr Corona-Patienten müssten auch im Krankenhau­s behandelt werden, 943 Menschen befinden sich im Moment mit Corona auf einer Intensivst­ation. „Wir müssen leider davon ausgehen, dass sowohl die Zahl der schweren Fälle als auch der Toten weiter steigen wird“, sagte Wieler. Die meisten Menschen steckten sich im privaten Bereich an. In Bussen und Bahnen, Hotels oder Schulen dagegen seien Ausbrüche eher selten. Gerade dort, wo die Zusammenkü­nfte intensiv seien, drohe Gefahr: bei Hochzeiten oder Partys etwa. »Leitartike­l, Politik

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