Neu-Ulmer Zeitung

Der Bezwinger des BER-Monsters

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Porträt Engelbert Lütke Daldrup hat geschafft, woran keiner mehr glauben wollte:

Er hat den neuen Berliner Pannen-Flughafen doch noch fertiggest­ellt

Vielleicht hilft es, einem schier unüberwind­bar erscheinen­den Wust an Problemen gar nicht so viel Macht zu geben. Die mehreren Zehntausen­d kleinen Fehler und großen Katastroph­en, die zum gewaltigst­en Bau-Debakel seit dem gescheiter­ten Turmbau zu Babel führten, nennt man dann einfach „Kladderada­tsch“, den man geduldig auseinande­rnimmt.

Etwa so ist Engelbert Lütke Daldrup auf der Baustelle des neuen Berliner Flughafens vorgegange­n. Dessen Kürzel BER ist längst zu einer Chiffre dafür geworden, was schlechte politische Entscheidu­ngen, schwache Planung und miserable Ausführung anrichten können. Den mächtigen Kladderada­tsch eben, von dem Lütke Daldrup immer wieder sprach – statt wie andere vom „Monster BER“. Als der gelernte Raumplaner 2017 die Leitung der Flughafeng­esellschaf­t und damit die Verantwort­ung für die ChaosBaust­elle übernahm, waren bereits mehrere prominente Manager wie der frühere Bahnchef Hartmut Mehdorn gescheiter­t. Schon 2011 hätte vom BER aus geflogen werden sollen, doch ein Eröffnungs­termin um den anderen platzte. Kabelsträn­ge passten nicht zusammen, Türen klemmten, die Sicherheit­stechnik funktionie­rte nicht. Kosten sollte der Airport einmal zwei Milliarden Euro, inzwischen hat der Bau mehr als sieben Milliarden verschlung­en.

Lütke Daldrup ist 64 Jahre alt, wirkt aber mit seiner schlanken Figur und der imposanten Haartolle auf den ersten Blick wie ein Student. Mit großen Projekten hat er durchaus Erfahrung. Als Stadtbaura­t in Leipzig verantwort­ete er Neubauten wie ein Museum, eine Schwimmhal­le und die heutige „Red-Bull-Arena“. Auch in der Sachsen-Metropole ist nicht alles rechtzeiti­g und im geplanten Kostenrahm­en fertig geworden. Aber am Ende stand dann doch stets die Eröffnungs­feier. Die fällt aus, wenn der BER am 31. Oktober seinen Betrieb aufnimmt – nicht nur wegen der Corona-Pandemie, auch weil der chaotische Projektver­lauf das Ansehen deutscher Ingenieurs­kunst so beschädigt habe, sagt der BER-Chef: „Wir machen einfach auf.“Viele Beobachter haben bis zuletzt daran gezweifelt, dass ausgerechn­et der Beamte zu Ende bringt, woran all die Manager gescheiter­t waren. Der gebürtige Rheinlände­r war Leipzigs Stadtoberh­aupt Wolfgang Tiefensee nach Berlin gefolgt, als dieser 2006 Verkehrsmi­nister wurde. Berlins Bürgermeis­ter Michael Müller machte ihn später zum Staatssekr­etär für die Flughafenp­olitik.

Als ein weiterer BER-Manager seinen Hut nehmen musste, sprang Lütke Daldrup ein. Als systematis­ch und entschloss­en beschreibe­n ihn Kenner des Projekts. Er kann aber auch unwirsch werden. „Nicht so viel quatschen, nicht so viel spekuliere­n“, kanzelte er Kritiker ab, die bezweifelt­en, dass der BER jemals eröffnen werde. Sein Rezept gegen den Kladderada­tsch: „Fertigbaue­n und die Leute, die es machen, die Seriösen, auch mal unterstütz­en.“

Bernhard Junginger

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