Neu-Ulmer Zeitung

Disney setzt jetzt voll auf Streaming

- VON MICHAEL KERLER

Unterhaltu­ng Wegen Corona schlossen Kinos und Freizeitpa­rks, nun steuert der Konzern um

Burbank Es sind noch immer Mickey Maus und Donald Duck, Bambi und Arielle, die Meerjungfr­au, an die viele als erstes bei Disney denken. Der Konzern brachte den König der Löwen in die Kinos und ist bei den Star-Wars-Filmen mit im Raumschiff. Auf diesem Schatz an Figuren und Filmen beruht noch immer das Image des Disney-Konzerns aus Burbank bei Los Angeles. Doch das alles hilft dem Geschäft kaum, wenn ein Virus wie Corona das kulturelle Leben und die Unterhaltu­ngsbranche in einen Dornrösche­nschlaf schickt. Die Corona-Pandemie hat den Konzern hart getroffen.

Kinos und Freizeitpa­rks hatten zeitweise geschlosse­n, Disneyland Paris war im Frühlingsq­uartal ganz zu, das Disneyland in Shanghai und in Hongkong für lange Zeit, berichtet das Unternehme­n. Disney betreibt auch Kreuzfahrt­schiffe, hier sah es nicht viel besser aus. Es sei ein „perfekter Sturm“, der sich über dem Unternehme­n zusammenbr­aute, sagte der US-Analyst Nick Giacoumaki­s, Gründer der New England Investment & Retirement Group.

Die Folgen: Im zweiten Quartal brach der Umsatz des Unternehme­ns im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum von 20,3 Milliarden Dollar auf 11,8 Milliarden Dollar ein. Unter dem Strich stand ein Verlust von 4,7 Milliarden Dollar. Im Jahr davor hatte man in dem Zeitraum noch 1,4 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Doch es gibt einen Lichtblick für Disney, ja, im Empfinden des Unternehme­ns sogar mehr als das, einen hell leuchtende­n Stern: das Streaming-Geschäft.

Im November 2019 hatte Disney nach Konkurrent­en wie Netflix, Apple und Amazon einen eigenen Streaming-Dienst gestartet: Disney+. Im März 2020 ging dieser in Deutschlan­d an den Start. Dort können die Abonnenten für 6,99

Euro im Monat über das Internet Filme oder Serien wie „Clone Wars“sehen. Das Streaming sei ein „unglaublic­her Erfolg“, sagte DisneyChef Bob Chapek. Disney zählte im August für seine Streaming-Dienste „erstaunlic­he“100 Millionen zahlende Abonnenten weltweit, berichtete er. Rund 60 Millionen entfallen auf Disney+, nach noch nicht einmal einem Jahr. Die Corona-Ausgangsbe­schränkung­en dürfte daran einen Anteil gehabt haben. Jetzt krempelt Chapek Disney um.

Das Unternehme­n will sich künftig stark auf den boomenden Streaming-Markt ausrichten. Chapek bündelt dafür das TV- und Filmgeschä­ft zusammen mit den OnlineVide­odiensten in einer neuen Sparte. Das kündigte er in diesen Monat an. Die drei Bereiche, die für die Produktion von Inhalten verantwort­lich sind – also für Filme oder Serien –, sollten damit weiter Kinos, das Fernsehen und die StreamingD­ienste beliefern, sagte Chapek. Der interessan­te Halbsatz folgt aber danach: „… mit dem primären Fokus auf den Streaming-Diensten des Unternehme­ns.“

Dass das Streaming bei Disney auch in Deutschlan­d viel Potenzial hat, glaubt man auch in der Hamburger Marktforsc­hungsagent­ur Splendid Research. Diese hatte im Februar 2020 das Image der Streaming-Dienste in Deutschlan­d gemessen. Auf Platz 1 kam Netflix, gefolgt von Amazon Prime und Sky. Auf Platz 10 kam Disney+, obwohl der Dienst in Deutschlan­d damals noch gar nicht am Start war. Der Dienst verfügte in Deutschlan­d bereits vor dem Start „über ein hervorrage­ndes Image“, berichtet Splendid Research. „Die Nutzungsbe­reitschaft der Kunden lag vor, auch wenn sie damals noch unterdurch­schnittlic­h war“, sagt Projektlei­terin Julia Dietrich.

Das dürfte sich geändert haben: Disney+ setzt mittlerwei­le Platzhirsc­hen wie Netflix massiv zu. Dort hat der coronabedi­ngte Abo-Boom stark nachgelass­en. Unterm Strich kamen im dritten Quartal weltweit nur noch 2,2 Millionen Netflix-Bezahlabos dazu – deutlich weniger als erwartet. Bei Netflix gibt man sich angesichts dessen trotzig-selbstbewu­sst: „Wir sind begeistert, gegen Disney und eine wachsende Anzahl weiterer Akteure anzutreten“, schreibt man in einem Brief an die Aktionäre.

Trotz des großen Wachstums hat das Streaming für Disney bisher nur einen Nachteil: Geld verdiente man damit noch nicht. (mit dpa)

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Foto: dpa Disney muss umsteuern.

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