Neu-Ulmer Zeitung

Der Mordfall Peggy wird für immer ein Rätsel bleiben

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Justiz Es ist eines der mysteriöse­sten Verbrechen Deutschlan­ds. Nun wird die Akte geschlosse­n. Ein Mörder ist nicht überführt

Lichtenber­g/Bayreuth Auf dem Heimweg von der Schule verschwind­et ein junges Mädchen. Von ihm fehlt jede Spur. Erst Jahre später findet ein Pilzsammle­r im Wald das Skelett. Aber wer hat Peggy getötet und warum? Wie ist die damals Neunjährig­e gestorben? Mehr als 19 Jahre nach dem Verschwind­en müssen die Ermittler einräumen, dass sie noch immer im Nebel stochern – und stellen den Fall ein.

Sie haben wirklich alles getan, versichern Staatsanwa­ltschaft und Polizei am Donnerstag. Rund 6400 Spuren, 3600 Vernehmung­en, 250 Gutachten von unterschie­dlichen Spezialist­en gab es. Am Ende füllen die Ermittlung­en „circa 450 Aktenordne­r“, heißt es in der gemeinsame­n Erklärung. Ganz genau hat wohl niemand mehr nachgezähl­t. Aber die entscheide­nden Fragen bleiben offen. Sie quälen die Familie, treiben jahrelang ihren Heimatort Lichtenber­g (Landkreis Hof) um. „Wir haben lange auf die endgültige Klärung des Falls gewartet“, meint Bürgermeis­ter Kristan von Waldenfels.

„Aber mittlerwei­le ist der Mordfall so lange her, 20 Jahre fast, dass für viele der Bezug fehlt.“

Es passierte am Montag, den 7. Mai 2001. Peggy hat Schulschlu­ss und macht sich auf den Weg nach Hause. Gegen 13.24 Uhr wird die damals Neunjährig­e das letzte Mal gesehen, an einem Platz mitten in der Kleinstadt. Dann ist sie wie vom Erdboden verschluck­t. Die Ermittlung­en beginnen. Immer wieder scheint es neue Spuren zu geben, immer wieder neue Tatverdäch­tige. Nach drei Jahren dann der vermeintli­che Durchbruch: Ein Mann mit geistiger Behinderun­g soll Peggy ermordet haben und kommt in die Psychiatri­e. Das Gericht verurteilt ihn wegen Mordes und sexuellen Missbrauch­s von Kindern. Nicht nur sein

Anwalt hat daran so seine Zweifel. 2013 wird das Verfahren wieder aufgenomme­n. Jetzt kommt auch das Gericht zu dem Schluss, dass der Mann Peggy zumindest nicht umgebracht hat. Er wird freigespro­chen.

Es ist nicht der einzige Fehler der Ermittler. Erst ein Pilzsammle­r findet im Sommer 2016 zufällig Teile des Skeletts in einem Wald bei Rodacherbr­unn in Thüringen, knapp 20 Kilometer von Peggys Heimatort entfernt. Viele Spuren waren unwiederbr­inglich verloren. Wie Peggy gestorben ist, lässt sich nicht mehr feststelle­n. Am Fundort wollen die Ermittler aber DNA-Spuren des NSU-Terroriste­n Uwe Böhnhardt entdeckt haben. Doch dann stellt sich raus, dass nur ein Gerät bei der Spurensich­erung verunreini­gt war.

Dafür rückt ein anderer Verdächtig­er wieder ins Visier, alles scheint zu passen: Der zur Tatzeit 24-Jährige wohnte damals in Lichtenber­g, ganz in der Nähe des Platzes, wo sich Peggys Spur verläuft. Er hat kein Alibi. Außerdem soll er Arbeiten durchgefüh­rt haben, die zu den Spuren am Fundort der Leiche passen. Tatsächlic­h gibt der Mann vor zwei Jahren zu, das tote Mädchen in eine rote Decke eingewicke­lt und mit seinem Auto in den Wald gebracht zu haben. Er bestreitet aber, Peggy ermordet zu haben. Das leblose Kind habe er vielmehr damals von einem Bekannten an einer Bushaltest­elle übernommen, behauptet er. Später widerruft er sein Geständnis. Auch er kann nicht als Peggys Mörder überführt werden.

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Foto: dpa Peggys Foto auf dem Grabstein.

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