Neu-Ulmer Zeitung

Weil er ein reines Gewissen hat

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Fußball Strafverfa­hren, fragwürdig­e TV-Verträge, seltsame Treffen?

Fifa-Präsident Gianni Infantino sieht sich ausschließ­lich als Opfer

Berlin Gianni Infantino wirkt entspannt ohne Krawatte und im dunklen Sakko. Mit einer bemerkensw­erten Medienoffe­nsive hat der FifaPräsid­ent erneut die schwerwieg­enden Vorwürfe der Schweizer Behörden zurückgewi­esen. In zwei großen Interviews, den Bildern zufolge geführt in lockerer Atmosphäre im Fifa-Hauptsitz in Zürich, räumt der 50-Jährige zudem etliche Themen des Weltfußbal­ls ab – viel Selbstkrit­ik ist nicht dabei. „Zehnmal am Tag“bereue er zwar die Wahl an die Spitze des Fußball-Weltverban­des vor bald vier Jahren. „Aber hundertmal sage ich mir, wie toll dieser Job ist.“

Das Strafverfa­hren gegen Infantino und den früheren Bundesanwa­lt Michael Lauber ist in der Schweiz längst zur Justizaffä­re angewachse­n, das öffentlich­e Interesse groß. Im Kern geht es um drei geheime Treffen der beiden, bei zweien war zudem ein Walliser Staatsanwa­lt, ein Freund Infantinos, dabei. Der Vorwurf gegen den Fifa-Präsidente­n lautet unter anderem Anstiftung zum Amtsmissbr­auch. Lauber, der die Vorwürfe ebenfalls bestreitet, hat die Ermittlung den Job gekostet. „Wir wehren uns gegen rufschädig­ende Spekulatio­nen auf der Basis eines Vorwurfs, den niemand kennt“, sagte Infantino im Interview von CH Media. Der Boulevardz­eitung Blick sagte er: „Man warf mich der Weltöffent­lichkeit zum Fraß vor, ohne zu sagen, was ich falsch gemacht haben soll.“Mit den Treffen habe er lediglich seine

Pflicht wahrgenomm­en. „Ich kam zu einer Zeit zur Fifa, als sie ein Scherbenha­ufen war“, sagte Infantino. Entspreche­nd habe er seine Kooperatio­nsbereitsc­haft darlegen wollen.

Zum Zeitpunkt der Treffen beschäftig­ten die Schweizer Justiz allerdings auch Vorwürfe gegen Infantino aus seiner Zeit als Uefa-Generalsek­retär, dabei ging es um fragwürdig­e TV-Verträge. „Das ist fertiger Blödsinn!“, sagte Infantino. „Ich weiß nicht, wer mich mit dieser

Unterstell­ung anschwärze­n wollte, aber daran stimmt hinten und vorne nichts. Dieser Uefa-Vertrag (...) wurde von der Bundesanwa­ltschaft gründlich untersucht und für mich als absolut problemlos erachtet.“Dass die Treffen mit Lauber seltsamerw­eise nicht protokolli­ert wurden, sei für ihn kein Problem gewesen: „Mir ging es ja nicht um Formalien.“So bekräftigt der Fifa-Präsident sein reines Gewissen. Von der Arbeit des Weltverban­des hat Infantino auch fast nur Positives zu berichten. „Wir sind trotz Corona voll im Budget und schreiben schwarze Zahlen“, sagte Infantino.

Die Pandemie bedroht den Fußball weltweit

Weltweit sei die Pandemie jedoch weiterhin existenzbe­drohend für den Fußball. „Insbesonde­re für jene Länder, die auf Zuschauere­innahmen angewiesen sind, ist die Situation sehr schwierig“, sagte Infantino und bekräftigt­e: „Klar, es geht primär um die Gesundheit der gesamten Bevölkerun­g.“Um drohende Geisterspi­ele bei der WM 2022 (21. November bis 18. Dezember 2022) in Katar macht sich der Schweizer derzeit keine Gedanken. „Die WM wird mit Zuschauern gespielt. Falls dieses Vorhaben wider Erwarten nicht realisierb­ar sein sollte, wird die Frage, ob man trotzdem eine WM spielen soll, wohl überflüssi­g sein“, sagte er. In dem Fall „hätten wir alle größere Probleme“.

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Foto: dpa Ich doch nicht – Gianni Infantino ist sich keiner Schuld bewusst.

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