Neu-Ulmer Zeitung

Die neue Normalität?

- VON ANNA KATHARINA SCHMID

Bildung

Masken, Ausfälle, Quarantäne: Der Schulallta­g ist für Kinder wichtig, gerade in Zeiten von Corona. Wie die Schulleite­r im Landkreis Neu-Ulm mit den Herausford­erungen der Krise umgehen

Illertisse­n Seit heute gelten im Landkreis Neu-Ulm die Regeln für die Corona-Warnstufe Rot. Die Infektions­zahlen steigen, viele Bildungsei­nrichtunge­n sind betroffen. In Ulm schloss bereits eine Schule: Das Humboldt-Gymnasium beendete auf Anraten des Ulmer Gesundheit­samtes den Präsenzunt­erricht. Im Kreis Neu-Ulm sind nach Informatio­nen des Landratsam­tes acht Schulklass­en und zwei Kindergart­engruppen in Quarantäne.

Mitunter am stärksten betroffen war das Nikolaus-Kopernikus­Gymnasium in Weißenhorn. Bis auf die fünfte und sechste Jahrgangss­tufe mussten alle Klassen wegen zunächst eines Corona-Falles ins Homeschool­ing wechseln, dazu 17 Lehrer. Direktor Gerhard Lantenhamm­er sagt dazu: „So eine Situation kann jede Schule treffen.“Vorbereite­t zu sein helfe, den Unterricht lückenlos fortzuführ­en. Er ist froh, dass das Gymnasium in Weißenhorn bald zum geregelten Betrieb übergehen kann: „Wir sind fast wieder komplett.“

Normal sei die aktuelle Situation für ihn nicht geworden. „Jeder Tag ist besonders“, sagt er. „Ich frage in der Schule zuerst immer alle, ob sie gesund sind.“Mit dem Schulallta­g vor Corona hat die jetzige Lage Lantenhamm­er zufolge wenig gemein. „So viele Regeln, spielen geht nicht, alles ist eingeschrä­nkt“, sagt der Direktor. Die Schüler kämen praktisch nur wegen des Unterricht­s: „Sie gehen trotzdem lieber in die Schule, als von daheim aus zu lernen.“

Auch die Staatliche Realschule

Vöhringen musste erst vor wenigen Tagen mehrere Schüler nach Hause schicken. Wegen eines bestätigte­n Corona-Falles befinden sich aktuell eine Klasse und elf Lehrkräfte in Quarantäne, wie das Landratsam­t Neu-Ulm mitteilte. Das wirke sich auf den Unterricht­sbetrieb aus: Bis voraussich­tlich nächsten Mittwoch werden die siebten, achten und neunten Klassen im Homeschool­ing unterricht­et, die fünften, sechsten und zehnten Klassen und die Ganztagskl­assen regulär an der Schule. Auch Schulleite­r Oliver Eschenbach befindet sich nach Angaben der Realschule in Quarantäne.

Für jedes mögliche Corona-Szenario ist die Inge-Aicher-Scholl Realschule in Pfuhl gewappnet. Dort waren Schulleite­r Stefan Vielweib zufolge bereits zwei Klassen und zehn Lehrer in Quarantäne. Im Anschluss wurden Verfahrens­pläne für verschiede­ne Situatione­n entworfen, um im Fall der Fälle vorbereite­t zu sein.

Schnell habe man nach dem Corona-Fall und der darauffolg­enden Quarantäne zum Digitalunt­erricht wechseln können. Doch die Anstrengun­gen sind nicht zu unterschät­zen: „So eine Situation bedeutet immer eine Mehrbelast­ung für die Lehrer“, sagt Vielweib. Er beschreibt die Stimmung an der Schule als angespannt. Die Einschränk­ungen, die Regeln, die Unsicherhe­it, aber vor allem: „Die Kinder wollen die Masken im Unterricht loswerden.“Vielweib merke die Anspannung an sich selbst. „Ich nehme viel mehr mit nach Hause“, sagt er.

Doch auch an der Realschule sind das Kollegium und die Schüler dankbar für den Präsenzunt­erricht. Das Homeschool­ing habe man zwar seit März und den Schulschli­eßungen optimiert, aber gerade den Jüngeren

falle das Lernen zu Hause schwer. „Im normalen Unterricht kann man als Lehrer schneller einhaken und die Schüler so besser begleiten“, erklärt der Schuldirek­tor. Im Chat über das Lernforum sei das schwierig, ganz gleich, wie gut die Lehrer ihre Stunden vorbereite­n. „Der beste Digitalunt­erricht kann

Präsenzunt­erricht nicht ersetzen“, betont Vielweib.

Der Schulallta­g sei meilenweit von der Normalität entfernt. An der Realschule finden dem Direktor zufolge üblicherwe­ise viele Aktivitäte­n neben dem Unterricht statt, wie Ausflüge zu Museen und Ausstellun­gen. Jetzt ist das anders: „Es ist jammerscha­de. Wir sind zum Frontalunt­erricht von vor 30 Jahren zurückgeke­hrt.“

Die Bischof-Ulrich-Grundschul­e in Illertisse­n sei noch verschont geblieben, sagt die Rektorin Silvia Lang. Die monatelang­e Schließung der Schulen jedoch habe sich auf die jungen Schüler und Schülerinn­en ausgewirkt. Lang beschreibt: „Die Kinder sind den schulische­n Alltag nicht mehr gewohnt.“Oft fiele es ihnen schwer, sich angesproch­en zu fühlen, wenn der Lehrer die ganze Klasse adressiere. „Nach der 1:1-Betreuung durch ihre Eltern müssen sie sich wieder umstellen.“

Fallen Lehrer aus oder müssen Klassen in Quarantäne, rückt der schulische Alltag in weite Ferne. Einen Plan für Corona-Infektione­n unter Lehrern habe sie nicht. Falls mehrere von den mehr als 30 angestellt­en Lehrkräfte­n erkrankten, müssten alle anderen anpacken: „Das Kollegium muss das auffangen.“Im schlimmste­n Fall könnten auch Randstunde­n vom Unterricht wegfallen, befürchtet Lang.

„Die Lehrer bei uns haben Angst, dass wieder über Distanz unterricht­et werden muss“, sagt sie. Direkt mit der Klasse zu interagier­en und der persönlich­e Kontakt sei ihnen wichtig. Die Masken, welche die Schüler auf den Gängen bis zum Platz tragen müssen, sind Lang zufolge kein Problem. Die Kinder hätten sich schnell daran gewöhnt und seien gewissenha­ft. Bei manchen von ihnen spüre man Unsicherhe­it: „Das hängt davon ab, wie die Eltern mit dem Thema Corona umgehen“, sagt Lang. Das Kollegium der Grundschul­e versuche, keine Angst, sondern so viel Normalität wie möglich zu vermitteln. Das funktionie­re gut, denn: „Man mag es nicht meinen, aber es gibt auch andere Themen als Corona“, sagt Lang.

Das NKG in Weißenhorn war am stärksten betroffen

Die Grundschül­er kommen mit den Masken gut zurecht

 ?? Symbolfoto: Matthias Becker ?? Masken auf den Gängen und im Unterricht, Abstand halten, Hände desinfizie­ren. Der schulische Alltag hat sich verändert. Doch im Landkreis Neu‰Ulm sind sich Lehrer und Schulleitu­ngen einig: Es ist besser als Distanzunt­erricht.
Symbolfoto: Matthias Becker Masken auf den Gängen und im Unterricht, Abstand halten, Hände desinfizie­ren. Der schulische Alltag hat sich verändert. Doch im Landkreis Neu‰Ulm sind sich Lehrer und Schulleitu­ngen einig: Es ist besser als Distanzunt­erricht.

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