Die neue Normalität?
Bildung
Masken, Ausfälle, Quarantäne: Der Schulalltag ist für Kinder wichtig, gerade in Zeiten von Corona. Wie die Schulleiter im Landkreis Neu-Ulm mit den Herausforderungen der Krise umgehen
Illertissen Seit heute gelten im Landkreis Neu-Ulm die Regeln für die Corona-Warnstufe Rot. Die Infektionszahlen steigen, viele Bildungseinrichtungen sind betroffen. In Ulm schloss bereits eine Schule: Das Humboldt-Gymnasium beendete auf Anraten des Ulmer Gesundheitsamtes den Präsenzunterricht. Im Kreis Neu-Ulm sind nach Informationen des Landratsamtes acht Schulklassen und zwei Kindergartengruppen in Quarantäne.
Mitunter am stärksten betroffen war das Nikolaus-KopernikusGymnasium in Weißenhorn. Bis auf die fünfte und sechste Jahrgangsstufe mussten alle Klassen wegen zunächst eines Corona-Falles ins Homeschooling wechseln, dazu 17 Lehrer. Direktor Gerhard Lantenhammer sagt dazu: „So eine Situation kann jede Schule treffen.“Vorbereitet zu sein helfe, den Unterricht lückenlos fortzuführen. Er ist froh, dass das Gymnasium in Weißenhorn bald zum geregelten Betrieb übergehen kann: „Wir sind fast wieder komplett.“
Normal sei die aktuelle Situation für ihn nicht geworden. „Jeder Tag ist besonders“, sagt er. „Ich frage in der Schule zuerst immer alle, ob sie gesund sind.“Mit dem Schulalltag vor Corona hat die jetzige Lage Lantenhammer zufolge wenig gemein. „So viele Regeln, spielen geht nicht, alles ist eingeschränkt“, sagt der Direktor. Die Schüler kämen praktisch nur wegen des Unterrichts: „Sie gehen trotzdem lieber in die Schule, als von daheim aus zu lernen.“
Auch die Staatliche Realschule
Vöhringen musste erst vor wenigen Tagen mehrere Schüler nach Hause schicken. Wegen eines bestätigten Corona-Falles befinden sich aktuell eine Klasse und elf Lehrkräfte in Quarantäne, wie das Landratsamt Neu-Ulm mitteilte. Das wirke sich auf den Unterrichtsbetrieb aus: Bis voraussichtlich nächsten Mittwoch werden die siebten, achten und neunten Klassen im Homeschooling unterrichtet, die fünften, sechsten und zehnten Klassen und die Ganztagsklassen regulär an der Schule. Auch Schulleiter Oliver Eschenbach befindet sich nach Angaben der Realschule in Quarantäne.
Für jedes mögliche Corona-Szenario ist die Inge-Aicher-Scholl Realschule in Pfuhl gewappnet. Dort waren Schulleiter Stefan Vielweib zufolge bereits zwei Klassen und zehn Lehrer in Quarantäne. Im Anschluss wurden Verfahrenspläne für verschiedene Situationen entworfen, um im Fall der Fälle vorbereitet zu sein.
Schnell habe man nach dem Corona-Fall und der darauffolgenden Quarantäne zum Digitalunterricht wechseln können. Doch die Anstrengungen sind nicht zu unterschätzen: „So eine Situation bedeutet immer eine Mehrbelastung für die Lehrer“, sagt Vielweib. Er beschreibt die Stimmung an der Schule als angespannt. Die Einschränkungen, die Regeln, die Unsicherheit, aber vor allem: „Die Kinder wollen die Masken im Unterricht loswerden.“Vielweib merke die Anspannung an sich selbst. „Ich nehme viel mehr mit nach Hause“, sagt er.
Doch auch an der Realschule sind das Kollegium und die Schüler dankbar für den Präsenzunterricht. Das Homeschooling habe man zwar seit März und den Schulschließungen optimiert, aber gerade den Jüngeren
falle das Lernen zu Hause schwer. „Im normalen Unterricht kann man als Lehrer schneller einhaken und die Schüler so besser begleiten“, erklärt der Schuldirektor. Im Chat über das Lernforum sei das schwierig, ganz gleich, wie gut die Lehrer ihre Stunden vorbereiten. „Der beste Digitalunterricht kann
Präsenzunterricht nicht ersetzen“, betont Vielweib.
Der Schulalltag sei meilenweit von der Normalität entfernt. An der Realschule finden dem Direktor zufolge üblicherweise viele Aktivitäten neben dem Unterricht statt, wie Ausflüge zu Museen und Ausstellungen. Jetzt ist das anders: „Es ist jammerschade. Wir sind zum Frontalunterricht von vor 30 Jahren zurückgekehrt.“
Die Bischof-Ulrich-Grundschule in Illertissen sei noch verschont geblieben, sagt die Rektorin Silvia Lang. Die monatelange Schließung der Schulen jedoch habe sich auf die jungen Schüler und Schülerinnen ausgewirkt. Lang beschreibt: „Die Kinder sind den schulischen Alltag nicht mehr gewohnt.“Oft fiele es ihnen schwer, sich angesprochen zu fühlen, wenn der Lehrer die ganze Klasse adressiere. „Nach der 1:1-Betreuung durch ihre Eltern müssen sie sich wieder umstellen.“
Fallen Lehrer aus oder müssen Klassen in Quarantäne, rückt der schulische Alltag in weite Ferne. Einen Plan für Corona-Infektionen unter Lehrern habe sie nicht. Falls mehrere von den mehr als 30 angestellten Lehrkräften erkrankten, müssten alle anderen anpacken: „Das Kollegium muss das auffangen.“Im schlimmsten Fall könnten auch Randstunden vom Unterricht wegfallen, befürchtet Lang.
„Die Lehrer bei uns haben Angst, dass wieder über Distanz unterrichtet werden muss“, sagt sie. Direkt mit der Klasse zu interagieren und der persönliche Kontakt sei ihnen wichtig. Die Masken, welche die Schüler auf den Gängen bis zum Platz tragen müssen, sind Lang zufolge kein Problem. Die Kinder hätten sich schnell daran gewöhnt und seien gewissenhaft. Bei manchen von ihnen spüre man Unsicherheit: „Das hängt davon ab, wie die Eltern mit dem Thema Corona umgehen“, sagt Lang. Das Kollegium der Grundschule versuche, keine Angst, sondern so viel Normalität wie möglich zu vermitteln. Das funktioniere gut, denn: „Man mag es nicht meinen, aber es gibt auch andere Themen als Corona“, sagt Lang.
Das NKG in Weißenhorn war am stärksten betroffen
Die Grundschüler kommen mit den Masken gut zurecht