Die CoronaAmpel springt auf Rot
Pandemie
Der Landkreis Neu-Ulm zählt jetzt zu den Risikogebieten. Bei den konkreten Zahlen herrscht Verwirrung
Landkreis Im Landkreis Neu-Ulm gilt ab Freitag die Warnstufe Rot der Corona-Ampel: Mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 53,7 hat der Landkreis Neu-Ulm heute den Schwellenwert von 50 Fällen pro 100000 Einwohnern überschritten. Zusätzlich zu den bisher schon geltenden Regeln der Warnstufe Gelb treten damit weitere Regelungen in Kraft. Eine Ausnahme gibt es allerdings für die Grundschulen.
Ab Freitag gilt im Landkreis Neu-Ulm: Es dürfen sich maximal fünf Personen oder Mitglieder aus zwei Haushalten privat und im öffentlichen Raum treffen. Private Feiern sind mit maximal fünf Personen oder Mitgliedern aus zwei Haushalten erlaubt. Ab 22 Uhr gilt Sperrstunde, Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen sowie ein Alkoholverkaufsverbot an Tankstellen.
Eine Maskenpflicht für Grundschulen am Platz während des Unterrichts will der Kreis Neu-Ulm zum aktuellen Zeitpunkt nicht einführen. Voraussetzung ist, dass die Schülerinnen und Schüler in einer festen Klasse unterrichtet werden.
Dasselbe gilt für feste Gruppen, die schulische Ganztagesangebote oder eine Mittagsbetreuung besuchen. Aus Sicht des Landratsamtes sei das Infektionsgeschehen bis jetzt auf keinen größeren Ausbruch zurückzuführen, der in Zusammenhang mit einer Grundschule steht. „Eine intensive Abwägung hat ergeben, dass wir bei insgesamt 316 Klassen und 6502 Grundschülerinnen und -schülern daher eine Maskenpflicht derzeit nicht für angemessen halten“, so Landrat Thorsten Freudenberger. Das aktuelle Infektionsgeschehen werde mit Blick auf diese Regelung täglich sorgfältig beobachtet. „Im Bedarfsfall werden wir umgehend reagieren und lokal oder landkreisweit Maßnahmen treffen“, kündigte Freudenberger an.
Abgesehen von diesen Änderungen bleiben die bestehenden Regelungen der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung wie die Maskenpflicht in Schulen, am Arbeitsplatz und in öffentlichen Gebäuden sowie für die Zuschauer bei sportlichen Veranstaltungen. Die Warnstufe Rot ist so lange gültig, bis der Landkreis das letzte Mal mit einer Sieben-Tage-Inzidenz über 50 auf der Seite des Bayerischen Gesundheitsministeriums
genannt wird. Dafür muss der Inzidenzwert laut den Zahlen des Robert KochInstituts (RKI) als auch des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) mindestens sechs Tage unter dem Wert von 50 geblieben sein. Ab dem Folgetag der letzten Nennung gelten dann wieder die Regelungen der Stufe Gelb.
Die Frage, welche Corona-Zahlen tatsächlich gelten, war in den vergangenen Tagen nicht leicht zu beantworten. Das Landratsamt hatte, wie berichtet, seine tägliche Meldung der aktuellen Zahlen eingestellt, nachdem sich immer wieder Unterschiede zwischen den Werten aus dem Landkreis, den Angaben des LGL und denen des RKI ergeben hatten. Lediglich die Information, wie viele corona-positive Menschen aktuell im Kreis Neu-Ulm in den Krankenhäusern betreut werden (derzeit drei) und wie viele davon sich auf Intensivstationen befinden (keiner) meldet das Landratsamt weiterhin immer mittwochs. Die Zahlen des LGL, auf die das Landratsamt stattdessen verweist, waren in den vergangenen Tagen jedoch auch nicht aussagekräftig. Auf der Webseite der Behörde wurden die Daten aus dem Kreis Neu-Ulm sowie aus den Nachbarlandkreisen Unterallgäu und Günzburg zwischen Dienstagnachmittag und Donnerstagmittag nicht aktualisiert. „Wir sind da auch ziemlich ratlos“, räumte Kerstin Weidner, Sprecherin des Landratsamts Neu-Ulm, ein. Erst am Donnerstagnachmittag tauchten die neuen Werte auf.
In der Stadt Ulm liegt die SiebenTage-Inzidenz bei 83,3, im Alb-Donau-Kreis sogar bei 118,7. Seit Mittwoch ist in den Gebieten, für die das Gesundheitsamt des AlbDonau-Kreises zuständig ist, ein weiterer an Covid-19 erkrankter Mensch gestorben. Die Zahl der Todesfälle liegt dort damit bei 38. Im Kreis Neu-Ulm sind 26 CoronaPatienten verstorben. Auf die gestiegenen Fallzahlen reagieren die Verantwortlichen mit einer Allgemeinverfügung und neuen Beschränkungen für Ulm und den Alb-Donau-Kreis: Für Gastronomiebetriebe gilt ab Freitag, 0 Uhr, eine Sperrstunde von 23 Uhr bis 6 Uhr morgens einschließlich eines generellen und durchgehenden Verkaufsverbots von Alkohol. Das Verbot betrifft auch Kioske und Tankstellen.
Angesichts der nun verhängten Einschränkungen des öffentlichen Lebens sagte der Neu-Ulmer Landrat Thorsten Freudenberger (CSU), ihm sei klar, was der Bevölkerung abverlangt werde: „Aber ich kann nur um Verständnis bitten.“Derzeit gebe es einige, die „laut“seien, weil sie mit den Maßnahmen nicht einverstanden seien, „aber viele, die vernünftig und leise sind“. Trotz gewisser „Erregungsspitzen“müsse natürlich auch offen diskutiert werden, sagte Freudenberger, aber: „Wir müssen mit kühlem Kopf durch die Krise kommen.“
Nach Ansicht des Landrats ist der medizinische Sektor aus dem Fokus der Öffentlichkeit geraten. Das Personal in den Gesundheitsämtern arbeite an seinen Grenzen und komme gerade noch so durch. Es gelinge weiterhin, Infektionsketten nachzuvollziehen und die Menschen in Quarantäne zu stecken, aber es bestehe die Gefahr, dass das in absehbarer Zeit nicht mehr möglich sei, warnte Freudenberger.