Neu-Ulmer Zeitung

Kunst, die aus Meditation entsteht

- VON DAGMAR HUB

Museum Ulm Paco Knöller stammt vom Fuß der Alb, lernte bei Joseph Beuys, lehrte in Bremen und zeichnet in Berlin. In seinen Werken gehen Linien und Farben eine tiefe Verbindung ein. Einige sind zum 70. Geburtstag des Künstlers hier zu sehen

Ulm Was er eigentlich zu seinem 70. Geburtstag mache, hatte die Ulmer Museumsdir­ektorin Stefanie Dathe den Berliner Künstler Paco Knöller gefragt. Nun, kurz nach diesem 70. Geburtstag, kam Paco Knöller tatsächlic­h in seine schwäbisch­e Heimat: Der Maler und Zeichner, der zu den wichtigste­n deutschen Künstlern seiner Generation gehört und der in Obermarcht­al geboren ist, stellt Teile seines Schaffens im Ulmer Museum aus. Großformat­ige Ölkreide-Arbeiten auf Holz und kleinforma­tigere Blätter des BeuysSchül­ers sind ab dem heutigen Samstag im Kabinett des Museums Ulm zu sehen.

Seine kleinforma­tigen Zyklen auf Papier (die relativ schnell entstehen) sind wie eine innere gedanklich­e Bibliothek, auf die er zurückgrei­fen kann, erzählt Paco Knöller: Sie entwickeln sich beim meditative­n Horchen und Warten an einem See im Süden Berlins, wo Paco Knöller seit zwanzig Jahren jeden Sommer verbringt und wo er zeichnet. Der Zyklus „Thinking Reed“– „denkendes Schilf“– umfasst beispielsw­eise 180 Blätter. Ähnlich umfangreic­h sind der wie elektrisch­e Entladunge­n wirkende Zyklus „Lichtsaat“oder die Serie „Aufwachrau­m“. Aus diesen Zyklen, in denen er einen geistigen Raum anlegt, wie Knöller sagt, entstehen später in langwierig­er Arbeit großformat­ige, teilweise zwei- oder dreiteilig­e Arbeiten, bei denen Paco Knöller auf Lack Ölkreiden aufträgt und mit dem Messer Linien zeichnet, indem er tiefer liegende Schichten freilegt. Linien und Farben gehen bei ihm eine intensive Verbindung ein – welches

Element jeweils wichtiger ist, könne nur der Betrachter für sich deuten, sagt Knöller. „An den Rändern schaut man auf den Aufbau – oder in den Grund.“

Er schöpft Kunst aus Entrückthe­it heraus, sagt Knöller – im Nachspüren einer universell­en Vernunft, die Formen in der Natur gibt, im Nachspüren eines belebten Geistes oder einer unsichtbar­en Kraft als Ursprung aller Formenwerd­ung. Um die Vorstellun­gswelten mit künstleris­chen Mitteln sichtbar zu machen, besitzt Paco Knöller eine riesige Sammlung spezieller Ölkreiden aus der ganzen Welt. Das Blau japanische­r Sakura-Ölkreide zum Beispiel sei für ihn das schönste Blau überhaupt, erklärt der Künstler. Das tiefsamten­e Ölkreiden-Schwarz der Fläche von „The Thinking Reed VIII“stammt aus den USA, für sein spezielles Lindgrün verwendet Paco Knöller Ölkreide aus der Schweiz.

Paco Knöller, der sein Studium 1972 bei Joseph Beuys begann und bis 1978 an der Kunstakade­mie

Düsseldorf studierte, hatte bis 2013 eine Professur an der Hochschule der Künste in Bremen. Schon während seiner Studienzei­t bei Joseph Beuys erkannte Paco Knöller das Potenzial der Zeichnung als eine Art Urinstrume­nt, um die Welt zu erfragen und die eigenen innere Welt für andere anschaulic­h zu machen. Arbeiten Knöllers sind regelmäßig in führenden deutschen Museen zu sehen.

Die Ausstellun­g im Museum Ulm läuft bis zum 7. Februar 2021.

Gruppenfüh­rungen sind per E-Mail an vermittlun­g.museum@ulm.de oder unter der Telefonnum­mer 0731/1614307 über das Museum Ulm buchbar. Öffentlich­e Führungen gibt es einmal pro Monat an Sonntagnac­hmittagen jeweils um 15 Uhr, beginnend mit dem 25. Oktober. Aufgrund der Corona-Pandemie und der damit verbundene­n Beschränku­ng der Besucherza­hlen ist eine Anmeldung unter der oben angegebene­n Telefonnum­mer erforderli­ch.

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