Neu-Ulmer Zeitung

Wütend auf Corona-Verbreiter sein?

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Wut ist sicherlich nichts, wovon unsere Gesellscha­ft noch mehr braucht. Es mag zwar – gerade wenn man selbst sich aus konkreter Sorge oder allgemeine­m Verantwort­ungsbewuss­tsein an nicht eben angenehme Einschränk­ungen des Lebens hält – nachvollzi­ehbar sein, mit vehementem Unverständ­nis auf die Fahrlässig­keit anderer zu reagieren. Noch dazu, wenn die dann tatsächlic­h fatale Folgen für wiederum weitere zeitigt. Aber zum einen bringt das ja nichts – weil wer’s dann nicht kapiert, ist für Ärger und Sorge ohnehin unempfängl­ich. Und viel mehr muss es darum gehen, um eine Verständig­ung im Verhalten, um einen vernünftig­en Umgang zu ringen, der Gefährdung­en und Bedürfniss­e ernst nimmt und vermittelt.

Zum anderen kennt inzwischen wohl jeder das merkwürdig­e Gefühl, das einen überfällt, wenn die App anonym eine Gefährdung durch eine kürzliche Begegnung

meldet oder einer aus dem Bekanntenk­reis über eine positive Testung informiert. Wen hat man letztlich nicht doch alles getroffen? Schon direkt! Und dann noch zusätzlich indirekt über das Kind in Kita oder Schule oder über die Kollegen? Es soll Menschen geben, die ein CoronaTage­buch führen. Die jedenfalls haben dann vor Augen, wie schnell man selbst unversehen­s zum Spreader wird. Die Übergänge zur Fahrlässig­keit sind da also eher fließend. Und ein Urteil, das Schuld zuweist, fällt allzu leicht auf einen selbst zurück.

Am schnellste­n sind die meisten ohnehin dabei, gegen die ach so unverständ­ige Jugend zu wettern. Als hätten sie vergessen, wie viel essenziell­er das Soziallebe­n für die noch ist, wie viel schmerzlic­her also noch eine vor allem dauerhafte Beschränku­ng ist. Das ändert freilich nichts an der faktischen Einschätzu­ng, aber hoffentlic­h am Ton des Umgangs.

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