Nach einer Flasche Wodka will 40Jähriger Haus anzünden
Justiz
Ein Mann muss sich wegen versuchter schwerer Brandstiftung vor dem Amtsgericht Neu-Ulm verantworten
NeuUlm Welche Strafe ist für einen Brandstifter, der zum Zeitpunkt der Tat fast drei Promille hatte, angemessen? Mit dieser Frage musste sich das Neu-Ulmer Schöffengericht kürzlich beschäftigen.
Die Sachlage war eindeutig, da der Angeklagte aus Neu-Ulm über seinen Verteidiger ein Geständnis ablegte. Schon mehrere Jahre soll es Ehestreitigkeiten zwischen dem 40-jährigen Angeklagten und seiner Ehefrau gegeben haben. Unter anderem, weil der Mann und Vater eines zwölfjährigen Sohnes regelmäßig viel Alkohol trank. Als die Ehefrau und der Sohn im Februar dieses Jahres eine Nacht beim Bruder der
Frau in Stuttgart verbringen wollten, tickte der Mann aus. Wie aus WhatsApp-Chatverläufen hervorging, schrieb er, die beiden hätten eine halbe Stunde Zeit, um nach Hause zu kommen – ansonsten zünde er die Wohnung an. Daraufhin antwortete die Frau: „Dann wirst du mich und dein Kind nicht mehr sehen.“
Laut seinem Geständnis trank der Angeklagte am Tag der Tat eine Flasche Wodka. Schließlich zündete der 40-Jährige einen Müllsack hinter der Wohnungstür an, legte sich auf das Sofa und wartete ab. Solange, bis die Polizei eintraf, die durch einen Anruf der Ehefrau alarmiert worden war. Der Vorsitzende Richter Alexander Kessler sagte zum
Angeklagten: „Sie hatten Glück, dass nichts Schlimmeres passiert ist.“Denn keiner im Gebäude, unter anderem fünf Kinder waren im Haus, wurde verletzt. Der Großteil bekam sogar nichts vom Brand mit, wie eine Polizeibeamtin berichtete.
Bei der Untersuchung des Brandstifters
unmittelbar nach der Tat gab es die Überraschung: Der Mann, der laut Gutachter weder Ausfallerscheinungen zeigte, alle Wahrnehmungstests meisterte und höchstens als leicht angetrunken wirkte, hatte zum Zeitpunkt des
Tests in dieser Nacht 2,81 Promille. „Sie sind ein Voll-Alkoholiker“, sagte Richter Kessler. Dem 40-Jährigen sei das nach dieser Tat erst richtig bewusst geworden, berichtete dessen Bewährungshelfer vor Gericht.
Der Alkoholabhängige wies sich nach der Tat selbst für zwei Monate zur Entgiftung ins Bezirkskrankenhaus nach Günzburg ein, danach kümmerte er sich trotz aller CoronaWidrigkeiten um einen Therapieplatz. „Ich muss mein Leben ändern“, gab der 40-Jährige vor Gericht zu. Vor allem seinem Sohn zuliebe: „Ich merke jetzt schon, wie anders das Leben ist, wenn wir gemeinsam Fußball spielen oder spazieren gehen“, sagte er weiter und lächelte – das einzige Mal während der Verhandlung.
Obwohl der Mann wegen Trunkenheit im Verkehr eine offene Bewährungsstrafe hat, einigten sich das Schöffengericht, die Staatsanwaltschaft und Verteidiger in einem Vorgespräch, dass der Mann nicht mehr als zwei Jahre auf Bewährung bekommen soll.
Letztendlich wurde er zu einem Jahr und neun Monaten wegen Nötigung und versuchter schwerer Brandstiftung verurteilt. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre, der Mann bekommt weiterhin einen Bewährungshelfer und muss regelmäßig zur ambulanten Nachsorge. „Ihr Weg ist hier nicht vorbei“, sagte Richter Kessler zum Angeklagten.
Der Mann wirkte trotz 2,8 Promille nicht betrunken